Publiziert am: 18.10.2024

Rote Karte für rote Initiative

ERBSCHAFTSSTEUER-INITIATIVE – Die «Initiative für eine Zukunft» der Juso Schweiz will «die Reichsten» zur Kasse bitten, um das Klima zu retten. Indem es verschiedene Elemente in die gleiche Initiative packt, verstösst das linke Anliegen gegen die Einheit der Materie – und ist damit verfassungswidrig. Das Parlament sollte die Initiative ganz oder teilweise für ungültig erklären.

Die Jungsozialisten (JUSO) haben eine Initiative auf den Tisch gelegt, die vorgibt, zwei der drängendsten Herausforderungen unserer Zeit miteinander zu verbinden: den Kampf gegen den Klimawandel – als ob das Klima ein statisches Element unseres Ökosystems wäre ... – und die soziale Gerechtigkeit mit all ihrem tatsächlichen oder eingebildeten Elend. Dabei wissen wir alle sehr wohl, dass es Probleme mit der Umweltverschmutzung gibt, und dass wir alle in irgendeiner Weise daran beteiligt sind. Und soziale Ungerechtigkeiten sind leider ein historisches Merkmal der Menschheit, gegen das wir alle, je an unserem Ort, unseren Teil der Verantwortung erfüllen sollten. Das ist hier leichter geschrieben als in die Tat umgesetzt – und bestimmt nichts Neues unter der Sonne.

Entsprechend berührt die Initiative zwei empfindliche Saiten unserer Zeit. Doch, und darauf haben mehrere Experten hingewiesen, ist die Art und Weise, wie diese Anliegen mit einer Forderung nach einer neuen Steuer auf Erbschaften und Schenkungen vermengt werden, eine Forderung, welche die Grenzen des Vernünftigen überschreitet. Tatsächlich verstösst diese Initiative gegen die Grundprinzipien des Initiativrechts in der Schweiz.

Die Einheit der Materie: Ein Grundprinzip unserer Demokratie

Die Volksinitiative ist ein Grundpfeiler der Schweizer Demokratie und ermöglicht es den Bürgern, direkt Einfluss auf die Verfassung zu nehmen. Die Verfassung legt jedoch auch fest, dass Volksinitiativen bestimmte Grundsätze erfüllen müssen, wie zum Beispiel den Grundsatz der Einheit der Materie. Ist dies nicht der Fall, «erklärt die Bundesversammlung die Initiative ganz oder teilweise für ungültig» (Art. 139 Abs. 3 der Verfassung).

Die Einheit der Materie ist ein grundlegendes Rechtsprinzip für Volksinitiativen in der Schweiz. Es verlangt, dass eine Initiative nur ein einziges Thema oder eine einzige Frage behandelt, um die Wähler nicht zu verwirren und eine klare Abstimmung zu gewährleisten.Die Idee hinter diesem Grundsatz: Bürgerinnen und Bürger sollen die Möglichkeit haben, klar und deutlich über ein bestimmtes Thema abzustimmen. Würde eine Initiative mehrere Themen umfassen, die nicht miteinander in Verbindung stehen, wäre es für die Wähler schwierig zu erkennen, ob sie alle Teile der Initiative oder nur einige davon unterstützen. Dies könnte auch dazu führen, dass Stimmbürger Massnahmen zustimmen, denen sie sonst nicht zugestimmt hätten, nur weil sie mit einem anderen Teil der Initiative, den sie unterstützen, in Verbindung stehen.

Eine Vorgeschichte der Nichtübereinstimmung

Die jüngste Geschichte der Schweizer Initiativen zeigt, dass die Bundesversammlung manchmal zugunsten der Einhaltung dieses Grundsatzes entscheiden musste. Fälle wie die Chevallier-Initiative aus dem Jahr 1954 entsprachen nicht dem Grundsatz der Einheit der Materie, da sie zwei verschiedene Themen miteinander verband: die Kürzung des Militärhaushalts und die Verwendung der Einsparungen für Wiederaufbaumassnahmen und Kinderhilfswerke. Diese beiden Ziele waren zwar – je nach Standpunkt – lobenswert, aber nicht ausreichend miteinander verknüpft, um ein einziges Thema zu bilden, über das die Bürger zusammenhängend hätten abstimmen können. Ein klarer Präzedenzfall: Soziale und wirtschaftliche Forderungen unter einem Hut zu vermischen, kann zu Verwirrung und Manipulation der Wähler führen.

Drei Elemente in einer Initiative

Die JUSO-Initiative folgt dersel-ben Logik – und geht mit drei verschiedenen Elementen sogar noch weiter: Einführung einer Steuer auf Erbschaften und Schenkungen von natürlichen Personen über 50 Millionen, Verwendung des Steueraufkommens zur Bekämpfung der Klimakrise, Umbau der gesamten Wirtschaft für das Klimaziel. Sie enthält sogar Übergangsbestimmungen, die darauf abzielen, sofort nach der Abstimmung vollzogen zu werden, um eine Steuervermeidung zu verhindern.

Diese Unschärfe lädt zu Vergleichen mit früheren Initiativen ein, die mit ähnlichen Begründungen versucht haben, Massnahmen zu rechtfertigen. Wieder einmal sehen wir uns mit einer Mischung aus Forderungen konfrontiert, die nicht miteinander vermischt werden sollten.Die JUSO-Initiative ist deshalb nicht nur absurd, sondern sie stellt auch eine Bedrohung für die wirtschaftliche Stabilität der Schweiz dar.

Der Schweizerische Gewerbeverband sgv fordert die Bundesversammlung auf, einen sehr kritischen Blick auf diese Initiative zu werfen, die den verfassungsmässigen Grundsatz der Einheit der Materie in keiner Weise respektiert. Sie sollte ganz oder zumindest teilweise für ungültig erklärt werden.

Mikael Huber, Ressortleiter sgv

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