sgv begrüsst Stärkung der Höheren Berufsbildung
Mit Herz und Hand
SCHAUTÖPFEREI AEBI – In der Emmentaler Töpferei trifft Traditionshandwerk den Stand der Zeit. Mit über 100 Jahren Erfahrung in der Keramikherstellung und geduldiger Handarbeit entstehen Vasen, Tassen, Krüge, Teller und Dekorationsartikel. Besucher können zudem das Kunsthandwerk hautnah erleben. Das KMU ist seit diesem Sommer einer der wenigen Lehrbetriebe für eine Lernende.
Heute gibt es nur noch wenige Betriebe in der Schweiz, die vollumfänglich vom Töpfern leben können. Dazu gehört die Töpferei Aebi in Trubschachen im Emmental. Martina Zurbrügg führt die Schautöpferei seit zwölf Jahren. Hier trifft Tradition auf Innovation. «Wir sind bodenständig und unserer Tradition und unserem Stil immer treu geblieben. Trends setzen wir mit Farben und Formen», erklärt die gelernte Keramikmalerin. Die Faszination für Keramik wurde ihr in die Wiege gelegt. Ihre Grossmutter und ihre Mutter waren begeistert von diesem Handwerk und gingen deshalb oft an Keramikmärkte und -ausstellungen. Sie begleitete die beiden, so entstand die Begeisterung für die Keramikkunst und ihr Berufsziel stand fest. Sie absolvierte ihre Lehre bei der Töpferei Aebi und schloss sie als einzige Keramikmalerin ab. «Wir arbeiten hier mit Herz und Hand», so Martina Zurbrügg. Sie hat jahrelange Erfahrung und ein geschultes Auge. Exakte und präzise Arbeit sowie höchste Qualität haben oberste Priorität. Das A und O sei auch, auf die Bedürfnisse der Kunden einzugehen und das Gleichgewicht zwischen dem eigenen Stil und den Ansprüchen der Kunden zu genügen. «Wir legen Wert darauf, dass mehrere Tassen oder Krüge ohne Schablone gleich gross gedreht werden.»
Farbentwicklung dauert sechs Monate
Die Kunsthandwerkerin und ihr vierköpfiges Team, inklusive Lernende, verarbeiten jährlich vier bis fünf Tonnen Ton. Das Rohmaterial stammt zu 90 Prozent aus der Schweiz – ihre handgefertigten Keramikprodukte sind somit Swissness pur. Das Töpfern bis zum fertigen Keramikprodukt ist ein langer Prozess: Zuerst gilt es den Ton vorzubereiten respektive den Ton im Tonschneider zu kneten und zu einer Tonstange zu formen. Danach beginnt das eigentliche Töpfern auf der Tonscheibe. Man beginnt den Ton zu zentrieren, bis dieser von innen nach aussen dreht. Danach werden Boden und Seitenwand geformt. Nachdem der Ton in die gewünschte Form gebracht und an der Luft getrocknet wurde, folgt ein Farbbad. In der Töpferei Aebi geschieht dies in Schwarz, in der traditionellen Grundierungsfarbe der Berner Bauernkeramik. Martina Zurbrügg bemalt den Ton in lufttrockenem Zustand, dies könnte aber auch mit «lederhartem» oder gebranntem Ton gemacht werden.
«Die dunkle Grundfarbe und die vielen Punkte der typischen Berner Bauernkeramik sind charakteristisch für unsere Produkte.»
