Publiziert am: 28.02.2025

Klangvoll und langlebig

HACKBRETTBAUER – Johannes Fuchs ist Innerrhodens einziger Hackbrettbauer. Über 80 Stunden wendet der gelernte Möbelschreiner für ein Hackbrett auf. Aber der Vizepräsident des Hackbrett-Weltverbandes baut die Instrumente nicht nur: Er gibt seine Künste auf der ganzen Welt zum Besten.

Die «Faszination Hackbrett» bekam Johannes Fuchs sprichwörtlich in die Wiege gelegt. Bereits in den Fünfzigerjahren baute sein Vater Johann, «Chlinn Fochsli», das erste Hackbrett und perfektionierte seine Werke in der Folge laufend. Für Johannes Fuchs war es früh klar, dass er in die Fussstapfen seines Vaters treten würde. So absolvierte er seine Schreinerlehre im elterlichen Betrieb. Er hat das Geschäft 1999 von seinem Vater übernommen und ist damit der unangefochtene Meister seines Fachs. Heute ist die Schreinerei Meistersrüte, bei Appenzell, eine von nur noch drei Werkstätten, die das traditionelle Saiteninstrument herstellen. Der zweifache Familienvater hat bereits unzählige Hackbretter hergestellt. Hackbretter zu bauen, ist reine Handarbeit und erfordert viel Geschick und Akribie. Zwischen achtzig und hundert Stunden rechnet er für ein typisches Appenzeller Hackbrett. Charakteristisch für seine Hackbretter sind exakte, genaue handwerkliche Konstruktion, guter Klang und Langlebigkeit. «Jedes Hackbrett wird eigentlich gleich. Es kann sein, dass der Ton ein bisschen unterschiedlich wird. Das kann sich aber auch später noch entwickeln, je nach Behandlung durch den Spieler», erklärt Fuchs. Erfolgsrezept hat er keines: «Ich bemühe mich einfach, die Instrumente und auch alle anderen Objekte aus Holz möglichst exakt und schön herzustellen.» Dabei greift er auf das Motto seines Oberstiftes zurück: «Man macht es nur einmal schön.»

Achtsame Verarbeitung

Fuchs stellt in seinem Einmannbetrieb pro Jahr fünf bis zehn Instrumente her. Fichtenholz eignet sich am besten, und jeweils im Herbst sucht Fuchs die Tannen aus. Gefällt werden sie, wenn Mondstand und Sternzeichen stimmen, denn der Zeitpunkt bestimmt die Schwundmasse des Holzes und den späteren Klang. «Wir benutzen Mondholz seit mehr als 40 Jahren. Wir prüfen, in welchem der vier Grundelemente sich der Mond gerade befindet, und ob er zu- oder abnehmend ist», erklärt der versierte Schreiner. Und er doppelt nach: «Holz, das am richtigen Tag geschlagen wird, hat Eigenschaften, die sich für den Instrumentenbau eignen. Hackbretter aus Mondholz müssen sehr viel seltener gestimmt werden. Die Stimmhaltbarkeit wird so verbessert» – bei 125 Saiten ein gewichtiges Argument. Ist der Baum erst einmal gefällt, wird das Holz geschnitten – die Jahresringe müssen im rechten Winkel zur Schnittfläche stehen, das nennt man Riftholz. Danach ruht es einige Jahre in einem entsprechenden Lager. «Die Bretter werden zu Hause ca. sechs bis acht Jahre getrocknet.» Die weiteren Arbeitsschritte sind: die einzelnen Teile zuschneiden, konstruieren, zusammenbauen, Feinschliff, lackieren, alle Saiten aufziehen, stimmen und einen Kunden finden.

«Wir benutzen Mondholz seit mehr als 40 Jahren.»

Die Werkstatt ist mit Schreinerei-Maschinen, Bandsäge, Fräse, Hobel- und Kehlmaschine, vielen kleinen Werkzeugen, Handmaschinen und anderen Hilfsmitteln sowie mit vielen selbst hergestellten Spezialwerkzeugen ausgestattet. Fuchs verarbeitet ein Brett jeweils ganz. Dies tut er mit viel Liebe zum Detail und viel Fingerspitzengefühl für das Naturmaterial. «Es lohnt sich nicht, für das Zuschneiden eines einzigen Bauelementes die Maschine anzustellen. Ich produziere die Einzelstücke immer in Serie von 40 bis 50 Stück.»

