Publiziert am: 20.09.2024

Verschlimmbesserung korrigiert

BAUMÄNGEL – Die Rechte der privaten Haus- und Stockwerkeigentümer, aber auch der professionellen Bauherren sollen massvoll und ohne spürbare Nachteile für Bauunternehmer und Bauhandwerker gestärkt werden. Davon werden viele Gewerbetreibende profitieren. Eine ursprünglich vom Nationalrat geforderte Verlängerung der Verjährungsfrist auf zehn Jahre lehnt der sgv ab.

Im Herbst 2022 hat der Bundesrat eine Vorlage verabschiedet, welche die Situation der Bauherrschaft und damit insbesondere der Haus- und Stockwerkeigentümer verbessern soll. Diese ging auf mehrere Vorstösse aus dem Parlament zurück. Die Vorlage des Bundesrats fokussiert auf die Neuregelung der Mängelrüge und der Wegbedingung des Nachbesserungsrechts sowie der Voraussetzungen der Ersatzsicherheit beim Bauhandwerkerpfandrecht.

Sowohl bei offenen als auch bei versteckten Mängeln soll die Frist zur Rüge von Mängeln einer Baute (eines unbeweglichen Werkes) neu 60 Tage betragen. Bislang war die Rügefrist aufgrund eines Bundesgerichtsurteils auf wenige Tage beziehungsweise «sofort» begrenzt, was in der Praxis weder praktikabel noch sachlich gerechtfertigt ist. Diese neue Rügefrist gilt für Werkverträge und für Grundstückkaufverträge. Vertragsparteien sollen davon abweichen können, wenn sie das vereinbaren möchten.

Keine Verjährungsfrist von zehn Jahren

In der Frühjahrssession 2024 verdoppelte der Nationalrat die Verjährungsfrist von fünf auf zehn Jahre und verzichtete auf die Rügefristen. Der Schweizerische Gewerbeverband sgv und seine Mitglieder kritisierten diesen Entscheid und wiesen mit Nachdruck darauf hin, dass statt einer 10-jährigen Verjährungsfrist eine Verlängerung der Rügefrist auf 60 Tage viel ausgewogener ist und die Position der Bauherrschaft im Vergleich zur aktuellen Regelung im Obligationenrecht in erheblichem Masse verbessert wird.

Eine Erweiterung der Verjährungsfristen von fünf auf zehn Jahre würde den finanziellen Druck bei den KMU aus dem Bauhaupt- und Ausbaugewerbe unverhältnismässig erhöhen und wäre in der Praxis gar nicht umsetzbar. Die Bauunternehmen müssten pro Auftrag Rückstellungen über die Laufzeit der Frist bilden, Solidarbürgschaften vereinbaren oder den Betrag auf ein Sperrkonto überweisen.

«Nur schon die technische Haltbarkeit für diverse Bauprodukte ist gar nicht auf zehn Jahre ausgelegt.»

Der vertraglich geforderte Haftungsbetrag wird heute von Bauherren auf bis zu 15 Prozent der Vergütungssumme angesetzt – es sind Beispiele bekannt von bis zu 30 Prozent des Gesamtvolumens. Auch für stabil aufgestellte Unternehmen – sowohl KMU als auch Grossunternehmen – könnte dies bei mehreren Aufträgen ein enormer finanzieller Druck bedeuten und sie müssten in der Konsequenz Aufträge ablehnen.

Zudem würden sich praktische Umsetzungsfragen stellen. Nur schon die technische Haltbarkeit für diverse Werke und Bauprodukte wie Türen, Fenster, Fensterläden, die im Alltag stark genutzt werden, oder Beschichtungen im Aussenbereich, wie zum Beispiel auf Holz, Imprägnierungen an Fassaden oder Schalungen, sind gar nicht auf zehn Jahre ausgelegt. Auch im Tiefbau ist beispielsweise bei einer Strassensanierung mit Bitumen und den starken Temperaturunterschieden eine Verlängerung nicht praxistauglich.

Nationalrat lenkt ein

Nach einem entsprechenden Korrekturbeschluss des Ständerats in der Sommersession hat jetzt der Nationalrat in der Herbstsession eingelenkt. Die Frist zur Meldung von Baumängeln wird auf 60 Tage verlängert. Wer ein Haus kauft oder neu baut, soll künftig mehr Zeit haben, Baumängel zu melden.

Im Einklang mit dem Ständerat entschied der Nationalrat, die Verjährungsfrist bei den heute geltenden fünf Jahren zu belassen und auf die ursprünglich beabsichtigte Verdoppelung auf zehn Jahre zu verzichten, was der Schweizerische Gewerbeverband sgv begrüsst. Diverse Differenzen bleiben bestehen, weshalb die Vorlage zur Bereinigung an den Ständerat zurückgeht.

Dieter Kläy, Ressortleiter sgv

Meist Gelesen