Publiziert am: 04.04.2025

Ein handelspolitischer Meilenstein

Indien – Kürzlich befürworteten National- und Ständerat das Freihandelsabkommen mit Indien. Einzigartig darin ist eine Klausel, welche die EFTA-Staaten zu Investitionen verpflichtet. Um auch den Schweizer KMU den Marktzugang zu er­mög­lichen, hat der sgv im Rahmen einer Wirtschaftsmission des SECO dem indischen Minister für Commerce and Industry zwei Massnahmen vorgeschlagen.

Die EFTA-Staaten (Schweiz, Norwegen, Island und Liechtenstein) und Indien schlossen vor rund einem Jahr das Freihandelsabkommen TEPA (Trade and Economic Partnership Agreement) ab. Vor kurzem billigten Stände- und Nationalrat den Vertrag. Nach 16 Jahren Verhandlungen wurde damit ein bedeutender Meilenstein der schweizerischen Handelspolitik erreicht, sind die EFTA-Staaten doch die ersten europäischen Partner, die mit Indien ein Wirtschaftsabkommen abschliessen.

«Der zunehmende Wohlstand führt zu einer steigenden Binnennachfrage.»

Bisher einzigartig in einem Wirtschaftsabkommen ist ein TEPA-Kapitel zu Investitionen. So verpflichten sich die EFTA-Länder zu zusätzlichen Investitionen von 100 Milliarden US-Dollar sowie der damit verbundenen Schaffung von einer Million Arbeitsplätze in Indien über die nächsten 15 Jahre. Grundlage dafür sind Annahmen zum künftigen Wirtschaftswachstum Indiens. Werden die gesetzten TEPA-Ziele nicht erreicht, kann Indien 20 Jahre nach Inkrafttreten des Abkommens Zugeständnisse im Warenverkehr aussetzen.

Auf den Privatsektor angewiesen

Bemerkenswert daran ist: Die Handelsdiplomaten gingen damit eine Klausel ein, die sie als Teil der Verwaltung nicht selbst erfüllen können. Sie sind dafür auf den Privatsektor angewiesen. Bereits heute sind gemäss einer aktuellen Erhebung mehr als 300 Schweizer Unternehmen in Indien vor Ort. Ein Drittel davon produziert in Indien, teilweise auch für den Export. Zwei Drittel der Schweizer Investitionen sind im Mumbai-Pune-Korridor und rund um Delhi verortet. Insgesamt arbeiten knapp 150 000 indische Beschäftigte für Schweizer Unternehmen.

Wie sollen nun die gemäss TEPA versprochenen Investitions- und Beschäftigtenzahlen erreicht werden? Erstens ist die Schweiz nicht alleine für deren Erfüllung verantwortlich. Sie ist zwar innerhalb des EFTA-Blocks der weitaus wichtigste Handelspartner Indiens, aber eben nicht der einzige. Zweitens: Sollten sich die wirtschaftlichen Wachstumsannahmen Indiens als falsch erweisen, werden die Zielgrössen nachträglich nach unten korrigiert. Drittens hat auch Indien Verpflichtungen: Das Abkommen definiert in diesem Zusammenhang eine Reihe von Promotionsaktivitäten und – wichtiger – die Schaffung beziehungsweise Aufrechterhaltung eines günstigen Investitionsklimas. Dazu gehört es aus Sicht des Schweizerischen Gewerbeverbandes sgv, auch den KMU den Zugang zum indischen Markt zu ermöglichen. Denn gerade für kleinere Unternehmen sind die Hürden überproportional hoch. Sie verfügen nicht über spezialisierte Teams, die sich inhouse um alle relevanten Aspekte einer Auslandsinvestition kümmern können.

Minister nahm sich viel Zeit

Im Rahmen einer Wirtschaftsmission des SECO nach Indien Mitte Februar schlug der sgv dem indischen Minister für Commerce and Industry, Piyush Goyal, deshalb zwei Massnahmen vor: einen Fast-Track-Mechanismus sowie ein One-Stop-Shop-Konzept für Auslandsinvestitionen von Schweizer KMU. Die Vorschläge wurden nach der Reise auch noch schriftlich nachgereicht. Es ist positiv zu werten, dass sich der Minister viel Zeit nahm, um die Vorschläge der Schweizer Wirtschaftsdelegation anzuhören, und sich für eine Umsetzung offen zeigte. Der sgv wird für seine Mitglieder und die Hunderttausenden von KMU in der Schweiz am Ball bleiben, geht es doch hier um ein Kernanliegen des Dachverbandes: um den Abbau von Bürokratie.

Während in absehbarer Zeit die Bevölkerung in mehreren westlichen Staaten schrumpfen wird, ist Indiens Bevölkerung noch jung und das Arbeitskräftepotenzial gross. Der zunehmende Wohlstand führt zu einer steigenden Binnennachfrage. Immer wichtiger werden auch Infrastrukturinvestitionen, in die über 130 Milliarden US-Dollar fliessen sollen. TEPA wird es Unternehmen aus der Schweiz erleichtern, durch den präferenziellen Zugang vom Wachstum des indischen Marktes zu profitieren.

Patrick Dümmler, Ressortleiter sgv

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