Publiziert am: 23.05.2025

Mehr Transparenz ist wünschenswert

AVE GAV – Allgemeinverbindlich erklärte Gesamt­arbeits­verträge und im Rahmen dieser von den Sozialpartnern vereinbarte Abgeltungen und Geldströme gelten als intransparent. Das soll sich nun ändern.

Eine Motion der Wirtschafts- und Abgabenkommission des Nationalrates aus dem Jahr 2021 fordert Transparenz über die finanziellen Mittel paritätischer Kommissionen (PK). Es sollen Massnahmen getroffen werden, damit die aus Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertretungen zusammengesetzten paritätischen Kommissionen der allgemeinverbindlich erklärten Gesamtarbeitsverträge (ave GAV) verpflichtet werden, ihre Jahresberichte zu veröffentlichen. Zusätzlich fordert die Motion, dass die PK über die Zweckbestimmung der Mittel im Fondskapital und über deren Verwendung Rechenschaft ablegen. Das Staatssekretariat für Wirtschaft SECO, als Aufsichtsbehörde über die PK, kann die Eidgenössische Finanzkontrolle (EFK) oder andere Sachverständige mit der Finanzprüfung beauftragen. Gewisse Branchen schaffen schon seit Jahren Transparenz und publizieren ihre Jahresrechnungen wie z. B. das Gastgewerbe.

Kontroverse Reichweite

Bereits in den Vernehmlassungsantworten zum Entwurf der Gesetzesvorlage gab es unterschiedliche Einschätzungen, wie der an den Bundesrat erteilte Transparenzauftrag zu formulieren und umzusetzen ist. Gemäss Botschaft des Bundesrates zur Änderung des Bundesgesetzes über die Allgemeinverbindlicherklärung von Gesamtarbeitsverträgen (AVEG), die in der kommenden Sommersession behandelt wird, soll Arbeitgebern und Arbeitnehmenden, die einem ave GAV unterstellt sind und Beiträge bezahlen, auf Verlangen das kostenlose Recht auf Einsicht in die Jahresrechnung der PK erteilt werden.

Weiterreichende Forderungen allerdings sind denkbar, wie etwa jene, die Finanzströme für den Vollzug und die Bildung in einem allgemeinverbindlich erklärten GAV strikt von den Finanzierungsströmen der Organisationen der Sozialpartner selbst zu trennen und Rückerstattungsmechanismen an die Sozialpartner oder deren Mitglieder abzuschaffen.

Allerdings ist auch zu bedenken, dass neben dem Vollzug mit den finanziellen Mitteln die duale Grund- und Weiterbildung sowie die Arbeitssicherheit finanziert und gestärkt werden. Die Verwendung der Gelder ist in Reglementen festgelegt. Die Verteilung wird von den PK von Arbeitgebern und Arbeitnehmern gemeinsam vorgenommen.

Weitergehende Einschränkungen der freien Ausübung der Tätigkeit der PK als in der vom Bundesrat vorgeschlagenen AVEG-Revision werden von vielen Branchen mit dem Verweis abgelehnt, dass der Grundsatz der Wirtschaftsfreiheit auch für die paritätischen Vollzugsorgane eines ave GAV gilt. Zudem stellt sich die Frage, ob ein öffentliches Interesse herrscht, welches weitere Regulierungen rechtfertigen liesse, was sich kaum befürworten lässt.

Bundesratsvorlage vernünftig

Der auf dem Tisch liegende Vorschlag des Bundesrates, das direkte Einsichtsrecht in die Jahresrechnungen der paritätischen Kommissionen den betroffenen Arbeitgebenden und Arbeitnehmenden zuzugestehen, die einem ave GAV unterstellt sind und damit ein legitimes Interesse an einer Einsicht in diese Dokumente haben, dürfte eine Mehrheit der betroffenen Branchen mit ave GAV unterstützen. Er ist auch im Sinne des Schweizerischen Gewerbeverbandes sgv und kann als vernünftiger Kompromiss bezeichnet werden.

Dieter Kläy, Ressortleiter sgv

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