Die Farben werden in der Töpferei Aebi anhand einer eigenen Rezeptur hergestellt aus Farbpigmenten, Metalloxidverbindungen und einer Basis aus Tonpulver. «Die Entwicklung einer neuen Farbe dauert rund sechs Monate, da getestet werden muss, wie sich die Farbe durch den Brennprozess verändert. Auch muss beachtet werden, ob die Farbe hitzebeständig und waschmaschinentauglich ist», erklärt die Geschäftsführerin des traditionellen Unter-nehmens. Mit dem sogenannten Malhörnchen wird die Farbe dann aufgetragen. Martina Zurbrügg verwendet am liebsten ein Gummihörnchen. «Wichtig ist, dass die Farbe die entsprechende Konsistenz zum Auftragen hat, sodass man damit geschmeidig malen kann», so die kreative Handwerkerin. Wie die Stücke konkret bemalt werden, welche Technik eingesetzt wird und welche Sujets zum Zug kommen, bestimmt jede Töpferei selbst. Da die Töpferei Aebi Berner Bauernkeramik herstellt, sind ihre Sujets traditionell mit Scherenschnitten oder Ornamenten. «Die dunkle Grundfarbe und die vielen Punkte der typischen Berner Bauernkeramik sind charakteristisch für unsere Produkte.» Bei der Fertigung wird nicht nur gemalt, sondern auch geritzt. Dies geschieht ebenfalls von Hand.
Nachdem die Keramik bemalt, verziert und ein erstes Mal gebrannt worden ist, erfolgt ein Glasurbad. «Dies dient als Klebemittel und besteht aus Kaolin, Quarz und Feldspat», erklärt Zurbrügg. Danach erfolgt der zweite Brennprozess bei rund 1000 Grad. Er dauert ebenso 24 Stunden. «Es ist wichtig, dass die Ware richtig eingeräumt wird, damit alle so gebrannt wird, wie es sein muss», betont die Kunstwerkerin. Ausserdem ist entscheidend, dass die Keramik hohl und richtig getrocknet ist, bevor sie in den Ofen kommt, sonst zerspringt sie.» Vom nassen bis zum gebrannten Zustand schrumpft der Ton um etwa acht Prozent.
Kunsthandwerk hautnah erleben
Die Töpferei Aebi ist bekannt als Schautöpferei und bietet das Erlebnis, das alte Kunsthandwerk hautnah zu erleben. Entsprechend sind Laden und Werkstatt konzipiert. «Man kann vom Verkaufsraum aus in unser Atelier schauen», so Martina Zurbrügg. «Unsere Kunden können uns direkt über die Schultern gucken und sehen, wie wir ihr Geschirr machen. Sie dürfen auch Fragen stellen.» Zu ihren Kunden zählt die Töpferin Privatkunden, die sich gerne einen schönen grossen Krug leisten oder Geschenke für Taufe, Geburtstag oder Hochzeit suchen. Aber auch Touristen aus aller Welt sind an den handgefertigten Keramikprodukten interessiert.
Martina Zurbrügg ist an Messen und Märkten unterwegs, wo sie sich jeweils neue Ideen und eine Portion Inspiration holt. Als grösste Herausforderung erachtet die innovative Unternehmerin die Balance zwischen Kunst und Handwerk. «Viele Leute realisieren nicht, dass wir mit unseren Keramiken unseren Lebensunterhalt verdienen.» Ebenso ist es schwierig, sich von industriellen Mitbewerbern abzuheben, die billige Handarbeit verkaufen: «Die Leute dafür zu sensibilisieren, dass praktisch jedes Stück ein handgefertigtes Unikat ist und demzufolge seinen Wert hat, ist sehr schwierig.» Momentan sind allerdings handgemachte Keramiken im Trend und die Menschen setzen vermehrt auf Tradition und heimische Qualität.
Corinne Remund
www.aebi-keramik,ch
LEHRBETRIEB
Das Handwerk im Zentrum
Es ist schwierig, Nachwuchs für das Kunsthandwerk des Töpferns und Keramikbemalens zu finden. Es gibt nur noch sechs Ausbildungsbetriebe – einer davon ist die Schautöpferei Aebi. Ab diesem Sommer wird ein Lehrling in die Kunst des Töpferns eingeführt und kann in der Töpferei die Keramiklehre absolvieren. Sie dauert vier Jahre. «Heute sind das Töpfern und das Bemalen in einer Ausbildung untergebracht, früher waren es zwei eigene Lehrgänge», so Martina Zurbrügg. Zudem hat jeder Betrieb seine Eigenart. «Bei uns steht das Handwerk im Zentrum, sprich 60 Tassen genau gleich zu drehen», sagt die Fachfrau und Ausbilderin. Deshalb will sie einer Lernenden nach ihrer Methode das Handwerk von der Pike auf beibringen. CR
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