Publiziert am: 04.07.2025

Nie wieder Pflanzen giessen

BOUM AG – Das Berner Start-up hat mit seinem Pflanzenpflegesystem mit integrierter Bewässerung eine weltweit einzigartige Lösung für die Begrünung von Balkonen und Terrassen entwickelt. Boum krempelt damit den globalen Gartenmarkt um und will sein System künftig international vermarkten.

Wer kennt das nicht: Die Begrünung des Balkons mit diversen Pflanzen benötigt in der Regel Pflege und entsprechenden Aufwand, damit die Balkonpflanzen blühen und Freude bereiten. Doch schnell ist es passiert: Unaufmerksamkeit, Ferienabwesenheit – und schon welken die Blätter und die Blumen lassen die Köpfe hängen. Damit ist jetzt Schluss. «Boum» hat eine einzigartige Begrünungslösung geschaffen. Hinter dem Berner Start-up steht Gründer Matthias Erb. Nach seinem Studium an der ETHZ und dem Imperial College London hat er eine wissenschaftliche Karriere eingeschlagen und übernahm 2014 eine Professur am Institut der Pflanzenwissenschaften an der Universität Bern. Der Biologieprofessor hat zusammen mit Ludwig Auer als Spin-off der Universität Bern Boum ins Leben gerufen, um eine smarte, nachhaltige Lösung für den Anbau von Topfpflanzen zu entwickeln. Die Gründung der Boum AG erfolgte Ende 2021 zusammen mit Partnern aus dem Start-up Bereich. «Die eigene Erfahrung, dass die Balkonpflanzen den Sommer oft nicht überleben, gab uns den Impuls für die Entwicklung eines einzigartigen Bewässerungs- und Pflanzenpflegesystems», erklärt Erb. «Damit möchten wir neue Massstäbe in Sachen Benutzerfreundlichkeit und Effizienz setzen und allen Menschen ermöglichen, erfolgreich Pflanzen anzubauen und zu erleben.» Dazu kombinieren die Jungunternehmer biologisches Wissen mit moderner Technik: «Die Kombination von Ökologie, Hardware und Software ermöglicht es uns, einzigartige Begrünungslösungen zu schaffen.» Und der 43-jährige Wissenschafter konkretisiert: «Wir wollen Wissenschaft und Technik nutzen, um sinnvolle Produkte zu entwickeln, die den Menschen die Natur näherbringen. So schlagen wir eine Brücke zwischen Nachhaltigkeit und Innovation für eine bessere Zukunft.»

«Die Kombination von Ökologie, Hardware und Software ermöglicht es uns, einzigartige Begrünungslösungen zu schaffen.»

Pflanzen haben für den innovativen Biologen eine grosse Bedeutung. «Ohne Pflanzen gäbe es kein Leben auf unseren Kontinenten. Und wir Menschen wären nach einigen Wochen auch nicht mehr da. Sie sind die Grundlage unserer Existenz – und wahnsinnig faszinierende Lebewesen.» Gemäss Erb unterschätzt man ihre positive Wirkung auf uns Menschen oft. «Pflanzen erhöhen unsere Lebensqualität, sie schenken uns Ruhe und Zuversicht, und sie bringen uns ganz automatisch dazu, uns nachhaltiger zu verhalten.» Für den Verwaltungsratspräsidenten von Boum und sein Team liegt unsere Zukunft in einem guten Zusammenleben mit Pflanzen. «Insbesondere für die Städte wird es wichtig, in Begrünung zu investieren, um ihre Attraktivität zu erhalten. Pflanzen können nicht alles – aber sie machen unsere Welt schöner und lebenswerter.»

Benutzerfreundlich mit cleverer App

Das Hauptprodukt von Boum ist ein Pflanzenpflegesystem mit einer integrierten Bewässerung für Privat- und Geschäftskunden. Das System besteht aus einem sensorgesteuerten Wassertank, speziellen Töpfen mit integrierter Dochtbewässerung, einer nachhaltigen, optimierten Erde und einem digitalen Gärtnerassistenten als App. «Unser System ist einzigartig auf der Welt – es ist das erste smarte, integrierte System für Topfpflanzen, das Pflanzen ohne Strom- und Wasseranschluss vollautomatisch bewässert und pflegt», freut sich Erb. Dabei versorgt ein solarbetriebener Wassertank die Pflanzgefässe mit Wasser. Jedes Gefäss hat ein Reservoir, das über eine Pumpe im Tank einmal pro Tag mit Wasser gefüllt wird. Über Kapillardochte ziehen die Pflanzen dann genau so viel Wasser, wie sie brauchen, selbstregulierend. Dank Ultraschall-Sensoren und WLAN-Verbindung sagt der Tank über die App Bescheid, wie viele Wochen das Wasser noch reicht. Für jede Pflanze sagt die App auch Bescheid, wann sie das nächste Mal gedüngt werden muss. «Die App ist wie ein kleines Heinzelmännchen. Sie hält sich im Hintergrund, aber hilft und stellt sicher, dass es den Pflanzen gut geht. Und sie ist die direkte Verbindung zu uns», erklärt der clevere Erfinder. Über den integrierten Chat können die Kunden direkt Fragen an die Boum-Experten stellen. «Mit der Verknüpfung von Sensordaten, biologischen Datenbanken und direktem Expertenwissen ist unsere App einzigartig auf dem Markt. Sie wird sehr geschätzt.»

