
HVO-Diesel als Gamechanger
HVO‑100-DIESEL – Die erste Tankstelle wurde in Lyss eröffnet. Das Transportgewerbe sowie viele weitere Benutzer von Dieselfahrzeugen und -maschinen sind am neuen, nachhaltigen Produkt interessiert.
BIOFUeLS SCHWEIZ – Der Verband hat die Biofuels-Industrie zu einem dynamischen Sektor entwickelt. Auch die Power-to-X-Technologien sind technisch vielversprechend, stehen aber noch am Anfang ihrer kommerziellen Umsetzung. Regulierungen bezüglich des CO2-Gesetzes ab 2031 werden die Branche vor grosse Herausforderungen stellen.
Erneuerbare Treibstoffe sind flüssige oder gasförmige Treibstoffe, die aus Biomasse oder unter Verwendung anderer erneuerbarer Energieträger hergestellt werden. «Biotreibstoffe werden aus biogenen Rest- und Abfallstoffen gewonnen und stehen somit nicht in Konkurrenz zu Nahrungs- und Futtermitteln (Teller-Trog-Tank-Prinzip)», erklärt Martin Joss, Geschäftsführer von Biofuels Schweiz. Zu den Biotreibstoffen zählen Biodiesel, Bioethanol, hydrierte Abfallöle (HVO) und Biogas, wobei sich Biofuels Schweiz auf die flüssigen Energieträger konzentriert und somit Biogas nicht über den Verband abgedeckt wird. In der Schweiz gewinnen biogene Treibstoffe zunehmend an Bedeutung – insbesondere im Rahmen der Strategie zur Defossilisierung des Verkehrs und zur Reduktion von CO2-Emissionen. Sie ersetzen fossile Treibstoffe wie Diesel und Benzin anteilig und leisten damit einen wichtigen Beitrag zur Reduktion des ökologischen Fussabdrucks.
«Im Jahr 2024 konnten sogar über 650 000 Tonnen CO²-Einsparungen erzielt werden – ein neuer Rekord.»
Der Anteil biogener Treibstoffe am gesamten Treibstoffverbrauch im Verkehrssektor beträgt derzeit rund 5 Prozent. «Beim Benzin darf gemäss Norm bis zu 5 Prozent Bioethanol beigemischt werden, ohne dass es an der Zapfsäule speziell ausgewiesen werden muss. Beim Diesel sind es 7 Prozent Biodiesel», sagt Joss. Es gibt zudem LKW, die mit 100 Prozent Biodiesel fahren können. Als Dieselersatz kommt zudem HVO in Frage, das ebenfalls als Reintreibstoff oder in höheren Beimischungen verwendet werden kann. In der Schweiz gibt es mittlerweile zwei öffentliche HVO‑100-Tankstellen – die erste seit dem 1. Februar 2025 in Lyss und die zweite seit Ende März in Weinfelden (vgl. Nebenartikel).
In den letzten 20 Jahren hat sich der Markt der Biofuels-Industrie von einer Nischenbranche zu einem dynamischen Sektor entwickelt, in dem Produzenten, Importeure und Handelsunternehmen eng zusammenarbeiten, um Nachhaltigkeitsziele und die Reduktion von CO2-Emissionen voranzutreiben. Dazu Joss: «Die Einführung des HKN-Systems erhöht die Transparenz und verhindert Doppelzählungen. Die Mengen haben sich auf einem hohen Niveau stabilisiert, und jährlich werden rund 500 000 Tonnen CO2 eingespart.» Im Jahr 2024 konnten sogar über 650 000 Tonnen CO2-Einsparungen erzielt werden – ein neuer Rekord. «Im Jahr 2024 lag der erneuerbare Anteil beim Diesel bei 6,4 Prozent und beim Benzin bei 3,7 Prozent. Insgesamt machten erneuerbare Treibstoffe 5,1 Prozent des gesamten Treibstoffabsatzes aus», freut sich Joss.
Synthetische Treibstoffe – häufig als Elektro-Fuels bezeichnet –, die mittels Power-to‑X-Technologien hergestellt werden, gelten als vielversprechende Hoffnungsträger für die Defossilisierung – insbesondere in schwer elektrifizierbaren Bereichen wie Luft- und Seeverkehr, Prozesswärme sowie im Schwerlastverkehr und in der bestehenden Fahrzeugflotte. Technologisch haben bereits diverse Pilot- und Demonstrationsprojekte gezeigt, dass diese Verfahren prinzipiell funktionieren und nahezu CO2-neutral produzieren können.
