Publiziert am: 14.03.2025

Recycling auf höchstem Niveau

CARTASETA AG – Das Unternehmen aus dem solothurnischen Gretzenbach gehört zu den führenden Hygienepapierlieferanten in der Schweiz. Das KMU beweist täglich, dass lokale Produktion und Kreislaufwirtschaft möglich sind. Dafür wie auch für seine erfolgreiche Transformation und seine stetige Weiterentwicklung wurde der Betrieb mit dem Solothurner Unternehmerpreis ausgezeichnet.

Die Cartaseta AG ist ein Musterbeispiel für erfolgreiche Transformation. Dafür wurde die Hygienepapierherstellerin aus Gretzenbach Anfang Jahr mit dem Solothurner Unternehmerpreis 2025 ausgezeichnet. «Unser Ziel war es immer, Innovationen voranzutreiben und nachhaltige Lösungen zu entwickeln, die einen echten Mehrwert bieten», betont Roberto Todaro. Er führt das Unternehmen seit 2014. Der Familienbetrieb transformierte sich in knapp 20 Jahren von innen heraus vom Produzenten von Halbfabrikaten zu einem der erfolgreichsten Hygienepapierlieferanten der Schweiz. «Wir liefern heute über 80 Prozent unserer Produktion als Fertigprodukt an den gesamten Detailhandel und den Eigenbedarf in der Schweiz.» Seit 2005 wurden rund 30 Millionen Franken in die Modernisierung und die Erweiterung des Betriebs investiert. Die Zahl der Mitarbeitenden wurde von damals rund 60 auf 113 gesteigert. «Wir haben nebst den Weiterentwicklungen der Qualität, der Erweiterung unserer Marktanteile und der Verbesserung unserer Nachhaltigkeit auch die Arbeitsplatzgestaltung und die Lohn- und Sozialpolitik verbessert», sagt Todaro. Ein grosser Schritt in die Zukunft wurde Anfang letzten Jahres mit einem Benefitpaket getätigt: «Wir haben dabei sowohl Lohn- und Sozialleistungen als auch die Reduktion der Arbeitszeiten, die Ferienregelungen und die betriebliche Verpflegung angepasst. Zudem haben wir die Möglichkeiten zu Sprachkursen, zu einer freiwilligen Arbeitnehmervertretung geschaffen und eine Mitarbeiterapp als Informationsplattform für unsere Mitarbeitenden lanciert.»

«Wir verarbeiten Toilettenpapier mit einer Geschwindigkeit von bis zu 80 Päckchen in der Minute.»

Die Cartaseta AG produziert zahlreiche Toilettenpapiere und Haushaltspapiere für den Schweizer Detailhandel. «Der grösste Bereich ist heute unser Eigenmarkengeschäft», so Todaro. Ein cleverer Schachzug war 2021 die Übernahme der Tela GmbH durch die Eigentümer, wodurch zahlreiche Synergien zwischen den beiden Werken in Niederbipp und Gretzenbach entstanden. «Wir können so gemeinsam ein breites Sortiment anbieten», sagt Todaro. Die Tela hat nebst der Toilettenpapierproduktion hohe Kompetenz in der Herstellung und der Verarbeitung von Taschentüchern und Kosmetiktüchern, während die Cartaseta nebst der Toilettenpapierherstellung langjährige Erfahrung in der Herstellung von Falthandtüchern für den professionellen Markt aufweist. Weiter ist das Unternehmen im Away-from- Home-Geschäft mit seiner Marke Oeco Swiss tätig. «Hier verkaufen wir an Grossendverbraucher wie Bund, Kantone, Spitäler, aber auch Grosshändler Hygieneprodukte. Neben dem Geschäft mit Fertigprodukten liefern wir zum Ausgleich unserer Kapazitäten Halbfabrikate in den Export, der rund 20 Prozent ausmacht.»

Die Tela bereitet jährlich über 80 000 Tonnen Altpapier auf. Von dieser effizienten Altpapieraufbereitung und den geschlossenen Umweltkreisläufen bei der Tela profitiert auch die Cartaseta. Die Reststoffe werden in der werkeigenen Verbrennungsanlage verbrannt, und das Abwasser wird auf dem Werkgelände in der werkeigenen Kläranlage gereinigt. Ein grosser Teil des aufbereiteten Altpapiers wird heute im Werk Gretzenbach eingesetzt.

Innovation und Swissness Hand in Hand

Die Maschinen sind technisch hoch komplex und vollautomatisiert und laufen rund um die Uhr. «Wir verarbeiten Toilettenpapier mit einer Geschwindigkeit von bis zu 80 Päckchen pro Minute.» Der Her-stellungsprozess ist vielschichtig: «Einfach gesagt, lösen wir den Rohstoff Altpapier oder Zellstoff mit Wasser auf und transportieren ihn auf einem Filz in der Papiermaschine durch eine mechanische Presse, welche ca. 50 Prozent des Wassers herauspresst», erklärt der Chef. Danach wird über ein Vakuum der Feuchtigkeitsgehalt weiter reduziert. In der Trockenpartie der Papiermaschine wird das Papier mittels Dampfdruckzylinder und einer Trockenhaube getrocknet. Das Papier wird weiter auf einer Verarbeitungsanlage zusammengefügt, geprägt, verleimt, perforiert und aufgewickelt. Das Papier, welches auf 2,70 m Breite hergestellt wird, wird in einem letzten Schritt zu einzelnen Röllchen geschnitten, verpackt und palettiert.

