Publiziert am: 04.07.2025

Viele Chancen auf dem Markt

VERBAND SCHWEIZER PAPETERIEN – Die Branche setzt auf lokale Ausrichtung, eine grosse Auswahl und fachkundige Beratung. Dabei hilft die neue Ausbildungsstrategie «Detailhandel 2022+», die Branche zu stärken. Politisch setzt sich der Verband für gleich lange Spiesse im stationären und Onlinehandel ein und fordert weniger Regulierungen für seine Mitglieder.

Handel ist Wandel – schon seit Jahren bläst ein kühler Wind im Papeterie- und Bürobedarfsmarkt wie auch in der Spielwarenbranche. «Unsere grössten Mitbewerber sind Onlineshops, welche auf tiefere Kosten als der stationäre Fachhandel setzen», stellt Thomas Köhler, Zentralpräsident des Verbandes Schweizer Papeterien (VSP), fest. «Es ist einfacher, ein Lagerhaus mit fachlich nicht ausgebildeten Rüstpersonen zu betreiben, als ein Ladengeschäft an teurer Lage mit einer kauffreudigen Ladengestaltung und mit Fachpersonen zu führen.» Die VSP-Mitglieder behaupten sich allerdings seit Jahrzehnten im Detailhandel durch sehr ausgewogene, aktuelle, saisonale Sortimente, welche vor Ort gleich eingekauft werden können. Ein Grund für die Entstehung des Verbandes Schweizer Papeterien war die Qualität einer einheitlichen Ausbildung. «Diese Aufgabe haben viele Generationen vor uns täglich umgesetzt und in das Fachwissen der Mitarbeitenden investiert. Somit beschäftigen unsere Mitglieder gut ausgebildete Papeteristinnen und Papeteristen, welche den wichtigen Unterschied zu Grossverteilern und Internetshops ausmachen», betont Köhler.

«ein Mausklick im Internet kann den Kaufentscheid vor Ort mit der richtigen Beratung nicht ersetzen.»

Die Stärke der Branche ist klar die regionale Ausrichtung der Sortimente auf die jeweiligen Bevölkerungsschichten, das lokale und regionale Netzwerk sowie die fachlich gut ausgebildeten Mitarbeitenden auf allen Stufen. «Bei uns können die Kunden in den Papeterien und Spielwarengeschäften die Produkte anfassen, ausprobieren und gleich mitnehmen. Wo geht das sonst als im Beratungs-Fachhandel?», betont Köhler. Wir leben alle in einem digitalen Zeitalter und sind bestens vernetzt. «Doch ein Mausklick im Internet kann den Kaufentscheid vor Ort mit der richtigen Beratung nicht ersetzen», ist Köhler überzeugt. Papeterien und Spielwarenläden haben immer wieder Wege gefunden, um zu überleben. Waren früher eher klassische Büromaterialien die Umsatztreiber, hat sich dies in den Fachgeschäften hin zu Papier-Boutiquen mit grosser Auswahl an speziellen Glückwunschkarten, Farben und Lifestyle-Artikeln verändert. Dazu Köhler: «Unter unseren Mitgliedern findet man heute auch Mischbetriebe mit Bücher-, Spielwaren- oder auch Haushaltsabteilungen wie auch Fachgeschäfte mit einem Servicesortiment im Bereich Kopieren, Binden, Laminieren, Stempel und vielem mehr. Der Kreativität der Inhaber sind hier wenige Grenzen gesetzt.» Ebenso fahren die meisten Papeterien eine sogenannte Dual-Strategie und bieten dem Kunden auch die Möglichkeit an, online einzukaufen. «Die Papeterien sind sich schon seit langem bewusst, dass nur eine One-Channel-Strategie nicht aufgehen kann.» Das Ladengeschäft richtet sich mehr an private Kunden, während sich die Onlineshops eher an Industriekunden wenden. Bei den Spielwarenfachhändlern ist auch der Internetshop eher an die Bedürfnisse von Privaten ausgerichtet.

Erfolgreiche Ausbildung «Detailhandel 2022+»

Zur Kernaufgabe des Verbandes gehört die Aus- und Weiterbildung. «Wir legen grössten Wert auf eine qualitativ hochstehende Aus- und Weiterbildung auf allen Stufen, da in unserer Branche eine fachgerechte Beratung zentrale Stärke und Profilierungsmarke eines jeden Fachgeschäftes ist, um sich von den Grossverteilern abzuheben», streicht Köhler hervor. Die neue Ausbildung «Detailhandel 2022+» wird seit drei Jahren erfolgreich in der Praxis umgesetzt. Vorteile sieht Köhler darin, dass neben der Fachausbildung nun auch neue Kompetenzthemen wie Verkaufsgespräche, Gestaltung von Verkaufspunkten und Argumentieren in die neue Ausbildung eingeflossen sind. «Dies stärkt längerfristig den Fachhandel.» Der VSP hat mit der Einführung des «Blended Learnings» vor rund 15 Jahren in der Detailhandelsbranche eine Vorreiterrolle übernommen. Inzwischen wurde diese zukunftsgerichtete Lernmethode ständig weiterentwickelt. Das «Blended Learning» verknüpft auf optimale Weise die beiden Ausbildungselemente E‑Learning und Präsenzunterricht. So ergänzen sich die jeweiligen Vorteile dieser zwei Methoden zu einer sehr effizienten und zielführenden Unterrichtsform: dem orts- und zeitunabhängigen E‑Learning, welches individuelle Lernwege in einer klaren Struktur ermöglicht, und dem interaktive Präsenzunterricht, welcher von der persönlichen Beziehung, von der direkten Kommunikation sowie vom Einbezug aller Sinne lebt.

