Ohne Geräte und Verbrauchsmaterial ist der Betrieb einer Zahnarztpraxis oder eines zahntechnischen Labors nicht denkbar. Deshalb braucht es den Dentalhandel, der eine wichtige Funktion übernimmt. «Die Dentaldepots wollen daher mehr als nur einfache Händler sein: Sie verstehen sich als Berater, Techniker – auch bei unverhofft auftretenden Pannen – und Anbieter eines umfangreichen und stabilen Sortiments», erklärt Florian Wanner, Sekretär des Schweizer Verbandes des Dentalhandels (SVDH). Die Branche war im Kern lange Zeit stabil, einzelne Unternehmen kamen und gingen. Ein neuer grosser Player auf den Markt – Henry Schein, ein börsenkotiertes US-Unternehmen – läutete den Strukturwandel ein. Gleichzeitig befeuerten Vergleichsportale und der ganze Online-Handel, vor allem beim Verbrauchsmaterial, den ohnehin schon starken Preiswettbewerb. «Langfristig wird durch den Wettbewerb auch die Transparenz in den Kosten steigen, ähnlich wie dies in der Computerbranche der Fall war», sagt Wanner. Und er ergänzt: «Früher waren die Gerätepreise hoch, jedoch waren verschiedene Dienstleistungen, die beim Kauf eines neuen Geräts anfallen, inkludiert. Heute kosten die Geräte nur noch einen Bruchteil, dafür werden Dienstleistungen separat in Rechnung gestellt. Für Kunden ist die Transparenz allerdings tendenziell ein Vorteil.»
Mit der Digitalisierung und der Hightechmedizin haben sich Arbeitsabläufe verändert. Dazu gehören die digitalen Röntgenbilder. Früher mussten die Aufnahmen noch entwickelt werden, wozu auch immer Chemikalien verwendet wurden, die besondere Aufmerksamkeit benötigten. Heute sind Aufnahmen direkt verfügbar, was die Befundung rascher möglich macht. «Allgemein ist die Bildgebung heute auf einem sehr hohen Niveau. Auch auf dem Gebiet der 3D-Drucker ist eine Entwicklung im Gang, die das konventionelle Handwerk verändert und weiter verändern wird», erklärt Wanner.
Noch viel Potenzial mit KI
Die Digitalisierung hat aber auch allgemein Einzug gehalten: Die vielen noch bekannten Zahnarztagenden in Buchform verschwinden, die CAD/CAM-Verfahren werden immer raffinierter und präziser. Unter CAD/CAM versteht man Computer Aided-Design/Computer Aided Manufacturing, also die computerunterstützte Herstellung eines Zahnersatzes. «Bei der Befundung und Interpretation von Röntgenbildern hilft heute schon die KI, wobei hier noch viel Potenzial liegt», stellt Wanner fest. Diese technischen Errungenschaften gehen auch immer mit einer neuen Regulierung einher. «Dabei hält die Regulierung nicht immer Schritt mit dem technischen Fortschritt», stellt Wanner fest.
KV-Lehre im Dentaldepot
Der SVDH engagiert sich stark für die Aus- und Weiterbildung. So bilden die Mitglieder schon seit langem eigene KV-Lehrlinge aus, von denen einige heute in die Geschäftsleitung aufgestiegen sind. «Die KV-Ausbildung in einem Dentaldepot hat zwar nicht einen solchen Glanz wie die in einer Bank, die Tätigkeit ist jedoch interessant und abwechslungsreich. Das, zusammen mit den erwähnten Aufstiegsmöglichkeiten, macht die KV-Lehre in einem Dentaldepot zu einer versteckten Perle», freut sich Wanner (vgl. S. 14).
Weiter werden nun auch die ersten Techniker in der Branche selbst ausgebildet. Ein Mitglied, die abc dental AG, entschied sich als erstes, nicht nur auf Quereinsteiger zu setzen, sondern in Zusammenarbeit mit den Industriellen Berufslehren Schweiz (LIBS) Techniker auszubilden. «Dies wird mittelfristig zu einer Bereicherung der Branche und zu einer Erhöhung der Qualität führen», ist Wanner überzeugt.
