Publiziert am: 04.04.2025

Richtung stimmt – Verbesserungen sind nötig

Individualbesteuerung – Der Gewerbeverband sgv unterstützt grundsätzlich eine zivilstandsunabhängige Besteuerung, die den Realitäten von KMU und Familien entspricht. Sie darf aber weder zu höheren Steuern noch zu mehr Bürokratie führen.

Die Individualbesteuerung kommt im Parlament voran. Der Ständerat hat in der Frühjahrssession den indirekten Gegenvorschlag zur Volksinitiative «Für eine zivilstandsunabhängige Individualbesteuerung» beraten. Ziel ist es, jeden Steuerpflichtigen unabhängig von seinem Zivilstand nach seinem persönlichen Einkommen zu besteuern. Damit sollen Nachteile für Ehepaare gegenüber Konkubinatspaaren beseitigt werden.

Entscheidender Vorschlag

Die Idee ist richtig. Die konkrete Revisionsvorlage wirft aber Fragen auf. Der Ständerat hat zwar einige Korrekturen eingeführt, indem er eine bessere Berücksichtigung von Kindern durch erweiterte Abzüge ermöglicht, auch für Paare mit sehr unausgewogenen Einkommen. Diese Öffnung ist zu begrüssen.

Hingegen wurde ein entscheidender Vorschlag der Minderheit – der insbesondere von Ständerat Fabio Regazzi getragen wurde – abgelehnt. Art. 33 Absatz 3bis DBG hätte es einem Ehepaar, bei dem ein Partner mehr als doppelt so viel verdient wie der andere, ermöglicht, bis zu 50 Prozent dieses Einkommens (maximal 60 000 Franken) jenem Partner mit geringem Einkommen anzurechnen. Dies hätte einen wichtigen negativen Effekt der Individualbesteuerung besser korrigiert, der traditionelle Familienmodelle bestraft, die in KMU häufig vorkommen und bei denen ein Ehepartner weniger Zeit für die Erwerbsarbeit aufwendet, um sich um die Kinder zu kümmern oder sich im Familienunternehmen zu engagieren.

Nein zu höheren Steuern und noch mehr Bürokratie

Der Schweizerische Gewerbeverband sgv unterstützt grundsätzlich eine zivilstandsunabhängige Besteuerung. Er sieht darin eine Möglichkeit zur Erhöhung der Arbeitsanreize von Zweitverdienern. Allerdings darf diese Reform auf keinen Fall zu höheren Steuern oder einer Explosion der Bürokratie führen. Der Entwurf des Bundesrates bietet keine Gewähr, dass diese Voraussetzungen erfüllt sind.

Da mit 1,7 Millionen zusätzlichen Steuererklärungen zu rechnen ist, müssen die öffentlichen Verwaltungen ihre Prozesse anpassen, ihr Personal aufstocken und erhebliche Ressourcen mobilisieren. Die Steuerzahler ihrerseits werden mit komplexeren, schwerfälligeren und teureren Verfahren konfrontiert sein. Ein von der Mehrheit der Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Ständerats unterstützter Vorschlag, der die Zulassung einer gemeinsamen Steuererklärung für zusammenlebende Ehepaare (Art. 124 Abs. 1bis) ermöglicht hätte, wurde leider abgelehnt.

Mehrere Vorteile

Eine weniger bürokratische Lösung wäre, sich an der Funktionsweise des Splittingsystems zu orientieren. Es ermöglicht, das Einkommen eines Paares nach einem bestimmten Faktor (z. B. 1,9) aufzuteilen und so die Auswirkungen der Steuerprogression zu mildern. Diese Methode hat mehrere Vorteile: Sie ist einfach anzuwenden, steuerlich ausgewogen und für die Verwaltungen wesentlich weniger aufwendig. Sie trägt auch den Realitäten vieler Schweizer Familien und KMU Rechnung. Andererseits setzt die Individualbesteuerung stärkere Erwerbsanreize.

Und die Errungenschaften?

Ein weiterer noch unklarer Punkt ist die steuerliche Behandlung von Errungenschaften – jenen Vermögenswerten, die während der Ehe gemeinsam erworben wurden. Insbesondere für familiengeführte KMU ist diese Frage von entscheidender Bedeutung. Hier sind Klarstellun-gen seitens der Steuerbehörden erforderlich.

Kurz gesagt: Ja zu mehr Steuergerechtigkeit, nein zu einer übereilten und bürokratischen Reform. Der Entwurf geht nun zurück an die Kommission des Nationalrats. Es liegt am Parlament, aus der Vorlage des Bundesrats eine realistische, steuerneutrale Reform zu machen, die auf die Realitäten von KMU und Familien zugeschnitten ist.

Mikael Huber, Ressortleiter sgv

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