Die derzeit in Vernehmlassung befindliche Reform der Wettbewerbsbehörden in der Schweiz sieht vor, die Zahl der Mitglieder der Wettbewerbskommission (WEKO) von zwölf auf fünf bis sieben zu reduzieren. Auch wenn das erklärte Ziel darin besteht, die Effizienz und Professionalität der Institution zu verbessern, wirft diese Massnahme doch grundlegende Fragen auf. Für den Schweizerischen Gewerbeverband sgv und andere Vertreter der Gesellschaft gefährdet diese Reduzierung die Legitimität der WEKO selbst – zum Nachteil der KMU und verschiedener Akteure der Wirtschaft, die letztlich die Stärke des Schweizer Systems ausmachen.
Einzigartiges Gleichgewicht
Die WEKO verkörpert heute mit ihren 12 Mitgliedern, die auch Verbraucher, KMU, Gewerkschaften, Landwirte und Grossunternehmen vertreten, ein einzigartiges Gleichgewicht. Diese pluralistische Zusammensetzung gewährleistet, dass die Entscheidungen die vielfältigen Realitäten der Schweizer Wirtschaft berücksichtigen – etwas, das Anwälte und Professoren allein nicht widerspiegeln könnten. Eine Verringerung dieser Zahl birgt die Gefahr, dass sich die Kommission zu einem kleinen Expertenkreis entwickelt, der keinen Bezug mehr zu den konkreten Herausforderungen der Wirtschaft hat. Die gesellschaftliche Legitimität der WEKO beruht gerade auf dieser Vielfalt – deren Abschaffung würde unweigerlich das Vertrauen in die Entscheidungen der Wettbewerbshüter schwächen.
Auch Praktiker gefragt
Der Bundesrat begründet die vorgeschlagene Reduzierung mit der Notwendigkeit, die Institution zu «professionalisieren». Fachwissen beschränkt sich jedoch nicht nur auf juristische oder wirtschaftliche Kompetenzen. Ein Mitglied aus dem Handwerk oder der Landwirtschaft bringt praktische Kenntnisse und ein Gespür für die Herausforderungen vor Ort mit, die kein Jurist, Anwalt oder Professor, so kompetent er auch sein mag, ersetzen kann. Darüber hinaus geraten Vertreter der verschiedenen Wirtschaftsakteure weitaus seltener in Interessenkonflikte als Selbstständige oder Mitglieder des Sekretariats, die manchmal mit den betroffenen Unternehmen verbunden sind. Eine erweiterte Kommission ermöglicht daher eine bessere Rotation und eine Verringerung des Risikos der Befangenheit – ein Vorteil, den die Reform ohne triftigen Grund gefährdet.
Nicht Luxus, sondern nötig
Die Vielfalt der Mitglieder der WEKO ist kein Luxus, sondern eine Notwendigkeit für ausgewogene Entscheidungen. Eine Reduzierung ihrer Zahl auf fünf bis sieben Mitglieder würde zu einer Verarmung der internen Debatten und einer Einschränkung des Meinungsaustauschs führen. Die Entscheidungen könnten theoretischer werden, weniger in der wirtschaftlichen Realität verankert sein und potenziell anfälliger für Voreingenommenheit oder Druck von aussen werden. Tatsächlich müssten sich diese Mitglieder zu 40 Prozent ihrer beruflichen Tätigkeit den Angelegenheiten der WEKO widmen. Welcher renommierte Anwalt oder Professor könnte über einen Zeitraum von maximal 12 Jahren so viel Zeit aufwenden, ohne seinen Beruf zu vernachlässigen? Die Rechnung geht nicht auf.
IrrefĂĽhrende Argumentation
Das Argument, dass eine kleinere Kommission die Verfahren beschleunigen würde, ist irreführend. Die derzeitigen Verzögerungen sind nicht auf die Grösse der WEKO zurückzuführen, sondern auf strukturelle Probleme wie die fehlende Trennung zwischen Untersuchung und Entscheidung oder die Überlastung des Bundesverwaltungsgerichts (BVGer).
Statt die Repräsentativität zu opfern, wäre es viel effektiver, die Rollen innerhalb des Sekretariats und der Kommission neu zu organisieren und einige Richter des BVGer zu spezialisieren. Die Verringerung der Mitgliederzahl löst keines dieser Probleme – sie verschärft sie sogar, indem sie die Macht in wenigen Händen konzentriert, was die Qualität und Legitimität der Entscheidungen beeinträchtigen könnte.
Vielfalt der Perspektiven wichtig
Der sgv lehnt eine Verkleinerung der WEKO entschieden ab und wird logischere Lösungen vorschlagen. Ohne eine Vielfalt an Perspektiven besteht die Gefahr, dass interne Debatten an Substanz verlieren und Entscheidungen weniger fundiert ausfallen.
Mikael Huber, Ressortleiter sgv