Publiziert am: 23.05.2025

SRG-Doppelbesteuerung von KMU muss weg

MEDIENSTEUER – Die SRG hat die Verleger eingesackt, um die Initiative «200 Franken sind genug!» zu bodigen. Doch eines bleibt klar: Die Medien-Doppelbesteuerung von Unternehmen ist und bleibt verfassungswidrig – und muss aufhören.

«Einsparungen der SRG sind Blendwerk». So titelten Mitte April die Blätter von CH-Media. Das Staatsfernsehen kündige ein Sparprogramm nach dem anderen an. Doch zugleich stiegen die Ausgaben sowie auch der Personalbestand, so das Fazit. SRG-Generaldirektorin Susanne Wille konterte danach in einem Gastbeitrag. Das vermittelte Bild stimme nicht. Die SRG habe einen klaren Sparauftrag. «Bis 2029 muss sie rund 270 Millionen Franken einsparen.» Unabhängig vom Inhalt stellt sich die Frage: War dieser kritische Artikel von CH-Media das letzte Aufbäumen der privaten Presse gegenüber der SRG?

Das mag überspitzt klingen, doch es sind medien- und demokratiepolitisch fragwürdige Dinge im Gang. Denn die SRG hat sich kürzlich mit dem Verband Schweizer Medien (VSM) auf eine Art Burgfrieden geeinigt – oder sollte man besser sagen, sie hat die Verleger eingesackt? Der Deal lautet in Kurzform so: Die SRG begrenzt Online-Textbeiträge künftig auf 2400 Zeichen – und reduziert damit ein Angebot, welches seit jeher einer Wilderei gleichkommt –, sie ist bei der Übertragung von Sportveranstaltungen und dem Erwerb von Übertragungsrechten zurückhaltender, und sie will einen Grossteil ihrer Online-Marketingmittel bei privaten Schweizer Medienhäusern investieren. Die Verleger – mit Ausnahme von Tamedia – sprechen sich im Gegenzug gegen die SRG-Halbierungsinitiative («200 Franken sind genug!») aus – helfen als de facto mit beim Versuch, diese zu bodigen. Die SRG stellt ihnen zudem täglich nutzbares Rohmaterial ohne Logos zur Verfügung.

«Kassensturz» auf nzz.ch?

Das alles geschieht «zur Stärkung der Medienvielfalt», wie die SRG und die Verleger in einer Mitteilung schreiben. Was für eine Verdrehung der Tatsachen! Denn welche Folgen hat diese Abmachung? Sie wird dazu führen, dass die Journalisten privater Verlage künftig mit einer Schere im Kopf über die SRG schreiben. Ganz zu schweigen von der Berichterstattung über die SRG-Initiative im Abstimmungskampf.

Weiter stellt sich die Frage: Welche Inhalte übernehmen die privaten Verlage (zur Erinnerung: rund 70 Prozent der SRG-Journalisten bezeichnen sich als links)? Wird künftig der «Kassensturz» – in dessen Sendung zum 50-Jahr-Jubiläum sich SP-Nationalrätin Jacqueline Badran und die Moderatorin in Herz-und-Seele-Manier munter die Bälle zuspielten – jeweils auf dem Online-Portal der «NZZ» aufgeschaltet? Gibt es neu davon noch einen kritiklosen Abschrieb in der Printausgabe? Läuft auf TeleZüri, Tele M1 und TeleBärn bald um 20 Uhr die «Rundschau» mit ihren linkslastigen Inhalten? Fragen über Fragen. Die löbliche Ausnahme bildet Tamedia, welche nicht mitmacht. Verleger Pietro Supino schrieb in einem Leitartikel in seinen Blättern zu Recht: «Medienschaffende dürfen nicht zu Subventionsjägern werden.»

Düstere Aussichten für KMU

Diese Vereinbarung wirft ein grelles Schlaglicht auf die privaten Verleger. Diese beteuern jeweils bei jeder Gelegenheit, welch wichtige Funktion der Journalismus habe, wie entscheidend Pressefreiheit und -vielfalt für die Demokratie sei, und rühmen sich unentwegt als sogenannte vierte Gewalt: Und bei der erstbesten Gelegenheit werfen sie grundlegende Prinzipien über Bord und machen den Bückling, um ebenfalls ein paar Brosamen von der allmächtigen SRG aus dem Steuerfüllhorn zu erhalten. Das steht zudem stark im Widerspruch zum Gratismut, welchen viele Journalisten jeweils an den Tag legen, wenn sie risikolos nah am Zeitgeist gegen die «böse» Wirtschaft anschreiben.

«Es ist längst klar, dass diese Medien-Doppelbesteuerung verfassungswidrig ist.»

Für die KMU und ihre Inhaber ist diese Aussicht hingegen düster: Sie werden mit der SRG-Steuer doppelt abkassiert, weil sie nicht nur als Privatperson, sondern zusätzlich als Unternehmen zahlen müssen. Künftig finanzieren sie also auch noch die Ausweitung von SRG-Inhalten mit rot-grüner Schlagseite in die private Presse doppelt mit. Ein eigentlicher Skandal!

Dabei ist längst klar, dass diese Medien-Doppelbesteuerung verfassungswidrig ist. Man kann nicht gleichzeitig zu Hause und am Arbeitsplatz fernsehen respektive Radio hören. Zudem hat das Bundesgericht die jetzt geltende degressive Tarifgestaltung als nicht verfassungskonform beurteilt, weil sie gegen das Rechtsgleichheitsgebot verstösst. Kleine Unternehmen würden benachteiligt.

Diese Besteuerung wird absurderweise am Umsatz gemessen. Zwar will der Bundesrat die Umsatzschwelle im Rahmen eines eigenen Gegenvorschlags zur SRG-Initiative erhöhen. Doch das nützt vielen umsatzintensiven KMU nichts, etwa Auto- und Schmuckhändlern oder Unternehmen, die mit Rohstoffen wie Heizöl, Diesel und Benzin handeln.

Politiker ähneln Verlegern

Obwohl das alles – inklusive der Verfassungswidrigkeiten – längstens bekannt ist, hat es die zuständige Ständeratskommission mehrmals verpasst, einem vernünftigen Gegenvorschlag zur Initiative zuzustimmen, der diesen Missstand behoben und endlich alle Unternehmen von der Mediensteuer befreit hätte.

Manche Politiker ähneln eben den Verlegern: Am Sonntag predigen sie die Verfassung und wie wichtig die Entlastung der KMU sei. Am Montag oder bei der Abstimmung im Parlament tun sie das Gegenteil. Nun ja: Kommt kein genügender Gegenvorschlag zustande, können in letzter Konsequenz wenigstens die Stimmbürger an der Urne mit einem Ja zur SRG-Initiative die Notbremse ziehen und diesem Polit-Theater ein Ende setzen. Die Einigung zwischen privaten Verlegern und der SRG muss dabei als Warnschuss gelten, wohin sich die Pressevielfalt entwickeln könnte. Jedenfalls nicht zum Guten.

Rolf Hug

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