Das System ist äusserst benutzerfreundlich. «Es ist ideal für Leute, die viel unterwegs sind oder nicht viel Zeit und Vorwissen mitbringen, um ihre Pflanzen zu pflegen.» Auch erfahrene Gärtnerinnen und Gärtner mögen das System sehr, da sie so nicht mehr jeden Tag giessen müssen und jede Pflanze mit der optimalen Menge an Wasser versorgt wird. Auch die Zahlen sprechen für sich: «Unser System reduziert den Aufwand des Gärtnerns um 75 Prozent, den Wasserverbrauch dank Dochtbewässerung und Regenfänger um mehr als 50 Prozent und erhöht Pflanzenwachstum und Gesundheit signifikant verglichen mit beispielsweise einer Tröpfchenbewässerung», so die Gartenspezialisten.

Das System ist ein Technikprodukt, aufgebaut nach dem Vorbild der Natur. «Unsere Pflanzen kriegen das Wasser gleich wie in einem guten Gartenboden – von unten durch den kapillaren Aufstieg.» Alle Teile des Systems sind reparierbar und auf lange Lebensdauer ausgerichtet. Die Materialien sind grösstenteils aus Recyclingstoffen und die Erde ist für den Biolandbau zugelassen. Erbs Know-how als Pflanzenwissenschafter fliesst ins System ein – so kann er sicherstellen, dass es möglichst nachhaltig funktioniert. «Wir glauben an eine Zukunft, in der Technik für die Menschen und die Natur arbeitet und uns so mehr Nachhaltigkeit ermöglicht. Das Boum-System verkörpert diesen Ansatz.» Im Boum-System wächst denn auch wirklich fast alles: Gemüse, Kräuter, Blumen, Wildblumen, Zierpflanzen, und sogar Obstbäumchen – der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt. Auch Indoor-Pflanzen fühlen sich im System zusammen mit der Indoor-Erde wohl. Nur Kakteen eignen sich nicht –denn sie benötigen ja kaum Pflege.

«Wir glauben an eine Zukunft, in der Technik für die Menschen und die Natur arbeitet und uns so mehr Nachhaltigkeit ermöglicht.»

Doch wie gelangt Boum auf den eigenen Balkon? «Man bestellt sich das System bei uns und wir liefern es bequem nach Hause. In der App haben wir einfache Videoanleitungen», sagt Erb. Damit funktioniert der Aufbau einfach und unkompliziert. «Unsere Kunden sind meistens überrascht, wie einfach das geht. Die Einrichtung einer Tröpfchenbewässerung beispielsweise ist deutlich komplizierter.»

Viel Swissness undüber 1000 Kunden

Boum ist ein Premium-Produkt und hat dementsprechend auch seinen Preis. «Unser System ist deutlich benutzerfreundlicher und umweltschonender als andere Produkte auf dem Markt. Mit Boum kauft man sich nicht nur Blumentöpfe, man erhält Freude und Befriedigung, viele Jahre lang, sowie persönlicher Service – und man wird Teil einer Bewegung. Das hat seinen Preis», argumentieren die Jungunternehmer. Gemäss Erfahrung der Erfinder sind die Leute aber gerne bereit, dafür etwas zu bezahlen. «Wenn man einmal rechnet, was man bei Boum alles bekommt und wie lange so ein System Freude macht, relativieren sich die Anschaffungskosten schnell.» Langlebigkeit und Reparierfähigkeit sind den Gründern sehr wichtig. «Unsere Produkte halten das, was sie versprechen. Wir haben sie für die Kunden entwickelt – nicht für das Ego von Produktentwickler und Marketingspezialisten.» In Boum steckt eine grosse Portion Swissness. So arbeitet das Start-up mit zahlreichen Partnern aus der Schweiz wie auch aus dem internationalen Raum zusammen: Die Produkte sind unter anderem auf Brack und Galaxus und in den Gartencentern Zulauf und Rusterholz erhältlich. Die Endfertigung der Steuerungen findet bei Moser-Baer in Sumiswald statt. Das Start-up wird auch von einem tollen Netzwerk unterstützt: von Innosuisse, Be-Advanced, der Swiss Entrepreneurs Foundation und der Standortförderung des Kantons Bern. «Das ist sehr hilfreich beim Aufbau unserer Firma.»

Die Boum-Kundschaft ist so bunt wie die Pflanzen selbst – von jungen Pärchen, die in der Stadt leben, bis zu älteren Menschen mit grossen Terrassen auf dem Land ist alles dabei. Auch Immobilienfirmen wurden durch Boum schon begrünt. «Wir haben bereits über 1000 Kunden in der Schweiz – und das Echo ist richtig gut.»

Internationalen Markt erobern

Eine der grösseren Herausforderungen für das Start-up ist, erfahrene Partner zu finden, die die Idee des Bewässerungssystems aktiv unterstützen. Denn die Boum-Gründer haben sich ein ehrgeiziges Ziel gesetzt – ihr System international zu vermarkten und zu verkaufen. Gemäss Erb gibt es in der Schweiz nicht allzu viele Hardware Start-ups im Consumer-Bereich, die den internationalen Durchbruch anstreben. «Dabei haben wir in der Schweiz sehr viele attraktive Innovationen anzubieten, die in diesem Bereich global erfolgreich sein können.» Dabei sei es allerdings unerlässlich, gross zu denken. «Der Sneakerhersteller ON hat es vorgemacht», so Erb. Und er ist überzeugt: «Wir Schweizer können die Welt verändern mit unseren Ideen und Innovationen.» Corinne Remund

www.boum.garden

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