Ein interessanter, aber oft vergessener Markt ist Taiwan. Seit Überwindung der Militärdiktatur 1987 schlug das Land den Weg der Demokratisierung ein und kennt heute die freieste Presse in ganz Asien. Investitions- und Rechtssicherheit sind sehr hoch, was sich auch durch den vierten Rang im globalen Index der ökonomischen Freiheit widerspiegelt. Der Wohlstand ist breit abgestützt und die Wirtschaftsstruktur – wie in der Schweiz – geprägt von KMU. Die über 23 Millionen Einwohner erwirtschaften ein BIP von rund 814 Milliarden US-Dollar, mit Wachstumsraten um die 2,5 Prozent in den letzten Jahren. Die Arbeitslosen- und Inflationsraten sowie die Staatsverschuldung sind tief.
Hightech-Affinität – und ein gutes Bildungsniveau
Weltweit einzigartig ist Taiwan als Standort für die Produktion neuester Halbleiter: Immer kleiner, leistungsfähiger und energieeffizienter sollen sie sein. Während das neueste technische Design der Chips oft ausserhalb Taiwans stattfindet, ist es bis heute nur den Taiwanesen gelungen, diese auch zu produzieren. Ein Unterbruch dieser Wertschöpfungskette hätte globale Auswirkungen.
Der führende Hersteller TSMC investierte in den letzten Jahren Milliardenbeträge auch im Ausland, einerseits angezogen von Vergünstigungen der Standortländer wie den USA oder Deutschland, aber auch, um dem in Taiwan spürbaren lokalen Fachkräftemangel zu begegnen.
Die Hightech-Affinität und das gute Bildungsniveau machen Taiwan neben den makroökonomischen Faktoren auch zu einem bevorzugten Investitionsstandort innerhalb Asiens.
Mehrere Schweizer Unternehmen nutzen die von der Regierung angebotenen Vergünstigungen bereits: Der Bestand an helvetischen Direktinvestitionen beträgt über eine Milliarde US-Dollar, die Schweiz ist damit der 14.-grösste ausländische Investor in Taiwan. Nicht nur Unternehmen profitieren, die Regierung fördert die Standortattraktivität für ausländische Fachkräfte mit einer Gold Card, die u. a. Wohnsitznahme, Anstellung und Steuersituation stark vereinfacht.
Überdurchschnittliche Exporte
Letztes Jahr betrug das Handelsvolumen (Importe und Exporte) mit Waren zwischen der Schweiz und Taiwan rund 3,1 Milliarden Franken. Die wichtigsten Exportgüter aus Schweizer Sicht waren Produkte der pharmazeutischen und chemischen Industrie, gefolgt von Präzisionsinstrumenten, Uhren und Bijouterie-Artikeln. Die wichtigste Importkategorie war – mit grossem Abstand – Maschinen, Apparate, Elektronik.
Im Vergleich zu den gesamten Exporten der Schweiz entwickelten sich die Ausfuhren nach Taiwan überdurchschnittlich, mit zwei Einbrüchen (vgl. Grafik): 2009 aufgrund der weltweiten Wirtschafts- und Finanzkrise sowie 2023, als aufgrund der nachlassenden Covid-Pandemie v. a. die Pharmaexporte der Schweiz sanken.
Der nach wie vor wichtigste Handelspartner Taiwans ist China. Wirtschaftspolitisch steht für die taiwanesische Regierung die Aufrechterhaltung stabiler und konstruktiver Wirtschaftsbeziehungen im Vordergrund. Gleichzeitig wird vermehrt versucht, die Handelsbeziehungen auf eine breitere Basis zu stellen. Dies bietet auch der Schweiz die Chance, ihre Beziehungen zu Taiwan zu vertiefen. Der Schweizerische Gewerbeverband sgv kann auf Anfrage gerne weiterführende Kontakte vermitteln oder auch eine Delegationsreise organisieren. Bei Interesse bitte beim Autor melden.
Patrick Dümmler, Ressortleiter sgv