Zölle, Zölle, Zölle. Wohin man im internationalen Blätterwald auch blickt: Zölle und die Ankündigung von Gegenmassnahmen dominieren die Wirtschaftsnachrichten. Dabei glaubte man, diese Ära sei vorbei. Die Gründung der Welthandelsorganisation (WTO) beziehungsweise ihrer Vorgängerorganisation sollte zu einer schrittweisen Liberalisierung des Welthandels führen und gleichzeitig einen Rahmen bieten, um Handelsstreitigkeiten auf dem Rechtsweg auszutragen. Doch nun gewinnen die Gesetze des Dschungels wieder die Oberhand: Mit wirtschaftlicher Stärke soll die eigene Position durchgesetzt werden.
Anstrengungen für Innovationen werden reduziert
Politisch werden Zölle oft damit angepriesen, dass sie helfen, die einheimische Industrie vor Importen zu schützen. Zölle verteuern ausländische Waren und machen sie damit gegenüber inländischen weniger attraktiv. Einheimische Arbeitsplätze sollen so erhalten oder gar zurückgeholt werden. Ausserdem werden damit Zolleinnahmen generiert, die in Zeiten knapper öffentlicher Kassen willkommen sind.
Doch dies ist nicht die ganze Geschichte: Der Wettbewerbsdruck sinkt, weil die ausländische Konkurrenz nicht mehr gefürchtet werden muss. Dies lässt Raum für Preiserhöhungen, reduziert das Qualitätsniveau und die Innovationsanstrengungen. Das Güterangebot wird teurer, was die Inflation treibt. Die Leidtragenden sind die inländischen Konsumenten. Ausserdem muss mit Gegenmassnahmen der Handelspartner gerechnet werden, was die eigene Industrie schwächt.
Zölle verteuern den Bezug von Rohstoffen
Wie ging und geht unser Land mit diesem Wissen um? Die Schweizer Geschichte der Aussenhandelszölle ist bemerkenswert: Machten Zölle in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts bis zu drei Viertel der Bundeseinnahmen aus, sank ihr Anteil ab den 1960er-Jahren von 24 Prozent (1961) auf rund 1,45 Prozent (2023). Die Gründe waren der Beitritt der Schweiz zum Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommen GATT (heute WTO), der Abschluss des Freihandelsabkommens mit der EU (1972) und das Eingehen von Dutzenden von Freihandelsabkommen (u. a. mit China, Hongkong, Japan). Fairerweise muss gesagt werden, dass parallel dazu auch der Finanzierungsbeitrag durch andere Steuern wie die direkten Bundes-, die Mehrwert- oder die Verrechnungssteuer anstieg.
Per Anfang 2024 schaffte die Schweiz alle Importzölle auf Industriegütern ab. Dies ohne Druck von aussen. Denn die Wertschöpfungsketten wurden im Zuge der Globalisierung immer internationaler, heute sind eine Vielzahl von Unternehmen in unterschiedlichen Ländern an der Erstellung eines Produktes beteiligt. Zölle verteuern den Bezug von Rohstoffen und Halbfabrikaten, sie senken damit die Wettbewerbsfähigkeit der Schweizer Unternehmen auf den globalen Märkten.
«Gebundene» Zölle bleiben unverändert
Durch den Zollabbau kann die Wirtschaft jährlich netto rund 600 Millionen Franken sparen. Die Zölle auf Agrarimporte, die Zolleinnahmen von rund 700 Millionen Franken generieren und zur «Hochpreisinsel Schweiz» beitragen, sind hingegen vom Zollabbau ausgenommen. Der Anteil der Zölle an den Bundeseinnahmen sank deshalb 2024 auch nicht auf null, sondern betrug noch 0,81 Prozent.
Erwähnenswert ist, dass nur die «angewandten» Zölle auf null gesetzt werden, das heisst diejenigen Zollsätze, die bei der Wareneinfuhr effektiv zu bezahlen sind. Die «gebundenen» Zölle bleiben unverändert. Sie stellen eine völkerrechtliche Verpflichtung dar und geben die maximale Höhe des Zolls an, den die Schweiz bei der Einfuhr eines Produktes erheben darf. Eine handelspolitisch wichtige Unterscheidung, denn damit ist die Schweiz frei, zukünftig wieder Importabgaben bis zum Niveau der gebundenen Zölle einzuführen. In Verhandlungen über Freihandelsabkommen bleibt dies ein wichtiger Trumpf, denn nur mit dem Abschluss eines Freihandelsabkommens kann der Handelspartner den Zollsatz von null gegenüber der Schweiz absichern.
dp