Swissness ist ein grosses Anliegen des Unternehmens und ist fest im Zentrum der Firmenphilosophie verankert: «Unser Verständnis für Swissness bezieht sich nicht nur auf den Produktionsstandort, sondern beinhaltet unsere Flexibilität, unsere Dienstleistungen, unsere Kundennähe sowie unsere umwelt- und sozialverträgliche Produktion.» Unabdingbar in der Branche ist Innovation: Wobei die Solothurner Hygienepapierhersteller Innovation nicht im Sinne von neuartigen Produkten oder Anwendungen verstehen, sondern vielmehr in Form von ständiger Weiterentwicklung der Qualitäten, der Prozesse und der nachhaltigen Produktion. «Wir dürfen zum Beispiel seit letztem Jahr für einen Kunden ein neues Toilettenpapier aus recyceltem Karton produzieren. Die Qualität ist sehr weich und ist noch umweltschonender als herkömmliches Recyclingpapier», freut sich Todaro.

Clevere Recyclingpioniere

Nachhaltigkeit gehört zur Strategie des Betriebs. «Jahr für Jahr verstärken wir unser ökologisches Engagement, indem wir unsere Infrastruktur unter energieeffizienten Gesichtspunkten modernisieren und unseren Verbrauch von unverzichtbaren Ressourcen optimieren», sagt der 51-Jährige. Und er doppelt nach: «Unsere Zellstoffe stammen ausschliesslich aus nachhaltigen und sozial verantwortungsvollen, zertifizierten Quellen aus Europa und werden per Bahn angeliefert.» Die rund 100 000 Tonnen Altpapier, welches fast 70 Prozent der Gesamtproduktion ausmacht, stammen zu einem grossen Teil aus regionalen oder nationalen Sammlungen. Die Wasser- und Abwasserkreisläufe werden ständig optimiert. Die Reststoffe aus der Altpapieraufbereitung werden in der werkeigenen Verbrennungsanlage in Niederbipp verbrannt. Die daraus gewonnene Energie wird zur Herstellung an den Papiermaschinen verwendet. «Wir gehören aktuell zu den CO2-effizientesten Hygienepapierfabriken in Europa», betont Todaro. «Unsere Logistikwege, von den Rohstoffen bis zu unseren Kunden, sind kurz und somit nicht nur effizient und kostengünstig, sondern auch sehr immissionsarm.» Bei den Folienverpackungen wird bereits ein Grossteil an Produkten mit Recyclinganteilen verwendet. «Unsere Recycling-Qualitäten gehören zu den besten, die am Markt zu finden sind. Die Schweizer Produktion, aber auch die hohe Umweltleistung unserer Produkte sind entscheidende Faktoren für unsere Stellung am Markt», hält der CEO fest. Seit 2008 nutzt die Firma Prozessdampf an ihrer Papiermaschine. Der Dampf stammt aus einem Nebenkreislauf des Kraftwerkes Gösgen, welcher zur Herstellung von Storm nicht mehr effizient genutzt werden kann. «So können wir jährlich ca. 8000 Tonnen CO2 einsparen.»

«Unsere Recycling-Qualitäten gehören zu den Besten, die am Markt zu finden sind.»

Der Fachkräftemangel macht in der Branche keinen Halt. Künftig wollen die Hygienepapierspezialisten auch den Nachwuchs ausbilden: «Wir arbeiten gerade an einem neuen Ausbildungskonzept. Ziel ist es, dass wir ab 2026 in den Berufen Anlagenführer/-in EFZ, Mechaniker/-in EFZ, Logistiker/-in EFZ und im kaufmännischen Bereich Lernende über beide Standorte ausbilden. Dabei wollen wir auch jeweils einem Lernenden oder einer Lernenden die Möglichkeit zu einer Sportlehre oder Begabtenlehre geben.» Zu den grossen Herausforderungen gehören einerseits die personellen Ressourcen, andererseits der Weg Richtung CO2-Neutralität, die Energiekosten und der starke Schweizer Franken. Künftig wird die Dekarbonisierung die aktuelle Technik an den Papiermaschinen beeinflussen und auch in den Energiekosten eine grosse Rolle spielen. «Weiter werden sich auch die Rohstoffe weiter verknappen, sodass auch hier die Suche nach nachhaltigen Alternativen unsere Prozesse beeinflussen wird», erklärt der innovative Firmenchef. Er hat noch einige Projekte in der Pipeline. «Wir arbeiten gerade an einer neuen Produktionslinie für die Herstellung von Toilettenpapier und Haushaltspapier.»

Corinne Remund

www.tela-cartaseta.ch

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