Publiziert am: 24.01.2025

Eine grundfalsche Idee

ELTERNZEIT – Eine Initiative fordert einen Elternurlaub von je 18 Wochen für Mütter und Väter. Für KMU mit kleinen Teams können die daraus resultierenden Fehlzeiten zu erheblichen organisatorischen Schwierigkeiten und sogar zum Verlust von Geschäftsmöglichkeiten führen.

Die Diskussion rund um das Thema Elternurlaub nimmt Fahrt auf. Im Januar prüft die Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Ständerats (SGK-S) mehrere Standesinitiativen dazu. Einige fordern einen nationalen Elternurlaub. Andere wollen den Kantonen die Freiheit überlassen, einen solchen einzuführen. In diesem Frühjahr ist zudem eine Volksinitiative für einen paritätischen Elternurlaub von je 18 Wochen für Mütter und Väter angekündigt.

«jede zusätzliche Abwesenheit eines Mitarbeiters verursacht hohe indirekte Kosten, insbesondere um abwesendes Personal zu ersetzen.»

Zwar erscheint die Erweiterung elterlicher Rechte auf den ersten Blick als attraktive Idee. Doch es ist entscheidend, sich mit den wirtschaftlichen und strukturellen Folgen solcher Massnahmen auseinanderzusetzen.

Erhebliche Schwierigkeiten

Die Befürworter der genannten Initiativen führen eine Reihe von Argumenten an – kaum eines davon ist neu: die Förderung der Gleichstellung der Geschlechter, die optimale Entwicklung der Kinder, die Verbesserung der Gesundheit der Familien oder eine Zunahme der Beschäftigten auf dem Arbeitsmarkt, was KMU stärken soll. Ein gemeinsamer – und weitaus wahrscheinlicherer – Effekt dieser vermeintlich guten, aber grundfalschen Idee ist, dass der Sozialstaat noch stärker ausgebaut wird. Mit entsprechendem zusätzlichem Finanzierungsbedarf. Dies notabene zu einer Zeit, in der mehrere Sozialversicherungen mit erheblichen Schwierigkeiten zu kämpfen haben.

Derzeit erhalten Frauen einen Mutterschaftsurlaub von 14 Wochen. Der Vater erhält 2 Wochen bezahlten Urlaub. Insgesamt also 16 Wochen. Finanziert wird das über die Erwerbsersatzordnung (EO). Eine Ausweitung dieses Urlaubs – zum Beispiel auf insgesamt 36 Wochen, wie es die erwähnte Volksinitiative fordert – hätte direkte Auswirkungen auf die Lohnbeiträge und damit auf die Arbeitskosten.

Zur Erinnerung: Nach dem Ja zur 13. AHV-Rente müssen neue Finanzierungsquellen für die Sanierung der AHV gesucht werden. Die finanzielle Lage der Invalidenversicherung verschlechtert sich ebenfalls. Diese ist immer noch mit 10,3 Milliarden Franken bei der AHV verschuldet. Im Raum steht ausserdem, dass die Subventionierung der familienergänzenden Kinderbetreuung durch die Arbeitgeber bezahlt werden soll – auch dies eine inakzeptable Forderung.

Verzögerungen in der Produktion ausgleichen

Die Frage nach der Finanzierung neuer Leistungen ist demnach zentral. Ebenso wichtig ist die Frage nach den indirekten Kosten, insbesondere für die KMU. Denn jede zusätzliche Abwesenheit eines Mitarbeiters verursacht hohe indirekte Kosten, insbesondere um abwesendes Personal zu ersetzen oder Verzögerungen in der Produktion auszugleichen.

Zudem deckt die EO nur 80 Prozent des Arbeitseinkommens – bis zu einem Maximum von 220 Franken pro Tag. Unternehmen, die sich für die volle Lohnfortzahlung entscheiden, müssen daher die Differenz auffangen, was eine nicht zu unterschätzende finanzielle Belastung darstellt.

Für kleine Unternehmen mit kleinen Teams können diese Fehlzeiten zu erheblichen organisatorischen Schwierigkeiten und sogar zum Verlust von Geschäftsmöglichkeiten führen. Die daraus resultierenden Opportunitätskosten gehen oft weit über die reinen direkten Kosten hinaus und verschärfen die finanziellen Spannungen in einem ohnehin schon komplexen wirtschaftlichen Umfeld.

Konsolidieren, nicht erweitern

Die aktuelle Dringlichkeit besteht also nicht darin, den Sozialstaat auszuweiten, sondern vielmehr, die bestehenden Systeme zu konsolidieren. Bevor neue Leistungen eingeführt werden, müssen die strukturellen Probleme der Sozialversicherungen gelöst und ihre langfristige Tragfähigkeit sichergestellt werden. Vor allem aber dürfen den KMU, die das Herzstück unseres wirtschaftlichen Wohlstands bilden, nicht noch mehr Steine in den Weg gelegt werden.

Simon Schnyder, Ressortleiter sgv

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