Publiziert am: 25.04.2025

Gleichgewicht wiederherstellen

TABAKPRODUKTEGESETZ – Die SGK‑S zeigt Willen zum Pragmatismus, ohne dabei die Achtung der Grundprinzipien unseres demokratischen Systems aufzugeben. Grund­prin­zi­pien, die angesichts des Überaktivismus und der mangelnden Neutralität des Bundesamts für Gesundheit stark strapaziert werden.

Die Regulierung der Werbung für Tabakprodukte ist ein Thema, das zum Präzedenzfall für andere Produkte werden könnte: salzig, süss, fettig usw. Wo liegt die Grenze? Was soll erlaubt sein, was nicht? Und: Wer bestimmt darüber?

Präventionsindustrie unter Volllast

Die Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Ständerats (SGK‑S) hat kürzlich die Differenzen zur Teilrevision des Tabakproduktegesetzes (23.049) erörtert, mit der die Volksinitiative «Kinder und Jugendliche ohne Tabakwerbung» umgesetzt werden soll. Die von der Kommission getroffenen Entscheidungen verdienen eine eingehende Analyse, zumal politische Spannungen und externe Einflüsse, insbesondere vonseiten der Präventionskreise, auf diesem Dossier lasten. Tatsächlich findet diese Debatte in einem Kontext statt, in dem sich das Bundesamt für Gesundheit (BAG) von Organisationen wie der Arbeitsgemeinschaft Tabakprävention Schweiz (AT) in unangemessener Weise beeinflussen, um nicht zu sagen vor den Karren spannen lässt. Ein von der «Weltwoche» aufgedeckter E‑Mail-Verkehr zeigt eine sehr enge Zusammenarbeit zwischen dem BAG und diesen Gruppen, die weit über die üblichen Konsultationen hinausgeht. Diese Nähe wirft Fragen über die Unabhängigkeit politischer Entscheidungen und die Neutralität der Verwaltung auf.

Werbung in Printmedien: Das kleinere Ăśbel

Die Kommission hat mit 7 zu 5 Stimmen vorgeschlagen, dem Beschluss des Nationalrats bezüglich der Werbung in Printmedien zu folgen. Demnach erlaubt sie Werbung im Innenteil von Zeitungen, die mehrheitlich im Abonnement verkauft werden und deren Leserschaft zu mindestens 98 Prozent aus Erwachsenen besteht. Diese Entscheidung kommt einem generellen Verbot gefährlich nahe. Ein Schwellenwert von «nur» 95 Prozent hätte Kinder und Jugendliche schützen und gleichzeitig die Freiheit der Erwachsenen, kommerzielle Informationen zu erhalten, respektieren können. Ein vollständiges Verbot wäre jedoch eindeutig unverhältnismässig und würde die Medien und Werbetreibenden unnötig benachteiligen.

Zigarren und Zigarillos: Willkommene Klarstellung

In Bezug auf die Förderung von Zigarren und Zigarillos durch Verkostungen und Werbeaktionen hat sich die Kommission ebenfalls dafür entschieden, dem Nationalrat zu folgen.

Mit 7 zu 5 Stimmen bei einer Enthaltung stellte sie klar, dass solche Aktivitäten nur dann erlaubt sind, wenn sie sich ausschliesslich an Erwachsene richten. Diese Klarstellung ist von entscheidender Bedeutung, um jegliche Zweideutigkeit zu vermeiden und sicherzustellen, dass Minderjährige keinen Anreizen zum Tabakkonsum ausgesetzt werden. Diese Position zeigt einen erfreulichen Pragmatismus ebenso wie das Bestreben um den Schutz von Jugendlichen auf. Es ist bedauerlich, dass derselbe Ansatz nicht für alle Tabakprodukte verfolgt wird.

Verbot des mobilen Verkaufs: Ein Irrweg

Dagegen hält die Kommission zu Recht an einer Diskrepanz fest, indem sie es ablehnt, die Werbung durch mobiles Verkaufspersonal einzuschränken. Die Volksinitiative zielt auf die Werbung, nicht auf den Verkauf. Ein Verbot eines Verkaufskanals, auch wenn es an Bedingungen geknüpft ist, ist hier somit eindeutig fehl am Platz. Die Kommission will damit verhindern, dass ein gefährlicher Präzedenzfall für unverhältnismässige Beschränkungen auch für andere Produkte des täglichen Bedarfs geschaffen wird.

«Die Zusammenarbeit zwischen dem BAG und den Tabakkritikern geht weit über die üblichen Konsultationen hinaus.»

Die Entscheidungen der Kommission zeigen somit den Willen zum Pragmatismus, ohne dabei die Achtung der Grundprinzipien unseres demokratischen Systems aufzugeben. Grundprinzipien, die angesichts des Überaktivismus und der mangelnden Neutralität des BAG untergraben werden. Hier muss dringend Abhilfe geschaffen und das Gleichgewicht zwischen öffentlicher Gesundheit und wirtschaftlichen Freiheiten wiederhergestellt werden. Einmal mehr: Es darf nicht sein, dass die Verwaltung Politik macht!

Mikael Huber, Ressortleiter sgv

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