Publiziert am: 04.07.2025

Die Meinung

Die Berufslehre zieht – Ferien hin oder her

Die Meinung

Die Berufslehre ist bei den Jugendlichen nach wie vor beliebt. Gegen 70% der Schulabgängerinnen und Schulabgänger in der Schweiz, die im Sommer 2025 eine Ausbildung beginnen, interessieren sich gemäss Staatssekretariat für Berufsbildung, Forschung und Innovation SBFI für eine Berufslehre. Die Zahl der Lehrabschlüsse ist sogar leicht höher als im Vorjahr 2024. Die meisten Jugendlichen haben bereits einen Lehrvertrag in der Tasche oder eine mündliche Zusage.

Umso sonderbarer mutet die Kampagne der Gewerkschaften und des Dachverbandes der Schweizer Jugendverbände an, die zusammen mit dem Schweizerischen Lehrerverband acht Wochen Ferien für Lernende fordern (vgl. S. 3). Die Anzahl der Ferienwochen ist nicht entscheidend für die Wahl zwischen Berufslehre und Schule. Die Berufslehre kombiniert theoretisches Wissen mit praktischen Fähigkeiten und die Möglichkeit, früh in einem Betrieb Berufserfahrungen zu sammeln. Diese vielfältige Ausbildung bereitet die Absolventinnen und Absolventen einer Berufslehre solide auf den Arbeitsmarkt vor. Bester Beweis dafür ist die tiefe Jugendarbeitslosigkeit. Eine pauschale Erhöhung der Anzahl Ferienwochen über alle dualen Ausbildungen gefährdet die Lernziele und verteuert die Lehre für Lehrbetriebe, was wiederum den Anreiz schmälert, überhaupt Lehrstellen anzubieten. Acht Wochen Ferien sind abzulehnen.

Nicht nur acht Wochen Ferien haben für Stirnrunzeln gesorgt. Ein neu geschaffenes «KMU-Parlament» ist aus der Taufe gehoben worden, das erstmals im November tagen soll. 46 Unternehmerinnen und Unternehmer, zwei pro Kanton, präsentieren im November 2025 ihre Perspektiven direkt im Bundeshaus und sollen so gemeinsam zukunftsweisende Lösungen für die Wirtschaftspolitik entwickeln. Gesucht worden sind Personen, die «aktiv ihr Unternehmen prägen und eine klare Vision für die wirtschaftspolitische Zukunft der Schweiz» mitbringen. Bedingung sind unter anderem mindestens 25 Mitarbeitende oder 10 Mio. Jahresumsatz. Diese Voraussetzungen widerspiegeln die KMU-Welt in der Schweiz nicht. Die meisten Betriebe sind Unternehmen bis 10 Mitarbeitende. Ob sich diese auch repräsentiert fühlen? Eine gut funktionierende parlamentarische Gewerbegruppe für KMU-Anliegen kennt der Schweizerische Gewerbeverband sgv schon seit Jahrzehnten.

Zurück zur Berufslehre: Eine Studie von workmed zur psychischen Gesundheit von Lernenden zeigt, dass die Berufsbildung überwiegend eine sehr positive Wirkung auf das psychische Erleben von Lernenden hat. Rund 40 000 Lernende haben unter Beteiligung des sgv 2024 an einer Umfrage teilgenommen. Das Ergebnis lässt sich sehen. Grundsätzlich wird die Lehre sehr positiv erlebt. 80% der Antwortenden bestätigen, dass es ihnen «gut bis sehr gut» oder «eher gut» in der Lehre ergehe, dass sie «ziemlich» oder «sehr» erfolgreich unterwegs seien (77%), dass sie «eher» oder «sehr» stolz seien, in ihrem Lehrbetrieb zu arbeiten (85%), dass sie es «eher» oder «sehr» spannend fänden in der Lehre (85%) und dass sie «eher» oder «sehr» das Gefühl hätten, bei der Arbeit etwas Sinnvolles zu machen (89%).

Diese Rückmeldungenbestätigen die Attraktivität der dualen Berufsbildung. Dennoch ist der psychischen Verfassung von Jugendlichen in der Adoleszenzphase grosse Bedeutung zuzumessen. In diesem Alter sind viele verunsichert und auf der Suche nach ihrem Weg in die Zukunft. Die Berufslehre unterstützt sie dabei.

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