Publiziert am: 25.04.2025

«Ich zeichne nie zu kompliziert»

Rainer BEnz – Er begegnet dem Ernst des Lebens mit einer grossen Portion Humor: Der aus Frick stammende Illustrator hat sein Hobby zum Beruf gemacht – mit Erfolg. Sein Talent ist heute in der ganzen Schweiz gefragt und seine farbenfrohen Figuren mit den grossen Augen strahlen auf den verschiedensten Plattformen – auch immer wieder für sgv-Kampagnen – um die Wette.

Wer kennt sie nicht: die farbigen, fröhlichen, energiegeladenen Comicfiguren mit den grossen Augen, die uns auf sympathische und schwungvolle Art eine Geschichte erzählen oder für eine (gute) Sache werben. Sie entstammen alle aus der Feder von Rainer Benz. Der Aargauer Illustrator hat ein Händchen für kuriose und lebhafte Bildgeschichten. Er hat sein Hobby zum Beruf gemacht, seinen Job als Hochbauzeichner an den Nagel gehängt und agiert nun seit über 27 Jahren erfolgreich als Comiczeichner, Cartoonist, Karikaturist, Illustrator und grafischer wie auch ab und zu technischer Zeichner. Wir haben ihn besucht und ihm beim Zeichnen und kreativen Gestalten über die Schulter geschaut.

Schweizerische Gewerbezeitung: Sie haben ein Händchen für kuriose und lebhafte Bildgeschichten. Wie sind Sie zu Ihrem Beruf als Illustrator gekommen?

Rainer Benz: Ich habe schon als Kind immer gerne gezeichnet. Zeichnen und Sport waren seit Kindsbeinen meine Hobbys. 1991 fragten mich die «Regionalzeitung Aarau» und die «Aargauer Wochenzeitung» für eine Comicserie an. Da hat es mir den Ärmel endgültig reingenommen und die Zeichenkarriere war lanciert. So entwickelte ich das ganze zeichnerische Repertoire bis heute.

Vor 27 Jahren haben Sie sich selbstständig gemacht und den Beruf als Hochbauzeichner an den Nagel gehängt. Woher haben Sie den Mut zu diesem Schritt genommen?

Das hat sich so ergeben. Mein Arbeitgeber, wo ich als Hochbauzeichner arbeitete, schloss sein Geschäft. Ich entschloss mich darauf, mein Hobby zum Beruf zu machen. Das Comiczeichnen war für mich bereits ein lukrativer Nebenjob. Ich wagte also den Schritt in die Selbstständigkeit. Dies unter anderem auch dank dem Cartoon Pool und der Comicserie in der «Schweizer Illustrierten».

Welche Bilanz können Sie ziehen: Hat es sich gelohnt, als selbstständiger Illustrator tätig zu sein?

Ja, es ist ein Privileg, sein Hobby zum Beruf zu machen. Ich bin sehr dankbar dafür. Aber es ist wie bei jedem anderen Beruf, man erlebt auch Höhen und Tiefen.

Was hat sich in Ihrem Berufsfeld in den letzten Jahren geändert?

Es ist härter geworden. Früher war fast jede Anfrage ein Auftrag und heute habe ich das Gefühl, dass man einfach mal anfragt und dann mit anderen Möglichkeiten vergleicht. Diese sind in unserem Zeitalter der sozialen Medien natürlich viel grösser als vor 27 Jahren. Selbstverständlich spüre ich auch die prekäre finanzielle Situation der Printmedien. Die Sachlage hat sich seit der Pandemie nochmals verschärft und auch mein Metier wird arg durchgerüttelt.

Die Gesellschaft ist bezüglich der «politischen Korrektheit» sehr empfindlich geworden. Spüren Sie das bei Ihrer Arbeit und wie gehen Sie damit um?

Das ist leider so: Früher lachte man über einen guten Cartoon – auch wenn man selber aufs Korn genommen wurde – und heute wird alles hinterfragt. Das bremst die Kreativität massiv. Unsere Gesellschaft ist so sensibel wie noch nie. Wir kreiden allen alles an. Sich frei zu äussern, ist in unserem Land ein einziger Eiertanz geworden. Viele Leute sind nicht mehr konsensfähig und Humor und Sarkasmus haben einen schweren Stand. Dies spüre ich auch immer wieder bei Aufträgen – diese Angst anzuecken.

Wie entwickeln Sie ihre lebhaften Bildergeschichten, woher nehmen Sie die Inspiration und Kreativität dazu?

