Der Bundesrat will die Wettbewerbsbehörden reformieren. Er hat das Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung (WBF) beauftragt, ihm bis Mitte 2025 eine Vernehmlassungsvorlage für eine Reform vor-zubereiten. Erstinstanzliche verwaltungsrechtliche Entscheide bei Verstössen gegen das Kartellgesetz fällt die Wettbewerbskommission WEKO. Untersucht werden die Fälle jedoch durch ihr Sekretariat. Diese Trennung zwischen Untersuchung und Entscheid möchte der Bundesrat nun «wirksamer ausgestalten».
Neu soll das Sekretariat die Untersuchung konsequent ohne Einbezug der WEKO durchführen, um die Unabhängigkeit der WEKO beim Entscheid zu stärken. Weiter sollen die WEKO von heute elf bis fünfzehn auf fünf bis sieben Mitglieder verkleinert und die Pensen der Mitglieder aufgestockt werden. «Damit wird die WEKO professionalisiert und gegenüber ihrem Sekretariat gestärkt», erhofft sich der Bundesrat.
Perspektiven der KMU wichtig
Der Schweizerische Gewerbeverband sgv als Vertreter der Schweizer KMU nimmt heute eine Schlüsselposition innerhalb der WEKO ein, indem er die spezifischen Perspektiven und Herausforderungen der KMU in die Diskussionen einbringt. Die geplante institutionelle Reform gefährdet nach Ansicht des sgv nicht nur die Effizienz der WEKO, sondern auch die Vertretung der KMU-Interessen in dieser Kommission.
Die aktuelle Struktur: ein bewährtes und ausgewogenes Modell
Die derzeitige Struktur der WEKO hat sich bewährt. Sie beruht auf einer Trennung zwischen dem Sekretariat, das für die Untersuchungen zuständig ist, und der Kommission, die die Entscheidungen trifft. Diese Organisation ermöglicht es, die Interessen der verschiedenen Wirtschaftsakteure in den Entscheidungsprozess einzubeziehen, und gleichzeitig die Unabhängigkeit der Kommission zu wahren. So kann die WEKO nicht im Elfenbeinturm der Beamten arbeiten – denn sowohl Anwälte, Akademiker als auch Vertreter von Verbänden bringen ein breiteres Verständnis für die Probleme im Zusammenhang mit einem gut funktionierenden Wettbewerb mit.
Der sgv spielt dabei als Sprecher der KMU eine wichtige Rolle, indem er sicherstellt, dass Entscheidungen nicht zum Nachteil kleinerer Marktteilnehmer getroffen werden. Eine Reform dieser Struktur könnte die Vertretung der KMU insgesamt gefährden.
Kritik an der vorgeschlagenenneuen Organisation
Die Reform sieht eine stärkere Professionalisierung und eine mögliche Reduzierung der Anzahl der Kommissionsmitglieder vor, was auf den ersten Blick die Effizienz steigern könnte. Allerdings wirft dieser Ansatz die Frage auf, ob dann noch eine ausreichende Interessenvielfalt vertreten wäre. Wenn die Zusammensetzung der Kommission eingeschränkt wird und professionelle Experten gegenüber Wirtschaftsvertretern bevorzugt werden, besteht die Gefahr, dass das Milizsystem mit dem Einbezug von Gesellschaft und damit von KMU nicht mehr gehört wird. Die Expertenkommission weist auf die derzeitigen Schwächen der WEKO in Bezug auf Effizienz und Verfahrensdauer hin, doch diese Kritik beruht eher auf theoretischen Modellen als auf einer empirischen Bewertung der Bedürfnisse des Schweizer Marktes. Tatsächlich bräuchte es dafür vor allem mehr Ressourcen, obwohl die Entscheide oft auch beim Bundesverwaltungsgericht und beim Bundesgericht hängig sind. Eine andere kostengünstige Lösung wäre die Einsetzung eines Verfahrensbeauftragten, der direkt an die WEKO berichtet und die Einhaltung der Verfahren bei der Durchführung von Untersuchungen sicherstellt. Es ist jedoch zu betonen, dass in schwierigen Fällen oder bei Verfahrensfehlern der Untersuchungsrahmen deutlich ausgeweitet würde, was zu Lasten der Fristen ginge. Eine andere Möglichkeit, die Untersuchungen und Entscheidungen zu beschleunigen, besteht darin, mehr Mittel bereitzustellen.
Vielfalt der Wirtschaft einbeziehen
Die KMU sind auf eine unabhängige und faire Wettbewerbsaufsicht angewiesen, die ihren besonderen Anliegen Rechnung trägt. Die WEKO darf sich daher nicht darauf beschränken, eine Kontrollinstanz zu sein; sie muss auch in der Lage sein, die wirtschaftliche Realität des Landes abzubilden. Auch wenn die aktuelle Struktur der WEKO noch optimiert werden kann, gewährleistet sie heute, dass die Standpunkte der KMU und die wirtschaftliche Vielfalt in die Entscheidungsprozesse einbezogen werden. Eine Modernisierung ist denkbar, muss aber zwingend die Besonderheit unseres politischen Systems bewahren, das der Vertretung des Milizsystems – und damit unter anderem auch den Interessen der KMU – den gebührenden Platz einräumt.
Mikael Huber, Ressortleiter sgv