Das Raumkonzept ist ein von Bund, Kantonen und Gemeinden gemeinsam entwickelter Orientierungsrahmen für die räumliche Entwicklung. Aktuell wird das seit 2012 bestehende Konzept aktualisiert. Eine entsprechende Konsultation endete vergangene Woche. Der unter Federführung des Bundesamts für Raumentwicklung entstandene Entwurf weist allerdings zahlreiche Schwachstellen auf.
Grundlagen fehlen
Das Raumkonzept basiert weder auf einer gesetzlichen Grundlage, noch durchläuft es einen demokratischen Prozess. Daher ist es gemäss eigenen Angaben auch «kein verbindliches Instrument». In der Praxis aber wird es so gut wie behördenverbindlich verwendet, beeinflusst subsidiäre Entscheide oder nimmt diese gar vorweg.
Der Schweizerische Gewerbeverband sgv kritisiert die fehlende Legitimität und die fragwürdige Ausgangslage, welche bei der Überarbeitung unberücksichtigt bleiben. Die in den letzten zehn Jahren entfaltete Wirkung des Konzepts wird zudem überhaupt nicht analysiert. Ohne eine fundierte Basis wirksame Massnahmen für die künftige Entwicklung treffen zu wollen, ist aus Sicht des sgv äusserst fragwürdig.
Koordination statt Regulierung
Die Raumplanung obliegt gemäss Bundesverfassung den Kantonen. Der Bund sollte lediglich eine koordinierende Funktion wahrnehmen. Seit längerem sind jedoch Eingriffe in diese kantonale Hoheit festzustellen, was dem Subsidiaritätsprinzip zuwiderläuft. So auch mit dem Raumkonzept. Doch nicht nur die Aufgaben der Kantone, auch andere nationale Politikbereiche werden vom Raumkonzept tangiert.
Der sgv lehnt eine Steuerung beispielsweise der Mobilitäts- oder Energiepolitik durch das Raumkonzept klar ab. Die Raumplanung darf hier nur eine koordinierende, jedoch keine regulierende Funktion übernehmen.
Realitätsfremde Annahmen
Das Raumkonzept basiert auf Annahmen, welche nicht mit der Realität übereinstimmen. Dabei geht es beispielsweise um die Innenverdichtung – eines der obersten Ziele der Raumentwicklung –, welche bisher, wenn überhaupt, nur spärlich voranschreitet. Das Raumkonzept geht jedoch von einer gut erfolgenden Innenverdichtung aus und blendet damit die bestehenden raumplanerischen Hürden komplett aus.
«Zurück an den Absender!»
Auch setzt das Raumkonzept einen Fokus auf Bauen im Bestand und eine bessere Ausnutzung der Infrastrukturen, zum Beispiel für die Mobilität. Die wirtschaftlichen und demografischen Entwicklungen zeigen jedoch bereits heute, dass die bestehenden Kapazitäten in beiden Bereichen nicht ausreichend sind. Der sgv fordert, dass die bestehenden Herausforderungen anerkannt und analysiert, und dass wirksame Massnahmen zu deren Behebung in die Wege geleitet werden.
Wo bleibt die Wirtschaft?
Insgesamt ist das Raumkonzept stark geprägt von einem ökologischen Blickwinkel. Auch wenn der Umweltschutz eine wichtige Aufgabe ist, so gibt es doch noch andere Bedürfnisse, welche in ein ganzheitliches Konzept zu integrieren sind: diejenigen von Gesellschaft und Wirtschaft. Mit einer ganzen Palette an wenig praktikablen Massnahmen beweist das Raumkonzept, dass es von den Anforderungen der Wirtschaft keine Ahnung hat. Denn Massnahmen müssen stets auch realisierbar und finanzierbar sein. Diese Prinzipien sucht man im Raumkonzept jedoch vergebens.
sgv lehnt vorliegenden Entwurf ab
In dieser Form kann der sgv das Raumkonzept nicht unterstützen. Es beinhaltet zu viele ungeklärte Fragen, ungelöste Konflikte und lückenhafte Annahmen. Daher heisst es einmal mehr: Zurück an den Absender!
Michèle Lisibach, Ressortleiterin sgv