Von Arbeitgebern finanzierte Kinderbetreuungszulage: eine inakzeptable Entscheidung
Eine völlig falsche Prioritätensetzung
SWISSCOM – Der halbstaatliche Konzern stürzt sich in ein nächstes, heikles Auslandabenteuer. Er will für acht Milliarden Euro Vodafone Italia kaufen. Besonders komisch mutet dabei an, dass er gleichzeitig im Inland Lehrstellen abbaut.
Eigentlich ist es ganz einfach: Ein staatlicher Eingriff ist nur dann zu legitimieren, wenn ein Marktversagen herrscht. So viel zur ordnungspolitischen Theorie. In der Realität haben wir uns schon lange an viel mehr Staatseingriffe gewöhnt. Besonders stossend sind dabei staatliche oder halbstaatliche Unternehmen, die sich in Märkten bewegen, die mindestens ebenso gut von privaten Akteuren versorgt werden könnten.
Ein Beispiel ist der Telecom-Markt: Der Bund hält 51 Prozent am ehemaligen Monopolisten Swisscom. Längst bietet der halbstaatliche Konzern nicht nur Telekommunikationsdienste an, sondern bezeichnet sich selbst als das führende ICT-Unternehmen der Schweiz. Immerhin hat der Bund nun endlich – vor wenigen Tagen – seine Corporate-Governance-Leitsätze ergänzt. Damit will er Wettbewerbsverzerrungen zwischen staatlichen und privaten Unternehmen vermeiden.
Mit Fastweb anfangs hohe Verluste eingefahren
Heikel ist der neueste Vorstoss der Swisscom: Für acht Milliarden Euro sollen 100 Prozent der Vodafone Italia gekauft und anschliessend mit Fastweb, der Tochtergesellschaft von Swisscom in Italien, fusioniert werden. Dabei hat Swisscom gerade mit Fastweb anfangs hohe Verluste eingefahren. Auch ein Engagement in Deutschland, von 1999 bis 2004 bei Debitel, der drittgrössten Mobilfunkanbieterin Deutschlands, war wenig glücklich. Gemäss Zeitungsberichten aus dieser Zeit verlor Swisscom 3,3 Milliarden Franken.
«2005 verbot der Bundesrat der Swisscom die Übernahme der Eircom.»
Erfolglos blieben die Übernahmeversuche Anfang der 2000er-Jahre von Cesky Telecom (ein Mitbieter machte das Rennen) und Telekom Austria (Widerstand der österreichischen Politik und Gewerkschaften). 2005 verbot der Bundesrat der Swisscom die Übernahme der Eircom.
Nun also nach Fastweb die zweite Grossinvestition in Italien. Aufgrund des 51-Prozent-Anteils – das als Volksvermögen zu betrachten ist – muss die Frage gestellt werden, inwiefern das Auslandsengagement den Schweizerinnen und Schweizern nützt.
Eine verpasste Chance
Vor diesem Hintergrund mutet es komisch an, dass beinahe zeitgleich zum beabsichtigten Deal in Italien bekannt wurde, dass die Swisscom Lehrstellen abbaut. Und das nicht zum ersten Mal: Bereits in den vergangenen Jahren hat die Swisscom die Zahl der Ausbildungsplätze reduziert. Ist im Geschäftsbericht 2019 noch von rund 900 Lernenden über alle Ausbildungsjahre die Rede – 2019 haben 241 Lernende bei Swisscom und 11 bei cablex ihre Berufsbildung abgeschlossen – haben diesen August noch rund 230 Jugendliche ihre Lehrzeit begonnen.
Im Zeichen des nach wie vor grossen und tendenziell wachsenden Fachkräftemangels ist dies eine verpasste Chance. Swisscom, aber auch andere Grossunternehmen mit Bundesbeteiligung wie zum Beispiel die Post und die SBB, sind wichtige Anbieter von Lehrstellen. Der Schweizerische Gewerbeverband sgv lehnt aber Regulierungen bezüglich der Anzahl anzubietenden Lehrstellen ab.
dp/Kl
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