Publiziert am: 19.09.2025

Ein sehr kluger Entscheid

Sammelklagen – Der Nationalrat ist in der Frühjahrssession nicht auf die Vorlage des Bundesrates zu den Sammelklagen eingetreten. Nun hat der Ständerat in der laufenden Herbstsession ebenfalls Nichteintreten beschlossen. Damit ist das Thema vorderhand vom Tisch – auch dank des erfolgreichen Widerstands des sgv und seiner Mitglieder.

Was 2013 unter dem technokratisch anmutenden Titel «Förderung und Ausbau der Instrumente der kollektiven Rechtsdurchsetzung» begonnen hatte, findet ein vorläufiges Ende. Die damalige SP-Nationalrätin Prisca Birrer-Heimo (LU) forderte in einer Motion den Ausbau der Verbandsklage und eine neue Verbandsklage zur Geltendmachung von Ersatzansprüchen.

Hinter dieser Bezeichnung verbirgt sich eine Änderung der Zivilprozessordnung (ZPO) mit hohem bürokratischem Gefährdungspotenzial für Unternehmen. Der Bundesrat beantragte Ende November 2013 die Annahme der Motion. National- und Ständerat folgten dieser Empfehlung, worauf der Bundesrat 2017 das Anliegen im Rahmen einer ZPO-Revision in die Vernehmlassung schickte.

sgv erkannte sofort die Brisanz

Der Schweizerische Gewerbeverband sgv erkannte sofort die Brisanz und bekämpfte zusammen mit seinen Mitgliedsverbänden die ZPO-Revision. In der Folge fokussierte der Bundesrat 2020 in einer Botschaft ans Parlament auf die seit der Einführung der ZPO 2011 notwendigen Regiearbeiten und verzichtete auf die Aufnahme der Erweiterung des kollektiven Rechtsschutzes um das Instrument der Sammelklagen. Ende 2021 folgte eine neue ZPO-Revision, die nur die Erweiterung der ZPO um diese Sammelklagen beinhaltete. Der Bundesrat setzte damit die Motion Birrer-Heimo um.

Mit der Sammelklage und dem Gruppenvergleich sollte es Geschädigten ermöglicht werden, über einen Verein eine Entschädigung mit Wirkung für eine Vielzahl von Betroffenen einzugehen. Mit der Verbandsklage sollte Geschädigten auch ermöglicht werden, auf ein individuelles Gerichtsverfahren zu verzichten. Sie hätten kein Kostenrisiko mehr getragen.

Damit ein Verband klageberechtigt wäre, darf er nicht gewinnorientiert sein und muss seit mindestens einem Jahr existieren. Bereits zehn natürliche oder juristische Personen können einen Verband zur Klage ermächtigen. Davon profitieren würden Konsumentenschutzorganisationen und NGOs. Dem Missbrauch zum Nachteil der Gewerbetreibenden würde Tür und Tor geöffnet. Zu befürchten ist, dass sich kommerziell ausgerichtete Anwaltskanzleien und Organisationen zur Prozessfinanzierung auf die Einreichung von Klagen spezialisieren und den Unternehmen erheblichen Schaden zufügen.

Anziehungspunkt einer Klageindustrie

Wesentliches Erfolgselement des Wirtschaftsstandortes Schweiz ist seine Rechtssicherheit. Stabile Rahmenbedingungen sind für die Unternehmen von zentraler Bedeutung. Das zeigen die aktuellen Diskussionen um die US-Zölle. Der Zivilprozess geht von der Individualität von Kläger und Beklagtem aus. Beurteilt wird der Einzelfall. Gesucht wird eine gerechte Lösung.

«Dem Missbrauch zum Nachteil der Gewerbetreibenden würde Tür und Tor geöffnet.»

Die ZPO-Revision mit der Ausweitung der Sammelklagen käme einem weit reichenden Paradigmenwechsel gleich. In unserem Rechtssystem sind Sammelklagen sachfremd, schaffen eine Kultur des Misstrauens, werden zum Anziehungspunkt einer Klageindustrie und provozieren eine unnötige Verfahrensflut.

Dass National- und Ständerat auf eine Verpolitisierung des Rechts zu Lasten der Unternehmen nach amerikanischem Vorbild verzichten, ist ein wichtiger und richtiger Entscheid. Die Thematik dürfte damit aber noch nicht definitiv vom Tisch sein. Der Schweizerische Gewerbeverband sgv wird sich aber weiterhin gegen Vorlagen zur Wehr setzen, welche für Unternehmen schädlich sind.

Dieter Kläy, Ressortleiter sgv

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