Handwerk mit Wohlklang

Der Zusammenbau eines Hackbrettes ist simpel, gemäss Fuchs «gewöhnliche Schreinerarbeit». Die Holzstückerahmen, Boden, Decke, zwei Friesen, die Stege plus ein paar Verstrebungen aus Ahorn im Körperinneren werden zusammengesteckt, verleimt und je nach Kundenwunsch braun gebeizt oder naturlackiert. «Es ist fast alles Handarbeit.»

Damit man auf einen Blick ein Fuchs-Hackbrett als solches erkennt, verziert Johannes Fuchs die Schallöffnungen jeweils mit zwei immer gleichen Rosetten. In einem letzten Schritt werden die Wirbel eingeschraubt, die Stege platziert und die Saiten angebracht. «Die Stege unterteilen die einzelnen Töne in verschiedene Ebenen. Wichtig ist die genaue Grösse und die einzelnen Abstände der Saitenchöre.» Dann geht es ans Stimmen. Dazu der Fachmann: «Längere Saiten erzeugen tiefere Töne, je kürzer die Saiten, desto höher der Klang.» Ob Länge und Druck auf den Saiten stimmen, prüft der Appenzeller mittels einer App.

Die 125 Hackbrettsaiten erzeugen zusammen eine Zugkraft von rund einer Tonne. Mit Stegen werden je fünf Saiten in 25 Chöre aufgeteilt, was den typischen Klang beim Anschlagen mit der Rute erzeugt. Die Tonhöhen entstehen durch die Länge der Saiten und deren Spannung, was die Trapezform des Hackbretts erklärt.

Mehr Sensibilität für den Rohstoff Holz

Zu seinen Kunden gehören sowohl junge wie auch ältere Menschen. Sie alle schätzen die Langlebigkeit, die Stimmhaltbarkeit des Instrumentes wie auch der wohlklingende Ton. Seine Hackbretter sind für die Ewigkeit gebaut: «Mein 1. Hackbrett aus 1975 ist heute noch top. Reparaturen gibt es manchmal, ist aber selten.» Qualität heisst für Fuchs zufriedene Kunden.

«Die Gefahr ist gross, dass das Handwerk ausstirbt.»

Die grösste Herausforderung für Fuchs ist, einen Nachfolger für sein «Büüdeli» zu finden. Dies dürfte nicht einfach sein, da es keine eigentliche Ausbildung respektive den Beruf Hackbrettbauer gar nicht gibt. «Die Gefahr ist gross, dass das Handwerk ausstirbt», bedauert Fuchs. Er wünscht sich, dass junge Schreiner wieder sensibilisierter mit dem Rohstoff Holz umgehen: «Ich hatte unlängst Schreinerlehrlinge bei mir in der Werkstatt für einen Vortrag. Die Lernende im 4. Lehrjahr kannte nicht einmal den Unterschied zwischen Tannen- und Nussbaumholz», bedauert der gelernte Möbelschreiner. Der alles daransetzt, dass das alte Appenzeller Handwerk erhalten bleibt. Corinne Remund

www.hackbrett.ch

www.appenzell.ch

MUSIKTRADITION

Hackbrettspieler mit viel Herzblut

Mit genauso viel Leidenschaft und Gespür wie Johannes Fuchs seine Hackbretter baut, spielt er sie auch. Sein Hackbrettlehrer und musikalischer Ziehvater war Jakob Alder aus Hundwil. «Ich habe zugehört und nachgespielt. Notenlesen beherrsche ich bis heute nicht.» Und doch gibt er jährlich Dutzende Konzerte. Er spielt an verschiedensten Festen wie Geburtstage, Hochzeiten, Familienfeste, Appenzöller Obed usw. als Solo-Hackbrettspieler. Ebenso hält er Vorträge über das Hackbrett und hat eine Sammlung mit Ruten, mit denen die Saiten angeschlagen werden, aufgebaut. Sie beinhaltet Schlagstöcke, die weltweit einzigartig sind.

Er ist Mitglied im Verband Hackbrett Schweiz VHbS und Vizepräsident des Hackbrett-Weltverbandes Cimbalom World Association (CWA). Seine Auftritte bestreitet er sowohl auf der nationalen als auch auf der internationalen Bühne. Johannes Fuchs trägt seine Passion und Liebe zum Appenzeller Handwerk immer wieder in die weite Welt hinaus, und diese kann ihn (als Gruppe) auch auf Voranmeldung in seinem «Büüdeli» besuchen.CR

www.hackbrett.net

www.cimbalom.org

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