Traditionelle Unternehmen aus fast allen Branchen erweitern vermehrt ihr Angebot um IT-Produkte und digitale Dienstleistungen. Sie nutzen das Potenzial der Digitalisierung für effizientere Prozesse und neue Geschäftsmodelle. Beispielsweise bieten Self-Service-Portale den Kunden schnelleren Zugang zu Informationen, oder durch digitale Schnittstellen zu Kundensystemen lassen sich Fehlerbehebungen effizienter durchführen.
Die Verlinkung zwischen Business und Risikomanagement ist oft noch nicht ausreichend etabliert – das zeigt sich in der Versicherungsberatung. Besonders heikel wird es bei der rechtlichen Verantwortung – also bei der Frage, wer bei einem Schadenfall haftet. Im Geschäftskundenbereich ist dabei das Risiko grösser, weil die Verträge dort seltener einheitlich geregelt sind.
Rechtliche Verantwortung
Sobald Unternehmen digitale Produkte oder Services anbieten, übernehmen sie zusätzliche Verantwortung. Hat eine Software Fehler, gehen Daten verloren oder werden sogar Kundendaten gestohlen, können daraus finanzielle Schäden durch Schadenersatzforderungen von Betroffenen entstehen – bei den Kunden, Partnern oder Dritten.
Haftung besteht grundsätzlich, wenn durch eigenes Verschulden ein Schaden entsteht. Juristisch spricht man dabei von einer Pflichtverletzung – entweder wurde etwas falsch gemacht oder etwas Wichtiges unterlassen. Drei Beispiele:
Die Software verursacht einen Fehler, der zu einem Betriebsunterbruch fĂĽhrt.
Durch eine Falschprogrammierung gelangen Hacker an vertrauliche Daten.
Ein sicherheitsrelevantes Update wird nicht durchgeführt, obwohl es zur Vermeidung von Störungen notwendig gewesen wäre.
Wie sich KMU schützen können
KMU müssen wissen: Sie können auch dann haftbar gemacht werden, wenn sie die Software nicht selbst entwickeln, sondern digitale Produkte oder Dienstleistungen von Dritten beziehen oder anpassen lassen. Die Verantwortung bleibt in der Regel bei dem Unternehmen, das die Software anbietet oder nutzt.
Die sorgfältige Überprüfung, Einschätzung und Anpassung der Risikolage ist das A und O für jedes Unternehmen – professionelle Unterstützung schafft dabei Sicherheit.
«Sobald Unternehmen digitale Produkte oder Services anbieten, übernehmen sie zusätzliche Verantwortung.»
Die Checkliste in der Infobox dient als Handlungsempfehlung und zeigt, welche Punkte zu prüfen sind, was vertraglich vereinbart werden sollte und welche Versicherungslösungen zur Verfügung stehen.
KMU als Abnehmer von IT-Dienstleistungen
Unternehmen müssen nicht selbst IT-Produkte anbieten – sie können auch digitale Produkte oder Dienstleistungen von Dritten beziehen, diese intern implementieren und ihren eigenen Kunden zur Verfügung stellen. Dadurch müssen sie je nach Vertragslage die Haftung übernehmen – oft ohne das notwendige Know-how oder die Mittel, um diese Risiken angemessen zu managen. Die empfohlenen Massnahmen auf der Checkliste bieten auch in diesen Fällen wertvolle Orientierung.
Chancen nutzen, Risiken managen
Für viele Schweizer KMU ist die Digitalisierung eine wichtige Chance, neue Geschäftsmodelle zu entwickeln. Doch mit der Rolle als IT-Dienstleister entstehen auch Haftungsfragen, die ernst zu nehmen sind. Ein angepasstes Risikomanagement, die sorgfältige Vertragsgestaltung und der richtige Versicherungsschutz sind entscheidend, um das Unternehmen zu schützen. KMU, die den digitalen Wandel bewusst gestalten und ihre Risiken professionell steuern, sichern so ihren langfristigen Erfolg und minimieren unerwartete finanzielle Belastungen.
Carlos Casián (Kessler & Co AG) und Carlo Pugnetti (Hochschule Luzern)
CHECKLISTE
Was ist zu tun?
Risikomanagement anpassen
Bestandesaufnahme der Produkte, Tätigkeiten und Dienstleistungen.
Sorgfältige Auswahl von Software-Partnern und Dienstleistern.
Klare Vereinbarungen mit Dienstleistern ĂĽber Haftung und Verantwortlichkeiten.
Vertragsregelungen schaffen
Generelle Haftungsbegrenzungen im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten.
Verbindliche Datenschutz- und Sicherheitsanforderungen.
Service-Level-Agreements (SLA) mit definierten Reaktionszeiten und Verantwortlichkeiten.
Versicherungsschutz prĂĽfen
Cyber-Versicherung für Eigenschäden und Datenschutz-verletzungen.
IT-Berufshaftpflicht-Versicherung bei AnsprĂĽchen Dritter infolge Pflichtverletzungen.