Lohngleichheit: Keine systematische Lohndiskriminierung
Keine Schildbürger-Klimapolitik zementieren
Meine Kolumne widme ich für einmal einem Anliegen einer Industrie, deren Verband ich präsidiere. Ich erlaube mir das, weil ich weiss, dass das Anliegen dieser Branche nicht überall richtig dargestellt wird.
Die Herstellung von Zement ist sehr energieintensiv. Zusätzlich wird bei der Verarbeitung der Rohmaterialien (Kalkstein und Mergel) viel CO2 freigesetzt. Die Schweiz hat sich – wie die EU – verpflichtet, das klimapolitische Netto-Null-Ziel bis 2050 zu erreichen. Wie in der EU wurde auch in der Schweiz ein Emissionshandelssystem für CO2-Rechte eingeführt, mit welchem die CO2-Emissionen gesenkt werden sollen und an welchem die energieintensiven Unternehmen teilnehmen müssen. Diese Teilnehmer am Emissionshandel müssen den Behörden jedes Jahr für jede Tonne emittiertes CO2 ein Emissionsrecht abgeben. Derzeit kostet ein solches Emissionsrecht rund 85 Franken. Damit die EHS-Teilnehmer ihre Produktion nicht in Länder ohne solche strikten Klimaziele verlagern, erhalten die effizient produzierenden Unternehmen heute in der Schweiz und der EU eine gewisse Anzahl solcher CO2-Rechte kostenlos zugeteilt. Diese kostenlosen Zuteilungen werden ab 2026 jedoch stark reduziert und fallen bis im Jahr 2034 auf null. Aus heutiger Sicht führt dies zu Mehrkosten bei der Produktion für die Schweizer Zementunternehmen von rund 1,5 Milliarden Franken. Damit ist jedoch noch keine einzige zusätzliche CO2-Abscheideanlage installiert.
Um das Ziel der Herstellung von klimaneutralem Zement zu erreichen, müssen die Zementwerke sogenannte Carbon-Capture-Anlagen für CO2 installieren. Die Anschaffung und Installation einer solchen Anlage wird die Zementhersteller mehrere hundert Millionen von Franken pro Zementwerk kosten. Eine derartige Investition kann ein Unternehmen allerdings nur dann tätigen, wenn klar ist, dass es die Installation über eine gewisse Zeit auch amortisieren kann. Wird aber infolge der strengen Klimapolitik in der Schweiz der Zement einfach massiv günstiger aus Ländern wie beispielsweise der Türkei, Algerien oder anderen Nicht-EU-Ländern in die Schweiz importiert, rechnet sich eine solche Investition nie.
Die EU hat diese Gefahr erkannt und als Ausgleich zu den klimapolitischen Verschärfungen im europäischen Emissionshandelssystem einen sogenannten CBAM (Carbon Border Adjustment Mechanism) eingeführt. Die Schweiz übernimmt zwar die klimapolitischen Verschärfungen der EU im Schweizer EHS, zögert aber bisher bezüglich der Einführung eines Schweizer CBAM. Damit gefährdet sie direkt und akut den Zementindustriestandort Schweiz. Ohne CBAM wäre die schweizerische Zementindustrie bzw. die Klinkerproduktion in der Schweiz nicht mehr wettbewerbsfähig. In der Folge müsste die CO2-intensive Klinkerproduktion ins Ausland ausgelagert werden.
Die Folgen einer Auslagerung wären eindrücklich. Müssten zwei Drittel der schweizerischen Zement- oder Klinkerproduktion importiert werden, entstünden im Vergleich zu heute 26 Prozent mehr Treibhausgasemissionen bei gleicher Zementproduktion (siehe Polynomics-Studie). Die Emissionen fielen dann einfach im Ausland an, die Wertschöpfung würde ausgelagert. Für die Schweizer Abfallwirtschaft würde zudem ein wichtiger Partner wegfallen (z. B. bei der Entsorgung von PFAS-belasteten Materialien).
Diese Asymmetrie – faktisch ein Regulierungsfehler – muss ausgeglichen werden. Ansonsten verfolgt man eine inkonsistente Klimapolitik: Man verschärft die Regeln, die Unternehmen werden ins Ausland verlagert und auf dem Papier erreicht die Schweiz Netto-Null – der Zement wird dann aber mit höherer Umweltbelastung und zum Schaden der Wirtschaft und Versorgungssicherheit einfach aus dem Ausland importiert. Dies entspräche – mit Verlaub – einer Schildbürger-Klimapolitik. Deshalb braucht es CBAM als spezifische Lösung für die Zementindustrie der Schweiz.
* Der abtretende Mitte-Präsident, Nationalrat Gerhard Pfister, ist auch Präsident von cemsuisse, dem Verband der Schweizerischen Cementindustrie.
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