«Für viele Fachgeschäfte ist es unmöglich, jeden Tag der Woche offen zu haben.»

Zwischen 70 und 80 angehende Berufsleute schliessen jährlich ihre Ausbildung als Detailhandesfachfrau/-mann und Detailhandelsassistent/-in in der Papeterie und im Spielwarenfachhandel ab. Wie in allen Branchen spüren auch die Papeterien eine gewisse Stagnation der jungen Berufseinsteiger. Dies führt Köhler einerseits auf die zunehmende Akademisierung der Schweiz zurück und andererseits auf das veränderten Konsumverhalten. «Junge Menschen kaufen mit ihren Eltern heute eher beim Grossverteiler oder auch im Internet ein als in einem Fachgeschäft. Somit kennen viele vor der Ausbildung stehende Menschen den Fachhandel, die Leidenschaft und die Freude des klassischen Verkaufes nicht mehr», sagt Köhler. Er wünscht sich wieder mehr junge Berufseinsteiger, welche den erfüllenden Beruf Detailhandel Papeterie/Spielwaren erlernen möchten.

Gleich lange Spiesse für Online- und stationären Handel

Auf politischer Ebene ist der Verband engagiert und greift dabei auf sein bewährtes Netzwerk zurück, unter anderem agiert er erfolgreich mit dem Schweizerischen Gewerbeverband sgv zusammen. «Wir wurden bis jetzt sehr gut vom sgv unterstützt», sagt Köhler. In der Ausbildung bringt der engagierte Verband seine Anliegen bei Bildung Detailhandel Schweiz (BDS) ein, um so die Detailhandels-Ausbildung aktiv zu beeinflussen. «Dies führt längerfristig auch zum Erhalt unserer Branchen Papeterie und Spielwaren.» Ebenso fordert Köhler gleich lange Spiesse für Onlinekanäle und stationären Handel – dies bezüglich behördlicher Auflagen und Kosten.

Nachfolgeregelung als Herausforderung

Für die innovative Branche ist die Nachfolgeregelung eine Herausforderung, der sie sich stellen muss. Ebenso stellt es sich als schwierig heraus, Nachwuchs auf diversen Stufen zu finden – seien dies engagierte Mitglieder für die Mitarbeit in den Sektionen oder auch auf Schweizer Ebene. Hier wünscht sich der Zentralpräsident etwas mehr Engagement auf der politischen Ebene. Die Liberalisierung der Öffnungszeiten stellt für die vielen kleinen Mitglieder zudem eine Gefahr dar. «Für viele Fachgeschäfte ist es unmöglich, jeden Tag der Woche offen zu haben. Dies könnte generell zu einem Schwund von Fachgeschäften führen», befürchtet Köhler. Er glaubt trotzdem und auch trotz zunehmender Digitalisierung an die Branche und ihr breites Sortiment: «Ich sehe für unsere Branchen viele Chancen auf dem Markt, auch wenn die Sortimente sich wandeln. Wie schon gesagt: Handel ist Wandel und dies haben die lokalen Papeterien verstanden.» Corinne Remund

www.papeterie.ch

Das macht der VSPS

Zwei Branchen unter einem Dach

Der Verband Schweizer Papeterien (VSP) entstand in der stürmischen Zeit nach dem Ersten Weltkrieg, als sich ein neues soziales Zeitalter abzuzeichnen begann. Damals gründeten initiative Papeteristen 1919 in Basel den VSP. Hauptgründe dafür waren Herausforderungen wie Wettbewerbsverzerrungen, Produkteverfügbarkeit, Ausbildungsfragen und einiges mehr. Nebst der Interessenvertretung auf beruflicher, wirtschaftlicher und politischer Ebene, allgemeinen Branchenaufgaben und Öffentlichkeitsarbeit bietet der engagierte Verband eine breit gefächerte Palette von Mitgliedervorteilen. Dazu gehören auch das Erarbeiten von Richtlinien und Konzepten bei Themen wie EKAS, Produktesicherheit, Pandemie etc. Zur Kernaufgabe des Verbandes gehört die berufliche Aus- und Weiterbildung.

Synergie mit dem VSSD

Vor über zehn Jahren wurde der Verband Schweizer Spielwarendetaillisten (VSSD) als Fachsektion im VSP integriert. Somit vertritt der Verband heute neben Papeterien und Büromaterial-Händlern auch die meisten Spielwarendetaillisten der Schweiz. Der VSSD wird allerdings ab Januar 2026 den VSP verlassen und neu durch das Sekretariat von Handel Schweiz geführt. Die grosse Nähe der beiden Branchen äussert sich durch einen intensiven Austausch sowie bei der Ausbildung. Dort ist die Papeterie- und Spielwarenbranche in einer sogenannten Branchengruppe zusammengefasst. Bei den Papeterien sind es rund 200 Mitglieder, welche sich mehrheitlich in der Deutsch und Italienisch sprechenden Landesteilen betätigen. Hier führen fünf verschiedene Regionalsektionen die Interessen der Branche in den Statuten. Die Branche beschäftig rund 10 000 Arbeitnehmende. CR

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