Publiziert am: 19.09.2025

Die Meinung

Die entscheidende Frage lautet: Worum geht es?

Die Meinung

Was haben die Angst vor «Überidentifikation», die Angst vor Schwarzarbeit und die Angst vor Chlorhühnern gemeinsam? Es sind alles Einwände, welche die Gegner von wichtigen politischen Geschäften ins Feld führen: gegen die elektronische Identitätskarte (E-ID), gegen die Abschaffung des Eigenmietwerts oder gegen einen Handelsvertrag mit den USA. Trotz der Wichtigkeit dieser Themen wird die Diskussion häufig von Nebenpunkten beherrscht. Damit diese nicht den Blick auf das Wesentliche verstellen, muss man sich einfach fragen: Worum geht’s eigentlich?

Schauen wir uns zuerst die freiwillige E-ID an: In diesen Tagen stimmt das Stimmvolk zum zweiten Mal darüher ab, ob in der Schweiz die digitale Infrastruktur für eine freiwillige E-ID zur Verfügung gestellt werden soll. Gegenüber dem ersten Anlauf, der an der Urne scheiterte, wurde die Datensicherheit weiter gestärkt. Dennoch dreht sich die Debatte darum, ob beim Einsatz der freiwilligen E-ID unnötig viele Daten übermittelt werden oder nicht. Die Antwort ist klar: Nein. Denn die Datenhoheit bleibt beim Inhalber der E-ID. Zudem ist das System so gebaut, dass sogar noch ein Warnsignal erscheint, wenn jemand einmal zu viele Daten abfragen will. Nach dieser Klärung steht die Frage im Raum: Um was geht es? Die Antwort: Um weniger Bürokratie.

Weniger Bürokratie: Zum Beispiel in der Hotellerie. Die E-ID eröffnet neue Möglichkeiten für einen effizienten digitalen Check-in-Prozess. Und sie könnte zu einem wichtigen Bestandteil eines vollständig digitalisierten Gästeprozesses werden. Will heissen: weniger Papierkram für die Hoteliers und mehr Komfort für die Gäste. Was heute zum Beispiel mit dem Meldeschein manuell erledigt wird, könnte künftig digitalisiert werden. Damit würden auch Arbeiten wie das Entziffern unleserlicher Schriften, das Korrigieren von Fehlern, das Erstellen von ID-Fotokopien etc. entfallen. Auch im Transport- und Logistikgewerbe könnten Dokumente wie Führer- oder Fahrzeugausweise digitalisiert und nahtlos mit E-Government-Diensten und Mobilitätsplattformen verbunden werden. Effiziente Prozesse helfen vor allem KMU, die Lohnkosten im Griff zu halten und Zeit zu gewinnen für Entwicklung, Produktion, Beratung oder Ausbildung. Das ist der Kern unternehmerischen Wirkens, nicht das Ausfüllen und das Kopieren von Formularen. Jedes Jahr verlieren wir rund 10 Prozent der Wertschöpfung an die Bürokratie. Die E-ID hilft, diesen Anteil zu reduzieren.

Kommen wir zur zweiten Vorlage, worüber wir am 28. September abstimmen: die Abschaffung des Eigenmietwerts. Diese soll laut den Gegnern die Schwarzarbeit fördern. Die angebliche Logik dahinter: Wer Unterhaltskosten nicht steuerlich absetzen kann, engagiert Schwarzarbeiter. Das ist sehr weit hergeholt. Die relevante Frage ist auch hier: Um was geht es? Es geht um die Abschaffung einer ungerechtfertigten Steuer auf fiktivem Einkommen. Deshalb hat die Schweizerische Gewerbekammer auch hierzu die Ja-Parole beschlossen.

Zu guter Letzt das Chlorhuhn. Vor diesem fürchten sich Gegner eines Handelsvertrags mit den USA. Um was geht es hier? Um den Zugang zum US-Markt, dem nach Deutschland zweitwichtigsten Exportmarkt der Schweiz. Wie wichtig dieser Markt ist, zeigen die Erschütterungen nach den Strafzöllen. Und wer übrigens Schweizer Poulets will, sollte sich nicht gegen Chlorhühner, sondern für die Vereinfachung von Baubewilligungen für Ställe in der Schweiz engagieren.

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