Drei Jahre nach der Annahme der Initiative «Ja zum Schutz der Kinder und Jugendlichen vor Tabakwerbung» durch Volk und Stände hat das Schweizer Parlament die Revision des Tabakproduktegesetzes abgeschlossen. Das Ziel aus Sicht des Schweizerischen Gewerbeverbandes sgv war, dass Tabakwerbung für Erwachsene erlaubt bleiben soll. Die bis zuletzt im Ständerat geführten Debatten waren geprägt von den Spannungen zwischen vollständigem Verbot, der Werbefreiheit und der Wirtschaft.
Umstrittener Punkt im Printbereich
Im Mittelpunkt der Debatte stand dabei Artikel 18, der sich mit der Werbung in der Presse befasst. Der Bundesrat schlug ein striktes Werbeverbot vor, ausser für Veröffentlichungen, welche sich ausschliesslich an Fachleute der Branche oder den ausländischen Markt richteten. Der Nationalrat führte eine Ausnahme ein: Abonnementszeitungen, deren Leserschaft zu 98 Prozent aus Erwachsenen besteht, dürften weiterhin Anzeigen für Tabakprodukte veröffentlichen.
Diese Ausnahme stiess auf heftige Kritik der Ratslinken. Doch diese Vorbehalte verfingen bei der Mehrheit des Ständerats nicht. Sie folgte mit 25 zu 19 Stimmen dem Nationalrat und empfand die 98-Prozent-Regel als einen akzeptablen Kompromiss. Damit kann in rund 50 Zeitungen weiterhin Tabakwerbung geschaltet werden. Das ist besser als nichts: Schliesslich haben selbst die Initianten während der Abstimmungskampagne gesagt, dass Tabakinserate auf Innenseiten von Abonnementszeitungen für Erwachsene auch nach einem Ja zur Initiative weiterhin zulässig sein sollen.
Mobiler Verkauf: Schwerer Eingriff in Wirtschaftsfreiheit
Bedauerlicherweise wurde bei Artikel 19, Absatz 1, Buchstabe c der Minderheit gefolgt. Entgegen der Meinung der Mehrheit der Kommission beschloss der Ständerat mit 24 zu 19 Stimmen, Werbung durch mobile Verkäufer an Orten zu verbieten, die Minderjährigen zugänglich sind. Eine Ausnahme besteht nur dann, wenn die Werbung für Minderjährige weder sichtbar noch zugänglich ist.
«Damit artet der Jugendschutz faktisch in ein Verkaufsverbot durch mobile Verkäufer aus.»
Diese Entscheidung stellt eine Kehrtwende dar. Der sgv hatte vor einem solchen Verbot gewarnt, da er darin einen schweren Eingriff in die Wirtschaftsfreiheit und einen gefährlichen Präzedenzfall sieht. Damit artet der Jugendschutz faktisch in ein Verkaufsverbot durch mobile Verkäufer aus. Das ist vor allem deshalb bedenklich, weil sich diese Verkäufer bereits ausschliesslich an Erwachsene wenden und die geltenden Beschränkungen einhalten. Es stellt sich weiter die Frage, welche Produkte als nächstes Opfer eines solch rigiden Verbots werden: das Bier, die Schokolade oder der Cervelat?
Zigarren und Zigarillos: eine Ausnahme «à la suisse»
Schliesslich diskutierte das Parlament eine kuriose Bestimmung: die Werbung für Zigarren und Zigarillos. Der Bundesrat wollte diese nur an Orten erlauben, bei denen Minderjährigen der Zutritt verboten ist. Der Nationalrat erweiterte diese Möglichkeit auf alle Orte, sofern sich die Werbung ausschliesslich an Erwachsene richtet. Diese Ausnahme wurde zwar von mehreren Ständeräten als «exotisch» bezeichnet. Die Mehrheit der Kleinen Kammer folgte aber dem Nationalrat mit 23 zu 19 Stimmen.
Schliesslich kam das Gesetz in der Schlussabstimmung mit 41 Ja- gegen 2 Nein-Stimmen im Ständerat und mit 175 Ja- zu 9 Nein-Stimmen bei 13 Enthaltungen im Nationalrat durch. Das restriktive Gesetz lässt künftig nur noch kleine Spielräume für Tabakwerbung an Erwachsene.
MH