Der Lehrstellenmarkt zeigt sich auch 2025 sehr stabil. Per Ende Mai sind fast 55 000 Lehrverträge abgeschlossen worden, etwa 1300 mehr als im Vorjahr. Die Berufslehre ist ungebrochen die erste Wahl der Jugendlichen nach dem obligatorischen Schulunterricht. Rund 70 Prozent wählen diesen Weg.
Da mutet die Kampagne des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes und des Dachverbandes der Schweizer Jugendverbände für acht Wochen Ferien für Lehrlinge eher sonderbar an. Besonders irritierend ist aber, dass sich der Schweizerische Lehrerverband für eine solche Aktion einspannen lässt.
Erfolgsmodell Berufslehre
Die Schweizer Berufslehre ist ein Erfolgsmodell. Sie kombiniert theoretisches Wissen mit praktischen Fähigkeiten und der Möglichkeit, früh in einem Betrieb Berufserfahrungen zu sammeln. Diese vielfältige Ausbildung bereitet die Absolventinnen und Absolventen einer Berufslehre gut für den Arbeitsmarkt vor. Die tiefe Jugendarbeitslosigkeit in der Schweiz ist der Beweis dafür. In kurzer Zeit werden viel Stoff und berufspraktische Kenntnisse vermittelt.
Es gibt verschiedene Gründe, die Forderung nach acht Wochen Ferien abzulehnen. Eine pauschale Erhöhung der Anzahl Ferienwochen über alle dualen Ausbildungen gefährdet die Lernziele und verteuert die Lehre für Lehrbetriebe, was wiederum den Anreiz schmälert, überhaupt Lehrstellen anzubieten. Eine Lehrstellenknappheit ist zu vermeiden. Zudem benötigt der Arbeitsmarkt infolge Arbeitskräfte- und Fachkräftemangel praktisch ausgebildetes Personal. Drittens ist nicht erwiesen, dass Ferien bei den Jugendlichen das ausschlaggebende Kriterium sind. Jugendliche, die eine Lehre wählen, kennen die Anforderungen und die Bedingungen und entscheiden sich bewusst dafür.
Bezahlte Ferien für Lernende
Die Bedürfnisse und Möglichkeiten der Lernenden sind sehr individuell. Eine Verkürzung der Zeit in der Berufsschule oder im Lehrbetrieb wird gewisse Lernende zusätzlich und unnötigerweise unter Druck setzen. Im direkten Vergleich zu den vollschulischen Alternativen wie dem Gymnasium und den Fachmittelschulen ist zu berücksichtigen, dass die Ferien in der Lehre bezahlt sind. In der Schule ist das nicht der Fall.
Individuelle Branchenabsprachen möglich
Bereits heute besteht die Möglichkeit, die Anzahl Ferienwochen in Betrieben und Branchen individuell anzupassen. Deshalb spricht sich der Schweizerische Gewerbeverband sgv gegen eine generelle Erhöhung der Ferien für Lernende aus.
«Eine pauschale Erhöhung der Anzahl Ferienwochen schmälert den Anreiz, überhaupt Lehrstellen anzubieten.»
Anpassungen auf Gesetzesstufe sind nicht notwendig. Branchen- sowie unternehmensspezifische Vereinbarungen können immer getroffen werden. Auch im Einzelfall kann zwischen dem Lernenden und dem Betrieb eine für beide Seiten passende Regelung getroffen werden.
Dieter Kläy, Ressortleiter sgv