Publiziert am: 14.03.2025

Vom Pferdestall zur Absinth-Destillerie

ERöffnung – In Couvet, wo der Schnaps erfunden wurde, betreibt Philippe Martin seit kurzem seine Destillerie «Absinthe La Valote Martin» in einem ehemaligen Pferdestall. Dies ist der Pferdestall der Familie Pernod, die als erste Familie den Absinth Ende des 18. Jahrhunderts im grossen Stil herstellte. Die Eröffnung der neuen Destillerie erfolgte Anfang März.

Wo einst Pferde schnaubten und Hufe auf dem Boden widerhallten, duftet es heute nach Kräutern und Anis: In einem alten Pferdestall in Couvet im Val de Travers produziert seit kurzem Philippe Martin seinen Absinth. Allerdings nicht in irgendeinem Pferdestall, sondern in jenem, der einst zum Anwesen der Familie Pernod gehörte. Diese kam gegen Ende des 18. Jahrhunderts nach Couvet und produzierte als erste Familie den Absinth im industriellen Stil. Kurze Zeit später expandierten die Pernods nach Frankreich ins nahe Pontarlier. Das Grundstück in Couvet behielt die Familie noch einige Zeit als Ferienanwesen, bis sie es in den 1930er-Jahren verkaufte. Mehrere Jahrzehnte blieb der ehemalige Pferdestall unbenutzt. Nun haucht Philippe Martin mit seiner Destillerie «Absinthe La Valote Martin» dem Haus wieder neues Leben ein.

Keine Heizung und kein warmes Wasser

Bisher produzierte Philippe Martin seinen Absinth in einem Haus im Nachbardorf Boveresse. Aus Funktionalitätsgründen mussten aber neue Räumlichkeiten her: «Am vorherigen Ort hatte ich keine Heizung und kein warmes Wasser. Das war vor allem für die Reinigung der Destillierapparate nicht ideal», sagt der 53‑Jährige. Rund 8000 Liter der grünen Fee produziert der gelernte Elektriker jährlich. Seine Destillerie übernahm er 2014 von seinem Vater und von ihm lernte er auch das Handwerk des Destillateurs. «Seit ich mich erinnern kann, destillierte mein Vater Absinth. Zur damaligen Zeit halt noch heimlich zu Hause in der Badewanne», erzählt Philippe Martin. Denn viele Jahrzehnte war die Herstellung von Absinth gesetzlich verboten. Das Verbot trat 1910 in Kraft. Damals galt Absinth als Verursacher von Halluzinationen und wurde für alles Übel der Gesellschaft verantwortlich gemacht. Das Verbot traf die Wirtschaft im Val de Travers hart, viele Brenner machten deshalb im Untergrund weiter und sahen sich als Widerstandskämpfer. So auch Philippe Martins Vater. 2005, als das Verbot aufgehoben wurde, gründete er seine eigene, legale Destillerie.

Schweizer Berghilfe unterstützt die Sanierung

Bevor Philippe Martin mit seiner Destillerie in den ehemaligen Pferdestall einziehen konnte, musste einiges umgebaut werden. «Es brauchte einen neuen Boden, eine neue Heizung, wir mussten die Wände isolieren, neue Fenster einbauen und neue Stromleitungen legen. Das gab einiges zu tun», sagt Philippe Martin. Und weil er sein Erspartes mit dem Kauf des Hauses fast vollständig aufgebraucht hatte, konnte er die Investition von rund 430 000 Franken für den Umbau nicht aus eigener Kraft stemmen. Deshalb unterstützte ihn die Schweizer Berghilfe mit 100 000 Franken. «Für die wirtschaftliche Entwicklung der Region spielt der Absinth eine sehr wichtige Rolle», sagt Jean-Maurice Rasper, ehrenamtlicher Experte bei der Schweizer Berghilfe, und fügt an: «Der Absinth lockt viele Touristen ins Val de Travers. Deshalb ist es umso wichtiger, dass professionelle und traditionsreiche Destillerien wie jene von Philippe Martin überleben und so wichtige Wertschöpfung im Tal behalten können.»CR/pd

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