Publiziert am: 04.04.2025

Der Wohlstand der Schweiz steht auf dem Spiel

FAMILIENZEIT-INITIATIVE – Der Ruf nach einem nationalen Elternurlaub ist verlockend, wie dies die Familienzeit-Initiative fordert. Doch die Auswirkungen wären verheerend – insbesondere für KMU.

Die unter dem attraktiven Slogan der elterlichen Gleichberechtigung und des familiären Wohlbefindens lancierte Volksinitiative für einen paritätischen Elternurlaub (Familienzeit-Initiative) wirft weitaus komplexere Fragen auf, als es auf den ersten Blick vermuten lässt. Hinter den vermeintlich lobenswerten Absichten – die Entwicklung des Kindes zu unterstützen und die berufliche Gleichstellung und den Einbezug beider Elternteile zu fördern – verbergen sich besorgniserregende wirtschaftliche und soziale Folgen. Ziel der Initiative ist die Einführung eines Familienurlaubs von 18 Wochen für Mütter und 18 Wochen für Väter, also insgesamt 36 Wochen. Es stellt sich die Frage, welchen Preis diese völlig überzogene Forderung hat. Und wer das letztlich bezahlt.

Derzeit garantiert die Schweiz einen 14-wöchigen Mutterschaftsurlaub und zwei Wochen Vaterschaftsurlaub, die durch die Erwerbsersatzordnung (EO) finanziert werden. Die Ausdehnung dieses Modells auf einen mehrmonatigen Elternurlaub würde eine direkte finanzielle Belastung von mehreren Milliarden Franken zur Folge haben. Diese Ausweitung würde die Lohnbeiträge stark erhöhen. Dies inmitten einer Zeit, in der die finanzielle Zukunft unserer Sozialversicherungen bereits sehr unsicher ist: Die AHV muss saniert werden und die IV ist noch mit 10,3 Milliarden Franken verschuldet.

Fachkräftemangel wird verschärft

Abgesehen von den direkten Kosten werden die indirekten Auswirkungen auf die Unternehmen – insbesondere auf die KMU – weitgehend unterschätzt respektive ausgeblendet. Einen Mitarbeiter zu ersetzen, der mehrere Monate lang abwesend ist, ist alles andere als einfach. Die Teams müssen neu organisiert werden und es dürfte zu Produktivitätsverlusten kommen. Gerade bei KMU, die meist über keine eigene Personalabteilung verfügen, nagen solche Belastungen stark an der wirtschaftlichen und organisatorischen Substanz. Zur Erinnerung: 95 Prozent der Schweizer Unternehmen haben weniger als 20 Mitarbeiter. Für sie würde ein Elternurlaub ein konkretes Risiko für die wirtschaftliche Überlebens- und Wettbewerbsfähigkeit darstellen.

Hinzu kommt eine besonders besorgniserregende Tatsache: der zunehmende Mangel an qualifizierten Arbeitskräften. In vielen Branchen kommt es auf jede Stelle an. Lange Abwesenheiten aufgrund eines langen Elternurlaubs erschweren die Personalrekrutierung zusätzlich. Das schwächt die langfristige Planung und verschärft die Spannungen auf dem Arbeitsmarkt noch stärker. Der vorübergehende – oder sogar dauerhafte – Verlust von Schlüsselkompetenzen bremst die Innovation, verlangsamt Projekte und beeinträchtigt die Reaktionsfähigkeit der Unternehmen in einem ohnehin instabilen Umfeld.

Nicht vergessen werden darf, dass derzeit im Parlament bereits weitere Massnahmen zur Unterstützung von Familien diskutiert werden, wie die Erhöhung der Kinderzulagen oder die Teilfinanzierung der familienergänzenden Kinderbetreuung durch die Arbeitgeber. Die Häufung dieser Vorschläge führt zu einem kontinuierlichen Anstieg der Sozialabgaben. Dadurch steigen die Arbeitskosten, die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen wird verringert, die Nettolöhne nach unten gedrückt und das macht den Arbeitsmarkt weniger dynamisch. Das alles setzt – am Ende dieser Kette – unseren wirtschaftlichen Wohlstand aufs Spiel.

Nachhaltigere Alternativen

Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie erfordert keinen langen und starren staatlich verordneten Urlaub. Schon heute gibt es zahlreiche flexible Modelle: Telearbeit, anpassbare Arbeitszeiten oder sogar punktueller Urlaub. Solche Lösungen sollten verstärkt verfolgt werden, welche oft besser an die individuellen Gegebenheiten und die wirtschaftliche Situation angepasst sind.

Die Initiative für einen paritätischen Elternurlaub versteht sich zwar als fortschrittlich und gerecht. Ihre Logik beruht jedoch auf einem Versprechen, welches nicht den wirtschaftlichen Realitäten entspricht. Ihre Annahme würde die Stabilität unseres Sozialsystems gefährden, die KMU schwächen, den Mangel an qualifizierten Arbeitskräften verschärfen und die Arbeitskosten erhöhen. Dies würde den Wohlstand unseres Landes beeinträchtigen. Es gilt deshalb, Verantwortung zu übernehmen und diese Initiative dereinst abzulehnen.

Simon Schnyder, Ressortleiter sgv

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