Der Bundesrat hat Mitte Jahr Massnahmen vorgestellt, die den Schweizer Finanzplatz stärken sollen. Besonders ins Auge fällt eine Massnahme, die weitgehend unbestritten ist und das Potenzial hat, den Finanzplatz innerhalb kurzer Zeit spürbar zu stärken. Es ist entscheidend, dass solche Massnahmen prioritär behandelt und nicht unnötig aufgeschoben werden.
Sicherheit gegen Liquidität
Das übergeordnete Ziel des Bundesrates ist klar: Die Schweizer Banken sollen krisenfester werden. Dafür hat der Bundesrat verschiedene Massnahmen vorgeschlagen. Eine besonders wichtige betrifft die Notfall-Liquidität. Konkret soll es einfacher werden, Sicherheiten an die Schweizerische Nationalbank (SNB) zu übertragen, um Liquidität zu erhalten. Was auf den ersten Blick nach technischer Feinjustierung klingt, könnte sich als echter Gamechanger für die Stärkung der Finanzstabilität erweisen.
BĂĽrokratie hemmt Kriseninstrumente
In erster Linie sind die Banken selbst dafür verantwortlich, zahlungsfähig zu bleiben und ausreichend Liquidität vorzuhalten, um ihre Risiken steuern zu können. In Fachkreisen wird dies als «erste Verteidigungslinie» bezeichnet. Gerät eine Bank dennoch in Liquiditätsschwierigkeiten, greift die sogenannte «zweite Verteidigungslinie»: die Unterstützung der Schweizerischen Nationalbank (SNB).
Für systemrelevante Institute existiert mit der «Emergency Liquidity Assistance» (ELA) schon länger ein etabliertes Instrument. In diesen Kreis gehören die UBS, die Raiffeisen Gruppe, die Zürcher Kantonalbank und die PostFinance. Diese Institute sind besonders gross, und ihre Dienstleistungen lassen sich kurzfristig nur schwer durch andere Banken ersetzen.
Lösung auch für kleinere Banken
Seit 2023 steht mit der «Liquidität gegen hypothekarische Sicherheiten» (LGHS) auch eine Lösung für kleinere Banken bereit. Das bedeutet, dass auch kleine Institute gegen hypothekarische Sicherheiten Liquidität von der SNB erhalten.
Langwierig und kostspielig
So weit, so klar. Doch die Realität ist komplexer: Um am Liquiditätsprogramm der SNB teilnehmen zu können, müssen Banken diverse Vorbereitungen treffen. Einerseits müssen Hypothekarverträge mit Übertragungsklauseln ergänzt und von den Kundinnen und Kunden unterzeichnet werden. Diese Klauseln ermöglichen die Übertragung der Hypothekarforderung an die SNB. Andererseits müssen alle Papierschuldbriefe digitalisiert werden, da die SNB ausschliesslich digitale Registerschuldbriefe akzeptiert. Dieser Umstellungsprozess ist langwierig und kostspielig. Laut dem Verband Schweizerischer Kantonalbanken (VSKB) dauert es bis zu zehn Jahre, bis alle Hypothekarverträge erneuert und digitalisiert sind. Denn erfahrungsgemäss bevorzugen Banken die schrittweise Anpassung der Verträge bei Neuunterzeichnung, um eine Verunsicherung der Kundschaft zu vermeiden.
Rechtlicher Handlungsbedarf
Der Bundesrat hat das Problem erkannt. In den Eckwerten zur Änderung des Bankengesetzes sind rechtliche Vereinfachungen für die Übertragung von Sicherheiten vorgesehen, um bestehende Hürden abzubauen. Konkret sollen gezielte Anpassungen im Finanzmarktrecht ermöglichen, dass Hypotheken auch ohne Vertragsänderungen an die SNB übertragen werden können. Mit dieser Lösung liesse sich die angestrebte Stärkung der Finanzstabilität deutlich früher erreichen. Es gilt nun, diese Massnahme zu priorisieren – unabhängig von den weiteren Gesetzesänderungen, die mehr Zeit in Anspruch nehmen. Denn je schneller die Instrumente greifen, desto besser sind die Banken im Ernstfall abgesichert – und damit auch die Realwirtschaft, die auf funktionierende Kreditstrukturen angewiesen ist.
Mikael Huber, Ressortleiter sgv