Blackout stoppen – damit wir mit mehr Optionen in die Zukunft gehen
Flankierende Massnahmen gegen EU-Regulierungen
Bei der Beurteilung der neuen Verträge zwischen der Schweiz und der EU ist Sachlichkeit geboten. Chancen wie Risiken sind nüchtern und realistisch einzuschätzen. Internationale Verträge dienen nicht der Freundlichkeit, sondern den Interessen der jeweiligen Vertragsparteien. Auch im Zusammenhang mit den neuen EU-Verträgen gilt das Bonmot von Charles de Gaulle: «Staaten haben keine Freunde, nur Interessen.»
Drei zentrale Bereiche stehen im politischen Fokus: Lohndruck, Zuwanderung und die automatische beziehungsweise dynamische Rechtsübernahme.
Im ersten Bereich, dem Lohndruck, sind durch die Weiterentwicklung der flankierenden Massnahmen die Gefahren gebannt. Auch wenn die Gewerkschaften im innerpolitischen Powerplay noch mehr herausholen möchten, haben sich diese Massnahmen im Wesentlichen bewährt.
Die Zuwanderung betrifft zwar auch wirtschaftliche Aspekte, wird jedoch von einem Grossteil der Stimmbürgerinnen und Stimmbürger vor allem gesellschaftspolitisch beurteilt. Dabei gibt es kein objektives Richtig oder Falsch, sondern unterschiedliche politische Haltungen – und diese gilt es zu respektieren.
Bleibt die dynamische Rechtsübernahme, aus meiner Sicht der riskanteste Bereich, insbesondere für die Schweizer Wirtschaft und die KMU. Leider ist es dem Bundesrat nicht gelungen, in allen betroffenen Abkommen das Äquivalenzverfahren bei der dynamischen Rechtsübernahme zu verankern. Das Äquivalenzverfahren entspricht eher den politischen Gepflogenheiten und institutionellen Abläufen der Schweiz. Während beim Äquivalenzverfahren die Schweiz neues EU-Recht in eigenständiger Gesetzgebung übernimmt, ist beim Integrationsverfahren das EU-Recht direkt anwendbar.
Während Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer den Lohndruck fürchten, sehen sich Arbeitgeber zunehmend dem Regulierungsdruck ausgesetzt – ein Druck, der durch die dynamische Rechtsübernahme massiv steigen dürfte. Zudem besteht die Gefahr, dass über diesen Mechanismus neue Regulierungen von Verwaltung, NGOs oder anderen Akteuren durch die Hintertür eingeführt werden.
Was lässt sich dagegen tun? Ähnlich wie beim Lohndruck braucht es auch gegen den Regulierungsdruck wirksame flankierende Massnahmen. Es gilt, die dynamische Rechtsübernahme im Rahmen des Schweizer Rechts klar zu begrenzen und in enge Schranken zu weisen. Nur so lässt sich eine drohende Regulierungsflut eindämmen, die bei einer Annahme der EU-Verträge auf die Schweizer KMU zukommen würde.
Konkret sehe ich folgende vier flankierende Massnahmen:
Einrichtung einer unabhängigen verwaltungsexternen Regulierungsprüfungsstelle für die dynamische Rechtsübernahme – in Anlehnung an die gescheiterte Teilvorlage im Unternehmensentlastungsgesetz. Diese Instanz könnte die Umsetzung von EU-Recht in der Schweiz kritisch überprüfen sowie ergänzend dazu auch die Arbeit der Schweizer Vertretung im gemischten Ausschuss prüfen.
Kopplung des Wachstums des Bundespersonals an einen Richtwert: Aufgrund der dynamischen Rechtsübernahme droht das Wachstum des Bundespersonals noch stärker zuzunehmen. Daher muss das Wachstum der Lohnsumme beim Bund an die Entwicklung des BIP gekoppelt oder auf maximal 1% pro Jahr begrenzt werden. Ein vergleichbares Modell als Teil der finanzpolitischen Richtwerte existiert bereits im Kanton Graubünden, eine Art «Bündner Schuldenbremse».
Gesetzliche Grundlage für die Schweizer Vertretung im gemischten Ausschuss: Zuständigkeiten, Mandate, Auswahl der Delegierten, Berichtspflichten und Entscheidungsprozesse sind im nationalen Recht verbindlich zu regeln. Das Parlament muss die Grundlagen hierfür schaffen und bei Bedarf anpassen.
Verfassungsmässige Verankerung des Vorrangs von nationalem Recht vor EU-Recht: Um sicherzustellen, dass Schweizer Gerichte im Konfliktfall nationales Recht über EU-Recht stellen, ist eine entsprechende Ergänzung in der Bundesverfassung zwingend erforderlich.
* Maurus Blumenthal ist Direktor des Bündner Gewerbeverbands.
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