Ich versuche, mich in die Situation oder Problematik hineinzuleben. Dazu gehört auch, zu recherchieren und entsprechend zu informieren. Daraus kreiere ich dann eine spannende und witzige Geschichte. Mit der Zeit entwickelt man auch eine gewisse Routine, wie man etwas geschickt anpackt, um zu reüssieren. Ich arbeite unter Zeitdruck immer sehr effizient. Ich bin dann immer sehr kreativ und einfallsreich. Ich arbeite in der Situation total fokussiert und konzentriert und blende alles andere um mich herum aus. Wenn man dann allerdings eine kreative Blockade hat, kann das böse ins Auge gehen.

Wie sieht Ihr Arbeitsprozess aus?

Ich gehe folgendermassen vor: Ich befasse mich mit dem Thema, lese mich ein und schreibe Stichwörter dazu auf. Danach picke ich die besten Argumente und witzigsten Beweggründe heraus, skizziere ein paar Entwürfe und entscheide mich dann für einen Entwurf, den ich dem Kunden präsentiere. Danach gilt es – wenn nötig – Anpassungen zu machen, daran zu feilen oder sogar etwas Neues zu entwerfen. Erst wenn der Kunde einverstanden ist, setze ich den ganzen Comic zeichnerisch um und koloriere ihn.

Ihre Handschrift ist schweizweit bekannt und unverkennbar. Was ist charakteristisch fĂĽr Ihre Illustrationen und was ist Ihnen dabei wichtig?

Ich habe nicht nur einen Zeichenstil. Aber es ist meistens meine lebendige StrichfĂĽhrung, die charakteristisch fĂĽr mich ist. Mein Merkmal sind die grossen Augen bei meinen Comicfiguren. Ich zeichne nie zu kompliziert, aber dafĂĽr mit flĂĽssigen Bewegungen und Strichen, was meinem Werk viel Schwung und Lebendigkeit verleiht.

Sie haben schon an etlichen Abstimmungskampagnen mitgewirkt, was sind weitere Referenzen?

Ich zeichne fast alles und habe namhafte Institutionen, Organisationen, (Sport-)Verbände und Unternehmungen, die zu meinen Kunden zählen. Dazu gehören Swiss Ski, Swiss Ice Hockey, die Beratungsstelle für Unfallverhütung BFU, das Bundesamt für Sport BASPO, der Schweizerische Gewerbeverband sgv, die «Neue Fricktaler Zeitung», die «SchreinerZeitung», die Rivella Group, Coop, der Schweizerische Baumeisterverband, die Aargauische Kantonalbank AKB und viele mehr. Ich bin aber auch dankbar für alle kleinen Aufträge, die ich bekomme – denn ohne die wäre es nie möglich gewesen, diesen Beruf erfolgreich auszuführen und mich so kreativ weiterzuentwickeln.

Was war bis jetzt der ausgefallenste Auftrag oder anders ausgedrĂĽckt derjenige, der Ihnen immer in Erinnerung bleiben wird?

Ich führe als ehemalige Skilehrer sehr gerne Aufträge für Swiss Ski aus. Die Comics für die «grosse» «Schweizer Illustrierte», die ich zwei Jahre lang realisieren durfte, waren sehr schöne Aufträge. Ich durfte in jungen Jahren für die deutsche Telecom das Maskottchen bei der Weltausstellung im Jahr 2000 in Hannover kreieren – das bleibt mir natürlich als ganz toller Auftrag in Erinnerung.

Was sind Ihre nächsten Projekte?

Ich bin gerade intensiv an einem eigenen Projekt, wo ich animiertes Zeichnen auf YouTube mit teilweise witzig eingebauten Überraschungen anbiete. Dies könnte auch für Firmen eine spannende neue Art von Werbung sein, die der heutigen digitalen Geschäftswelt gerecht wird.

Was wĂĽnschen Sie sich in der Zukunft fĂĽr Ihr Metier?

Ich hoffe, dass unser Metier trotz Kostendruck und KI seine Berechtigung hat und gezeichnete Comics ihren Platz in den gedruckten Medien behalten oder sich zumindest in einer Nische etablieren können, um den Leserinnen und Lesern eine grosse Portion Freigeist zu vermitteln. Ich erachte es als essenziell, die Menschen in der heutigen schnelllebigen Welt mit Comics zum Lachen oder Schmunzeln zu bringen. Es liegt mir aber auch am Herzen, ihnen gleichzeitig den Ernst der Lage auf humorvolle Weise zu vermitteln und sie so zum Nachdenken zu bringen.

Interview: Corinne Remund

www.comic-cartoon.ch

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