
Hinter den Kulissen
BUCHTIPP – Nicht weniger als 36 Jahre lang prägte Christine Davatz die Berufsbildungspolitik des Schweizerischen Gewerbeverbandes sgv und die öffentliche Debatte rund um die duale Berufsbildung.
TITELZUSÄTZE – Die Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur des Ständerates (WBK-SR) hat Ende Juni mit den Arbeiten an der Revision des Berufsbildungsgesetzes begonnen, welche eine Stärkung der höheren Berufsbildung mit sich bringt. Dabei wurden auch die Sozialpartner angehört. Der sgv machte dabei klar: Die Wirtschaft braucht eine Aufwertung der höheren Berufsbildung.
Ende April hat der Bundesrat die Botschaft zur Revision des Berufsbildungsgesetzes verabschiedet. Mit der Einführung des Professional Bachelor und des Professional Master macht er einen zukunftsträchtigen Schritt in Richtung Stärkung der höheren Berufsbildung. Die Titelzusätze bekräftigen den Wettbewerbsvorteil der dualen Berufsbildung und verhindern eine Abwertung von HF-Abschlüssen und Berufsprüfungen. Die höhere Berufsbildung ist eine Eigenheit des Schweizer Berufsbildungssystems und im Ausland häufig wenig bekannt, was die Abschlüsse im internationalen Kontext schwer kommunizierbar macht. Neben diesen Titelzusätzen soll mit der Gesetzesrevision Englisch als zusätzliche Prüfungssprache bei eidgenössischen Prüfungen und der Bezeichnungsschutz für Höhere Fachschulen eingeführt werden.
«In der Schweizer Öffentlichkeit wird Die höhere Berufsbildung systematisch verkannt.»
Zwar ist die höhere Berufsbildung in den einschlägigen Kreisen und der KMU-Wirtschaft bekannt und geschätzt. Im Ausland hingegen ist sie unbekannt, und in der Schweizer Öffentlichkeit wird sie systematisch verkannt. Oft werden die Höheren Fachschulen (HF), die zur höheren Berufsbildung gehören, in der Berichterstattung mit den Fachhochschulen (FH) verwechselt.
Die Fachhochschulen und die Universitäten haben Vorbehalte. Sie fürchten eine Verwechslung und sehen international keine Kompati-bilität. Befürchtet werden falsche Erwartungen seitens der Weiter-bildungswilligen, weil mit einem Professional Bachelor allein kein Übertritt an eine Fachhochschule möglich sein wird. Das sind aber alles Scheinargumente. Denn es geht nicht um neue Titel, die eine Ausbildung substituieren, son-dern um Titelzusätze, dank derer eine Differenzierung über den nationalen Qualifikationsrahmen und über die nationalen landessprachlichen Titel nach wie vor möglich ist.
Die landessprachlichen Titel bleiben bestehen, weshalb auch keine Verwechslung mit universitären Abschlüssen droht. Für die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber bedeutet das, dass sie sich in der Rekrutierungsphase nach wie vor an den landessprachlichen Titeln orientieren können.
Der Schweizerische Gewerbeverband sgv unterstützt die Vorlage gemäss Antrag des Bundesrates. Die Massnahmen zur Stärkung der höheren Berufsbildung (vgl. Kasten) tragen dazu bei, dass der Wirtschaft auch in Zukunft berufspraktisch ausgebildete Fach- und Führungskräfte zur Verfü-gung stehen. Jährlich stehen rund 15 000 Unternehmen vor einem Generationen- beziehungsweise einem Leitungswechsel. Personal mit den notwendigen Qualifikationen, die die höhere Berufsbildung vermittelt, ist am Arbeitsmarkt gesucht. Die Gesetzesrevision ist eine grosse Chance für die Berufsbildung, die Arbeitgebenden und die Arbeitnehmenden.
Dieter Kläy, Ressortleiter sgv
Vorlage im Ăśberblick
Einführung eines Bezeichnungsrechts «Höhere Fachschule»: Nur wer einen anerkannten Bildungsgang HF anbietet, soll sich künftig «Höhere Fachschule» nennen dürfen.
Einführung der Titelzusätze «Professional Bachelor» und «Professional Master» für die Abschlüsse der höheren Berufsbildung: Die Titelzusätze sollen die Verortung der Abschlüsse auf Tertiärstufe betonen und die Sichtbarkeit der Abschlüsse stärken. Zur Abgrenzung zu den Hochschulabschlüssen dürfen die Titelzusätze in den Amtssprachen nur zusammen mit den geschützten Titeln der entsprechenden Abschlüsse verwendet werden. In englischer Sprache sind die Titelzusätze als Teil der vereinfachten englischen Übersetzung des geschützten Titels erlaubt.
Einführung von Englisch als möglicher zusätzlicher Prüfungssprache bei Berufs- und höheren Fachprüfungen: Damit wird auf den Bedarf international ausgerichteter Branchen sowie Branchen mit Englisch als Fach- und Praxissprache reagiert, um weiteres Fachkräftepotenzial auszuschöpfen. Die Prüfungen müssen weiterhin auch in den Amtssprachen angeboten werden.
Flexibilisierung bei den Nachdiplomstudien NDS HF: NDS HF sollen künftig kein eidgenössisches Anerkennungsverfahren mehr durchlaufen müssen und eigenständig von den HF lanciert werden können.
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