Publiziert am: 05.09.2025

Klageindustrie und Verfahrensflut verhindern

SAMMELKLAGEN – Der Ständerat behandelt in der Herbstsession, ob die Schweiz Sammelklagen einführen soll. Dieser Paradigmenwechsel wäre gefährlich: Sammelklagen schaffen eine Kultur des Misstrauens und öffnen dem Missbrauch durch NGOs Tür und Tor.

Der Nationalrat ist in der Frühjahrssession 2025 gar nicht erst auf die Vorlage des Bundesrates betreffend Sammelklagen eingetreten. Jetzt beantragt auch die vorberatende Kommission des Ständerates Nichteintreten mit Blick auf die bevorstehende Herbstsession, in welcher der Ständerat das Geschäft behandelt.

Die Rechtskommission des Ständerates ist damit der Empfehlung des Schweizerischen Gewerbeverbandes sgv gefolgt und hat konkret mit 8 zu 5 Stimmen beschlossen, nicht auf die Vorlage zum kollektiven Rechtsschutz einzutreten. Das geltende Recht sehe bereits ausreichende Lösungen vor. Der Entwurf des Bundesrates bringe gewisse Risiken für den Wirtschaftsstandort Schweiz. Sie verweist insbesondere darauf, dass es ausländische Unternehmen gibt, die auf Kollektivklagen spezialisiert sind, und dass solche Verfahren enorme Kosten verursachen.

Nein zur Popularbeschwerde

Der sgv stützt diese Argumentation. Mit der Sammelklage und dem Gruppenvergleich wird es Geschädigten ermöglicht, über einen Verein eine Entschädigung mit Wirkung für eine Vielzahl von Betroffenen einzugehen. Mit der Verbandsklage soll Geschädigten auch ermöglicht werden, auf ein individuelles Gerichtsverfahren zu verzichten. Sie tragen kein Kostenrisiko mehr.

Damit ein Verband klagen kann, darf er nicht gewinnorientiert sein und muss seit mindestens einem Jahr existieren. Bereits zehn natürliche oder juristische Personen können einen Verband zur Klage ermächtigen. Davon profitieren werden Konsumentenschutzorganisationen und NGOs. Dem Missbrauch wird Tür und Tor geöffnet. Den Nachteil haben die Gewerbetreibenden. Es ist zu befürchten, dass sich kommerziell ausgerichtete Anwaltskanzleien und Organisationen zur Prozessfinanzierung auf die Einreichung von Klagen spezialisieren und den Unternehmen erheblichen Schaden zufügen.

Bundesrat will Sammelklage ausbauen

Mit einer neuen Revision der Zivilprozessordnung (ZPO) will der Bundesrat die bestehende Verbandsklage ausbauen und künftig auch die Geltendmachung von Ersatzansprüchen ermöglichen.

«Den Nachteil haben die Gewerbetreibenden.»

Bereits 2018 hat er im Rahmen einer ZPO-Revision eine kollektive Rechtsdurchsetzung gefordert, ist aber, nachdem er im Vernehmlassungsverfahren mit heftiger Gegenwehr seitens der Wirtschaftsverbände und des sgv konfrontiert war, zurückgekrebst.

Seit Dezember 2021 liegt nun eine neue Vorlage auf dem Tisch. Weil nach heutigem Recht in der Schweiz grundsätzlich jede Person ihre Rechtsansprüche individuell einklagen muss, auch wenn eine Vielzahl von Personen gleich oder gleichartig geschädigt ist, schlägt der Bundesrat die Ausweitung der Verbandsklage vor. Sie soll der Durchsetzung von Ersatzansprüchen bei sogenannten Massen- und Streuschadensfällen dienen.

sgv fordert vom Ständerat Nichteintreten

Wesentliches Erfolgselement des Wirtschaftsstandortes Schweiz ist seine Rechtssicherheit. Stabile Rahmenbedingungen sind für unsere Unternehmen von zentraler Bedeutung. Der Zivilprozess geht von der Individualität von Kläger und Beklagten aus. Beurteilt wird der Einzelfall. Gesucht wird eine gerechte Lösung.

Die ZPO-Revision mit der Ausweitung der Sammelklagen käme einem Paradigmenwechsel gleich. Sammelklagen sind in unserem Rechtssystem sachfremd, schaffen eine Kultur des Misstrauens, werden zum Anziehungspunkt einer Klageindustrie und provozieren eine Verfahrensflut. Auf eine Verpolitisierung des Rechts zu Lasten der Unternehmen nach amerikanischem Vorbild können wir verzichten. Der sgv fordert analog dem Beschluss des Nationalrates vom Ständerat, gar nicht erst auf die Vorlage einzutreten.

Kl

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