Zusammen mit Bruno Weber-Gobet, dem langjährigen Berufsbildungsverantwortlichen von Travail.Suisse, bildete Christine Davatz ein starkes Team, welches die Bedürfnisse der Lehrbetriebe und Ausbildenden sowie der Lernenden in den Vordergrund rückte. Einen Einblick in die Bilanz ihres erfolgreichen Wirkens vermittelt das neu erschienene Buch «Die Arbeit hinter den Kulissen» (vgl. Kasten).
Seit 2006 gleichwertig
Die letzten 30 Jahre Berufsbildungspolitik waren eine Phase der Umwälzung, Neupositionierung und Stärkung der dualen Berufsbildung. Mit dem Berufsbildungsbericht präsentierte der Schweizerische Gewerbeverband sgv bereits 1994 seine Vorstellungen über die Entwicklung der Berufsbildung. Der Bericht fiel in die Zeit des wirtschaftlichen und politischen Umbruchs der Neunzigerjahre. Im gleichen Jahr gelang mit der Einführung der Berufsmaturität auf nationaler Ebene die Integration eines ganzheitlichen und zukunftsfähigen Berufsbildungssystems. 1996 trat das Fachhochschulgesetz in Kraft, 2004 das neue Berufsbildungsgesetz BBG.
Ein wichtiger Meilenstein war die Verfassungsrevision 2006. Seit 1994 fordert der sgv explizit die Anerkennung der Gleichwertigkeit und die Gleichbehandlung von beruflicher und akademischer Bildung. 2006 erreichte der sgv die Verankerung dieses Grundsatzes in der Bundesverfassung. Weitere Meilensteine waren das Inkrafttreten des Hochschulförderungs- und -koordinationsgesetzes HFKG 2015 und des Weiterbildungsgesetzes 2017.
Corona-Krise gemeistert
Die Corona-Krise stellte die Berufsbildung vor besondere Herausforderungen. Im Frühjahr 2020 mussten rund 70 000 Schulabgängerinnen und Schulabgänger eine Lehrstelle finden. Im Sommer 2020 standen Tausende von Lehrabgängerinnen und Lehrabgängern nach Abschluss ihrer Ausbildung an der Schwelle zum Berufsleben.
Zusammen mit Bund und Kantonen gelang es den Sozialpartnern, die Herausforderungen der Corona-Krise erfolgreich zu meistern. Die Betriebe bildeten weiter aus, Absolventinnen und Absolventen der Berufslehre konnten vorĂĽbergehend im Ausbildungsbetrieb bleiben. Das Berufsbildungssystem funktionierte ohne nennenswerte Abstriche.
Die Corona-Zeit markierte auch den Ăśbergang zur neuen nationalen Organisation der Berufsbildung mit der Tripartiten Berufsbildungskonferenz TBBK, die 2021 ihre Arbeit aufnahm und heute die Berufsbildung national steuert.
Ein grosser Dank
Die sehr lesenswerte Publikation «Die Arbeit hinter den Kulissen» vermittelt nicht nur einen Überblick über die Meilensteine der Berufsbildung in den letzten 30 Jahren, sondern gibt auch einen Eindruck in den kooperativen Geist der Zusammenarbeit zwischen Sozialpartnern, Bund und Kantonen – immer mit dem Ziel, die Berufsbildung gemeinsam weiterzubringen. Christine Davatz und Bruno Weber-Gobet haben sich zusammen mit den anderen Akteurinnen und Akteuren mit ganzen Kräften für ein funktionierendes Berufsbildungssystem Schweiz eingesetzt. Dafür gebührt ihnen grosser Dank.
Wieder an einem Wendepunkt
Auch heute steht die Berufsbildung wieder an einem Wendepunkt. Mit der Botschaft zur Förderung der höheren Berufsbildung hat der Bundesrat Ende April 2025 verschiedene Verbesserungen des dualen Berufsbildungssystems zu Händen des Parlaments verabschiedet. Kernstück der Vorlage sind die Titelzusätze «Professional Bachelor» und «Professional Master», welche die höhere Berufsbildung auf Tertiärstufe sichtbarer machen und ihr ein stärkeres gesellschaftliches Ansehen geben sollen (vgl. Artikel oben auf dieser Seite).
Unternehmen brauchen dringend Fach- und Führungskräfte. Jedes Jahr stehen rund 15 000 KMU vor einem Generationen- bzw. einem Leitungswechsel. Damit die Nachfolgeregelung gelingt, benötigen die Unternehmen nicht nur gut ausgebildete Fachkräfte in den einzelnen Branchen, sondern auch die passende Leitungskompetenz und Kenntnisse auf verschiedenen Managementgebieten.
Möge die konstruktive Zusammenarbeit und das gestalterische Wirken von Christine Davatz und Bruno Weber-Gobet ein Vorbild für die heutigen und künftigen Generationen von Sozialpartnern in der Zusammenarbeit zugunsten einer attraktiven Berufsbildung sein.
Kl
BERUFSBILDUNGSPOLITIK
30 Jahre Arbeit hinter den Kulissen
Das schweizerische Berufsbildungssystem gilt heute als eines der besten der Welt. Das war nicht immer so. In diesem Buch wird die Entwicklung des Systems in den letzten 30 Jahren nachgezeichnet. Das erfolgt durch Interviews zweier Personen, die am Geschehenen beteiligt waren: Christine Davatz (sgv) und Bruno Weber-Gobet (Travail.Suisse) haben die Interessen ihrer jeweiligen Organisationen aktiv vertreten und an den wichtigsten Diskussionen und Entscheidungen in diesem Bereich teilgenommen. Lorenzo Bonoli ergänzt ihre Schilderungen um historische Daten und Fakten.
30 Jahre Berufsbildungspolitik: Im Gespräch mit Christine Davatz und Bruno Weber-Gobet, von Lorenzo Bonoli, hep-Verlag, ISBN 978-3-0355-2866-4
www.hep-verlag.ch