Allerdings befinden sich viele dieser Technologien noch in einem Entwicklungs- bzw. Skalierungsstadium. Die Marktreife variiert je nach Verfahren: Einige synthetische Treibstoffe haben in Nischen bereits erste Markterfolge erzielt, während die grosstechnische Produktion und Wirtschaftlichkeit in den nächsten Jahren noch weiter verbessert werden muss. Letztlich hängen die breite Marktdurchdringung und die Kostensenkung entscheidend von politischen Rahmenbedingungen, Investitionen und weiteren technischen Optimierungen ab. «Investitionssicherheit ist für die Industrie entscheidend. Die Power-to‑X-Technologien sind technisch vielversprechend, stehen aber noch am Anfang ihrer kommerziellen Umsetzung – die nächsten Jahre werden zeigen, ob sie in grossem Massstab wirtschaftlich tragfähig werden», konkretisiert Joss.
In der Schweiz wird Biodiesel aus Altspeiseöl hergestellt. «Zurzeit haben wir fünf Produzenten, die sich auf dem Markt etabliert haben. Drei Anlagen befinden sich in der Deutschschweiz, eine in der Westschweiz und eine im Tessin», sagt Joss. Seit 2008 dürfen in der Schweiz nur erneuerbare Treibstoffe aus Abfällen und Reststoffen verwendet werden. Mit der neuen Regelung ab dem 1. Januar 2025 ist es zudem untersagt, Treibstoffe in Verkehr zu bringen, die mit Lebensmitteln konkurrieren. Damit bleibt das Prinzip Teller-Trog-Tank gewahrt: Biomasse wird erst dann für Treibstoffe genutzt, wenn sie nicht mehr als Nahrungs- oder Futtermittel dient.
Biofuels Schweiz setzt sich politisch dafür ein, dass alle Lösungen zur CO2-Reduktion im Verkehr gleichberechtigt behandelt werden – dies ganz nach dem Motto «Ideologische Verbote einzelner Technologien verhindern Fortschritt». Dazu Joss: «Entscheidend ist, dass erneuerbare Treibstoffe wirtschaftlich tragfähig bleiben – ohne Business-Case wird kein Unternehmen investieren. Daher braucht es auch nach 2030 eine verlässliche und wirksame CO2-Gesetzgebung.» Der Übergang zu Power to X kann durch gezielte politische und wirtschaftliche Rahmenbedingungen beschleunigt werden – etwa durch eine Erhöhung des Inlandkompensationsanteils, eine Überführungspflicht für erneuerbare Treibstoffe oder eine Lenkungsabgabe, wie dies die parlamentarische Initiative Pfister vorschlägt. Allerdings hat die Debatte zum revidierten CO2-Gesetz gezeigt, dass Massnahmen mit Kostensteigerungen politisch schwer durchzusetzen sind. Gemäss Martin Joss wird langfristig eine steigende Nachfrage entscheidend sein: «Grössere Produktionsmengen und Skaleneffekte können dazu beitragen, dass Power-to‑X-Treibstoffe zu wettbewerbsfähigen Preisen verfügbar werden.» Die Diskussion über das CO2-Gesetz ab 2031 in ein paar Jahren wird die langfristige Planung allerdings erschweren. «Der sich rasch wandelnde regulatorische Rahmen stellt unsere Branche vor erhebliche Herausforderungen und erschwert langfristige Investitionsentscheidungen.»
Erneuerbare Treibstoffe werden jedoch weiterhin eine wichtige Rolle spielen. Sie ermöglichen eine schnelle und kosteneffiziente Reduktion fossiler CO2-Emissionen, da die bestehende Infrastruktur und Fahrzeugflotte ohne grosse Anpassungen genutzt werden kann. «Eine vollständige Elektrifizierung des Verkehrs in der Schweiz innerhalb der nächsten 15 Jahre ist unrealistisch. Deshalb wäre es fahrlässig, das Potenzial von Biotreibstoffen ungenutzt zu lassen», sagt Joss. Er freut sich, dass Biofuels Schweiz im November erstmals als Aussteller an der transport.ch vertreten sein wird. «Unser Fokus liegt dabei auf HVO, einem erneuerbaren Treibstoff, mit dem Transportunternehmen ihre fossilen CO2-Emissionen sofort und ohne Anpassungen an Infrastruktur oder Fahrzeugflotte reduzieren können.»Corinne Remund
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