«Die Eigenverant-wortung, die in der Schweiz hoch-gehalten wird, führt zu einer besseren Mundhygiene.»
Der Fachkräftemangel trifft auch den Dentalhandel. «Dabei müssen wir uns wappnen, den Vorteil der kurzen Wege und der kurzfristigen Verfügbarkeit der Techniker nicht aus der Hand zu geben», betont Wanner. Weitere Herausforderungen für die Branche sind der technische Wandel und die sich ändernden Ansprüche der Kunden. Sie führen dazu, dass sich die Geschäftsmodelle ändern werden. «Quersubventionen einer Sparte durch eine andere werden verschwinden, dafür werden vermehrt die real anfallenden Kosten in Rechnung gestellt», sagt Wanner. Auch der Online-Handel durch branchenfremde Plattformen wie Amazon wird vermehrt eine Rolle spielen.
Die Schweizer Dentaldepots beschränken sich im klassischen Dentalgeschäft auf das Inland. Das Ausland ist aus verschiedenen Gründen ein hartes Pflaster: Einerseits sind die Lohnkosten tiefer, womit ein Schweizer Anbieter erhebliche Wettbewerbsnachteile hat, andererseits ist die Stärke der Schweizer Dentaldepots die Tatsache, dass ihre Techniker rasch verfügbar sind.
Gegen eine obligatorische Zahnpflegeversicherung
Die Zahnmedizin ist heute nach wie vor ein freier Beruf. Im Gegensatz zur Humanmedizin, in der mit der obligatorischen Krankenpflegeversicherung ein wesentlich strengeres Korsett besteht, können die Zahnärzte noch freier ihre Preise bestimmen. Natürlich gibt es auch Sozialtarife, ebenso wie festgelegte Preisspannen für Leistungen, die zulasten von Unfall-, Invaliden- oder Militärversicherung erbracht werden. Daneben gibt es doch mehr Gestaltungsfreiheit. Allerdings ist die Zahnmedizin ein harter Markt, und die Bevölkerung ist preissensitiver geworden. «Dies führt dazu, dass der Zahnarzt noch mehr als bisher darauf erpicht ist, seine Kosten zu optimieren. Der Dentalhandel muss dieser Entwicklung Rechnung tragen», so Wanner. Eine weitergehende Regulierung lehnt er entschieden ab. Darum hat sich der SVDH auch gegen eine obligatorische Zahnpflegeversicherung eingesetzt. Dazu Wanner: «Das Beispiel der obligatorischen Zahnpflegeversicherung zeigt, wie gewisse Kreise die Eigenverantwortung der Bürger zugunsten des Staates schleifen wollen. Die Eigenverantwortung, die in der Schweiz hochgehalten wird, führt zu einer besseren Mundhygiene. Dies zeigen auch Vergleiche mit dem Ausland.» Für einkommensschwache Personen gibt es gezielte Unterstützung, die ebenfalls effizienter ist als eine Unterstützung mit der Giesskanne. «Hier soll sich der Staat auf seine Kernaufgaben beschränken und sich nicht ausbreiten», fordert Wanner. Weiter beschäftigt sich der Verband auf politischer Ebene mit föderalistischen Umsetzungen von Bestimmungen. Ein Beispiel hierzu sind die Hygienerichtlinien, die von Swissmedic erlassen worden sind. Die Kantone sind für die Kontrolle verantwortlich und interpretieren die Kriterien sehr unterschiedlich. «Dies bekommen Zahnärzte und indirekt auch die Dentaldepots regelmässig zu spüren. Wir fordern daher klare, nachvollziehbare und einheitliche Vorschriften und keine Rechtsunsicherheit.»
Die Branche hat gemäss Wanner
Potenzial: «Solange es Zahnärzte gibt, werden sie auch Geräte und Verbrauchsmaterial benötigen. Und wer Geräte betreibt, wird auch technischen Support benötigen. Darum wird es für das Angebot der Dentalhändler auch eine Nachfrage geben.»
Corinne Remund
www.svdh.ch