Publiziert am: 09.05.2025

Lobbying mit Steuergeld

Bundesfinanzen – Die Bundesagentur Innosuisse kämpft offensiv gegen Budgetkürzungen im Rahmen des Entlastungspakets 2027. Das Beispiel zeigt anschaulich, warum sich Staatswachstum kaum rückgängig machen lässt.

Die Diskussion um das Entlastungspaket 2027 treibt mitunter seltsame Blüten. Das zeigt Innosuisse, die Schweizerische Agentur für Innovationsförderung. Mit einem Argumentarium auf ihrer Internetseite wehrt sich die öffentlich-rechtliche Anstalt gegen Kürzungen im Rahmen dieses Pakets zur Senkung des Ausgabenwachstums.

Konkret schlägt der Bundesrat vor, den jährlichen Bundesbeitrag an Innosuisse um zehn Prozent zu reduzieren: Im Jahr 2027 soll der Bundeshaushalt so um 32 Millionen, im Jahr 2030 um 34 Millionen Franken entlastet werden. Dieser Vorschlag geht auf die Expertengruppe rund um Serge Gaillard zurück, welche die Bundesfinanzen unter die Lupe genommen hat.

Ziemlich absurd

Für Innosuisse geht diese Einsparung von Steuergeldern – und nichts anderes als Steuergeld ist es – jedoch zu weit. Sie schreibt in ihrem Argumentarium von einem «tiefen Einschnitt». Eine Kürzung des Budgets für die Innovationsförderung führe zu erheblichen Opportunitätskosten für die Schweizer Wirtschaft: Ein von Innosuisse in Innovationsprojekte investierter Förderfranken generiere über einen Zeitraum von drei Jahren eine direkte Wertschöpfung von über vier Schweizer Franken bei den geförderten Unternehmen (vgl. auch Artikel oben auf dieser Seite). Und die Agentur mahnt warnend an: «Die Schweiz verfügt über exzellente Forschung. Der Transfer dieser Ergebnisse in den Markt sollte nicht geschwächt werden, indem Innosuisse Projekte ohne Umsetzungspartner nur noch eingeschränkt unterstützen kann.»

Das mag zwar zutreffend sein. Doch es tönt so, als ob Innovation nur dank einer staatlichen Stelle gelingen könnte und die Unternehmen das alleine sowieso nicht schaffen würden. Was eine ziemlich absurde Behauptung wäre.

Laut einem Onlineartikel des «Nebelspalters» ging Innosuisse aber noch weiter. Mit einem sechsseitigen Dokument lobbyierte die Agentur unter anderem bei Verwaltungsstellen und bei den Generalsekretariaten der Parteien gegen die Kürzung.

«Es tönt so, als ob Innovation nur dank einer staatlichen Stelle gelingen könnte.»

Ein solches Verhalten hat dann doch ein «Gschmäckle»: Da drohen dem Bundeshaushalt also ab 2027 Defizite von bis zu fünf Milliarden Franken – und dies bei noch nie dagewesenen Rekordeinnahmen. Und Innosuisse – anstatt ihr Scherflein in diesem finanzpolitisch schwierigen Umfeld beizutragen – kämpft offensiv an allen Fronten dagegen an. Mit Steuergeld und de facto gegen ihren Chef, den Bundesrat.

KMU können nicht mithalten

Störend ist auch, dass für die öffentlich-rechtliche Anstalt Ähnliches gelten dürfte wie für die «Kern»-Bundesverwaltung. Nämlich, dass die Anstellungsbedingungen im Vergleich zur Privatwirtschaft viel attraktiver sind. So wirbt Innosuisse auf ihrer Internetseite mit mindestens 25 Ferientagen pro Jahr, überdurchschnittlichen Sozialleistungen, Beteiligungen an Kinderkrippen oder anderen Betreuungslösungen und mit flexiblen Arbeitszeitmodellen und Homeoffice-Möglichkeiten – dies bei in der Regel 41,5 Stunden pro Woche. Bedingungen also, mit denen viele KMU nicht mithalten können.

Laut Gaillard-Bericht werden rund 90 Prozent der Bundesbeiträge an Innosuisse für die Förderung eingesetzt, der Rest gehe für die «Funktionskosten» der Bundesstelle selbst drauf. Die Agentur besteht seit 2018 als öffentlich-rechtliche Anstalt. Sie übernahm die Funktion der heutigen Kommission für Technologie und Innovation KIT. Bereits Mitte 2019 – also eineinhalb Jahre nach der Etablierung der neuen Struktur – kam ein Artikel in der «Basler Zeitung» zum Schluss, dass sich die Kosten verdoppelt, der Nutzen aber abgenommen habe.

Die Intervention von Innosuisse ist übrigens ein gutes Beispiel, warum sich Staatswachstum kaum rückgängig machen lässt. «Hat eine Bundesstelle erst einmal ein höheres Budget erhalten – wie es bei der Innovationsförderung in den vergangenen Jahren der Fall war –, wehrt sie sich mit Händen und Füssen dagegen, dieses wieder aufzugeben», schreibt der «Nebelspalter» treffend.

hug

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