Publiziert am: 09.05.2025

Alternativer Antrieb mit Potenzial

WASSERSTOFF – Es gibt nur wenige Hersteller, die heute Fahrzeuge mit Wasserstoff und Brennstoffzelle am Markt anbieten. Einer davon ist die Stellantis-Marke Opel mit dem mittelgrossen Transporter Vivaro Hydrogen.

Während beim Auto Wasserstoff (H²) noch eine komplett untergeordnete Rolle spielt, ist die Nutzfahrzeugbranche zunehmend daran interessiert. Es gibt zwar Wasserstoff-Personenwagen mit Brennstoffzelle, doch Hyundai Nexo und Toyota Mirai sowie die Pilotflotte des BMW iX5 sind ein sehr bescheidenes Angebot. Das Brennstoffzellenauto ist übrigens ein E-Mobil, bei dem der Strom nicht in einer grossen Batterie gespeichert, sondern aus Wasserstoff direkt an Bord mittels Brennstoffzelle produziert wird.

Verschiedene Technologien

Wasserstoff ist so schnell betankt wie Benzin oder Erdgas. Allerdings ist die Tankstelleninfrastruktur ausserhalb der Schweiz ein Flickenteppich und der H²-Preis wegen hoher Energiekosten aktuell viel zu teuer (rund 20 Franken/Kilogramm). Gleichwohl verfügt die Schweiz über einen soliden Wasserstoffkreislauf mit 18 Tankstellen. Basis dafür legte 2020 die Einführung des LKWs Hyundai Xcient Fuel Cell, dem ersten in Serie produzierten Brennstoffzellen-Truck, von dem heute in der Schweiz 50 Stück tagtäglich unterwegs sind. Europäische Hersteller werden dazu erst in den kommenden Jahren bereit sein.

«Störender Lärm unterwegs gibt es nicht, vielmehr dominiert die angenehme Ruhe des Elektroantriebes.»

In der Transportindustrie ist man sich heute einig, dass es falsch wäre, sich nur batterieelektrisch zu entwickeln. Hildegard Müller, Präsidentin des Verbandes der Deutschen Automobilindustrie VDA, meinte an der IAA Transportation im letzten Herbst: «Allein auf batterieelektrische LKW und Infrastruktur zu setzen, bringt Stromnetze und Besitzer grosser Flotten sicher an ihre Grenzen.» Übrigens wird bei den LKW-Herstellern auch am Wasserstoff-Verbrennungsmotor gearbeitet. MAN bringt jetzt erste H²-Verbrenner-Trucks auf die Strasse und auch DAF und Unimog entwickeln ähnliche Projekte.

Es verbleibt noch einer

Ebenfalls bei den leichten Nutzfahrzeugen wird in Wasserstoff-Brennstoffzelle investiert. Sogenannte Fuel-Cell-Vans werden vor allem dann alternativ zu den batterieelektrischen Vans gesehen, wenn etwa der Handwerker das Fahrzeug über Nacht zu Hause parkiert, dort aber nicht laden kann. Oder wenn die Stromnetzkapazität auf dem Firmengelände begrenzt und die Umstellung der Flotte auf emissionsfreie Fahrzeuge eingeschränkt ist.

Bislang arbeiteten Renault und Stellantis (Citroën, Fiat Professional, Opel, Peugeot) an Brennstoffzellen-Transportern. Sie haben auch klare Vorstellungen zum Wasserstoffpreis: Jeder Kilogrammpreis unter zweistellig fängt an, attraktiv zu werden. Wann aber wieder solche Preise erwartet werden dürfen, ist ungewiss, und die Rentabilität von Wasserstoff-Lieferwagen aktuell kaum gegeben. Hyvia, das H²-Joint-Venture von Renault, hat im Frühjahr die Konsequenzen gezogen und die Geschäftsauflösung eingeleitet. Neben dem Treibstoffpreis wird dies auch mit dem schleppenden Aufbau eines Wasserstoff-Ökosystems in Europa begründet. Es verbleibt also nur Stellantis.

Komfortabel unterwegs

Der Konzern bietet die Brennstoffzellen-Technologie neu in der grossen Van-Reihe an, etwa im Fiat Ducato, und wie bisher in der mittleren Reihe, etwa dem Opel Vivaro; mit letzterem begaben wir uns auf Testfahrt, um uns ein Bild von der Antriebsart machen zu können. Die Hochdrucktanks sind im Fahrzeugboden integriert und beeinträchtigen den Laderaum nicht. Die Brennstoffzelle im Motorraum generiert so viel Strom, dass das Fahrzeug grösstenteils damit fährt, die eher kleine Batterie dient als Puffer zum Rekuperieren, beim Anfahren und in Steigungen.

Die Bedienung ist unproblematisch und die Funktion unspektakulär einfach. Zündschlüssel drehen, auf die Ready-Lampe warten, D einlegen (oder R), losfahren. Da die Brennstoffzelle beim Ausschalten Zeit benötigt, mag sie es nicht, aus- und gleich wieder eingeschaltet zu werden; das dürfte nur wenige Einsätze betreffen, wie die von Paketboten. Störender Lärm unterwegs gibt es nicht, vielmehr dominiert die angenehme Ruhe des Elektroantriebes. Und am Ende der Fahrt stösst das System während des Herunterfahrens manchmal noch eine Zeit lang leise fauchend Wasserdampf aus.

Wirtschaftlichkeit ist die Krux

Wasserstofftankstellen sind in der Deutschschweiz und der Romandie in vertretbarer Nähe anzutreffen. Der Tankvorgang selbst ist keine Hexerei: den Tankstutzen aufs Tankventil stülpen, Arretierhebel drehen, Betankung starten. Wie bei einem herkömmlichen Gasfahrzeug stoppt die Betankung bei vollem Tank automatisch. Gemäss Opel verbraucht der Vivaro Hydrogen 1,3 Kilogramm Wasserstoff auf 100 Kilometer, was ihm zu einer Gesamtreichweite von 400 Kilometern verhilft.

«bei den LKW-Herstellern wird am Wasserstoff-Verbrennungsmotor gearbeitet.»

Die Krux beim H²-Lieferwagen liegt demnach eigentlich nur an der Wirtschaftlichkeit. Neben dem bereits erwähnten Kilogrammpreis sind auch die Fahrzeuge noch deutlich teurer als E- und Diesel-Lieferwagen und in der Schweiz gibt es keinerlei Anreizsysteme, um die hohen Investitionskosten zu kompensieren. Die neue Generation des Opel Vivaro Hydrogen, die in den kommenden Wochen auf die Strasse rollt, wird zwar gegenüber dem gefahrenen Wagen aus der ersten Generation um beachtliche 30 bis 40 Prozent günstiger werden. Doch angesichts des bisherigen Preisschildes (126 000 Franken) werden es noch immer 75 000 bis 88 000 Franken sein.

Martin Schatzmann

www.opel.ch

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