Das Parlament hat in der Herbstsession wichtige Entscheidungen im AHV-Dossier gefällt. Der Nationalrat hat beschlossen, auf eine Erhöhung der Lohnbeiträge zu verzichten und die 13. AHV-Rente durch eine befristete Erhöhung der Mehrwertsteuer zu finanzieren. Diese Lösung ist das kleinere Übel und dem Vorschlag des Ständerats deutlich vorzuziehen. Die kleine Kammer hatte im Frühjahr entschieden, sowohl die Mehrwertsteuer als auch die Lohnbeiträge zu erhöhen. Sie wollte neben der 13. Rente zugleich noch die Abschaffung des AHV-Rentenplafonds für Ehepaare finanzieren, wie es eine Volksinitiative der Mitte fordert.
Für die KMU ist dieser Verzicht auf eine Erhöhung der Lohnnebenkosten eine gute Nachricht. Dennoch ist Vorsicht geboten: Die Erhöhung der Mehrwertsteuer schmälert die Kaufkraft und bremst den Konsum, was auch die Unternehmen trifft. Doch viel entscheidender ist einmal mehr: Es handelt sich um keine nachhaltige Lösung für das strukturelle Problem der AHV.
Belastung fĂĽr KMU verringern
Vor diesem Hintergrund hat der Ständerat das Postulat von Mitte-Ständerat und sgv-Präsident Fabio Regazzi angenommen. Der Vorstoss sieht die Einsetzung einer unabhängigen Expertengruppe vor, welche die Einnahmen und Ausgaben der AHV sowie mögliche Szenarien zur Verlängerung der Erwerbstätigkeit gründlich analysieren soll. Ziel ist es, eine glaubwürdige und nachhaltige Reform vorzubereiten, die die finanzielle Belastung für die jungen Generationen und die KMU verringert und gleichzeitig die Bedürfnisse der Versicherten und des Arbeitsmarktes berücksichtigt.
Parallel dazu diskutiert das Parlament den Entwurf des Bundesrats zur Modernisierung der Witwenrenten. Dieser beseitigt eine Ungleichbehandlung von Männern und Frauen, indem er lebenslange Renten für Personen abschafft, die noch im erwerbsfähigen Alter sind. Die Leistungen sollen künftig nach der familiären Situation und der tatsächlichen Betreuung von Kindern gewährt werden – und nicht mehr allein aufgrund des Zivilstands. Härtefälle bleiben durch Ergänzungsleistungen abgedeckt. Diese Anpassung erhöht die Kohärenz des Systems und ermöglicht Einsparungen bei der AHV.
Die nationalrätliche Sozialkommission (SGK-N) hat jedoch beschlossen, diese Reform mit der Frage des AHV-Rentenplafonds für Ehepaare zu verknüpfen.
«Für die KMU ist der Verzicht auf eine Erhöhung der Lohnbeiträge eine gute Nachricht.»
Dies mit dem Ziel, einen Gegenvorschlag zur Initiative der Mitte zu erarbeiten. Die Abschaffung des Plafonds für Neurentner würde jedoch bis ins Jahr 2040 zusätzliche Kosten von mehreren hundert Millionen Franken verursachen, ohne dass damit ein konkretes soziales Bedürfnis gedeckt würde. Eine solche Massnahme würde das Defizit der AHV weiter verschärfen und neue Ungleichgewichte unter den Versicherten schaffen.
Basierend auf Gesamtsicht
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass in der Herbstsession zwei wichtige Entscheide gefällt wurden: der vorläufige Verzicht auf eine Erhöhung der Lohnbeiträge zur Finanzierung der 13. Rente sowie die Einleitung einer grundlegenden Analyse der Zukunft der AHV durch die Annahme des Postulats von Fabio Regazzi.
Die vom Bundesrat vorgeschlagene Modernisierung der Hinterlassenenrente reiht sich ebenfalls in diese Dynamik ein. Nun gilt es, eine strukturelle Reform der AHV zu erarbeiten, die auf einer Gesamtsicht basiert. Sie muss nachhaltig, finanziell ausgewogen und gerecht sein – um das Vertrauen der Versicherten zu stärken und unser Vorsorgesystem zu festigen.
Simon Schnyder, Ressortleiter sgv