Publiziert am: 03.10.2025

Überregulierung belastet Branche

AUTO-SCHWEIZ – Im Pendlerland Schweiz ist der flüssige individuelle und gewerbliche Verkehr zentral für eine Weiterentwicklung des Werkplatzes. Der Verband der Automobil-Importeure stellt sich den grossen Heraus­forderungen wie der Über­regulierung. Gerade auf dem Weg zu Netto-Null wird die Autowirtschaft abgewürgt und verursacht hohe Kosten für KMU und Bevölkerung.

Die Automobil-Importwirtschaft ist eine tragende Säule der Schweizer Volkswirtschaft, stellt sie doch im Pendlerland Schweiz die individuelle und gewerbliche Mobilität sicher: «Mit einem Einfuhrwert von über 11 Milliarden Franken pro Jahr ist sie unter den Top 3 der Schweizer Importwirtschaftssektoren», stellt Thomas Rücker, Direktor von auto-schweiz, fest. Die Automobilwirtschaft baut durch technologischen Fortschritt und den Druck des Souveräns in Richtung Netto-Null das Angebot an emissionsarmen oder emissionsfreien Fahrzeugen massiv aus. «Diese Transformation nimmt aber viel mehr Zeit in Anspruch als vom Regulator erwartet, daher braucht es mehr Marktrealität und weniger Klimaideologie in der CO2-Gesetzgebung», sagt Rücker. Die Branche ist wettbewerbsintensiv: Es gelangen laufend neue Produkte und Akteure auf den Markt.

«Es brauchtmehr Marktrealität und weniger Klimaideologie in der CO2-Gesetzgebung.»

Zurzeit bläst ein rauer und kalter Wind in der Automobilimportwirtschaft: Sie ist schlecht ins neue Jahr gestartet. Verantwortlich dafür sind neben geopolitischer Unsicherheit vor allem die konjunkturellen und wirtschaftlichen Aussichten, kombiniert mit den ungenügenden regulatorischen Rahmenbedingungen. So wurden die Unsicherheiten im Bereich der verschärften CO2-Grenzwerte für Nutzfahrzeuge noch verstärkt. «Unsere Mitglieder spüren diese Unsicherheiten durch die beabsichtigte Änderung der leistungsabhängigen Schwerverkehrsabgabe (LSVA) und die Ersatzabgabe für Elektrofahrzeuge unmittelbar», erklärt Rücker. Ein Lichtblick ist hingegen der hohe Anteil elektrisch betriebener Lastwagen in der Schweiz, der in Europa eine Spitzenposition einnimmt. «Die Anreizmodelle belohnten bisher Unternehmer, in diese teurere Fahrzeugtechnik zu investieren. Die vom Bundesrat geplanten Änderungen bedrohen nun den Hochlauf der E-Mobilität», ärgert sich Rücker.

Zahlreiche Unsicherheiten

Die Überregulierung ist zudem ein grosses Problem in der Branche. Sie ist zusammen mit der wirtschaftlichen Unsicherheit dafür verantwortlich, dass die Zulassungszahlen von Personenwagen in der Schweiz, anders als in der EU, noch immer mehr als 20 Prozent hinter den Zahlen vor der Coronapandemie liegen. Dazu Rücker: «Unsere Mitglieder erwarten dieses Jahr rund 230 000 Neuzulassungen bei den Personenwagen. Damit würden wir gegenüber dem bereits schwachen Vorjahr 4 Prozent Volumen einbüssen. Von den 300 000 jährlichen Fahrzeugverkäufen vor der Pandemie sind wir jedoch noch weit entfernt.» Die Überregulierung hat viele Facetten. «Wir setzen uns jeweils für pragmatische Lösungen ein – beispielsweise bei der Versicherungsvermittlung.» Die Kunden können beim Kauf eines Autos beim Garagisten oft auch eine Versicherung abschliessen. Seit 2024 werden für die Zulassung eine Fachprüfung und regelmässige Weiterbildung verlangt, die alle zwei Jahre rezertifiziert werden. «Der Garagist wird wie ein hauptberuflicher Versicherungsvermittler behandelt – das ist übertrieben», so Rücker. Ein weiteres Beispiel für unnötige Regulierung ist die Energieetikette, die jedes Jahr neu eingeteilt wird. Dem hohen administrativen Aufwand steht wenig Nutzen gegenüber: «Obwohl ein reines Elektroauto einen hohen Wirkungsgrad besitzt und null CO2 Emissionen hat, ist es nicht automatisch in der besten Klasse (A). Das verstehen die Kunden nicht.» Und Rücker doppelt nach: «Das heutige CO2-Sanktionsregime basiert nicht auf dem tatsächlichen Verbrauch, sondern auf theoretischen Werten, und dies erst noch verzögert. Die daraus entstehenden Unsicherheiten belasten die Automobilwirtschaft stark.» Die staatlichen Sanktionen in der Schweiz auf dem Weg zu Netto-Null sind eine grosse Herausforderung für die Mitglieder. Während die EU eine sanktionsfreie Politik bezüglich Netto-Null verfolgt und dafür sogar eine Deregulierungsinitiative startet, um die europäische Automobilwirtschaft wettbewerbsfähiger zu machen, leidet die Schweiz unter Überregulierung und einem sich verschärfenden «Swiss Finish» bei der aktuellen CO2-Verordnung. Dazu kommen überdurchschnittlich hohe Energiepreise. Die Autowirtschaft steht hinter dem Netto-Null-Ziel der Klimaneutralität bis 2050. Aber um diesen Wandel zum Erfolg zu führen, braucht es gemäss Rücker marktwirtschaftlich orientierte Rahmenbedingungen statt staatlicher Sanktionen. «Gesetzliche Vorgaben zur Angebotslenkung allein werden den Wandel nicht herbeiführen. In diesem Jahr sollten 50 Prozent der PW-Neuzulassungen emissionsfrei fahren. In der Realität stehen wir bei rund 30 Prozent.» Hält der Bund an diesen unrealistischen CO2-Zielen fest, drohen den Automobilimporteuren allein in diesem Jahr Sanktionszahlungen in dreistelliger Millionenhöhe. Dies wird Auswirkungen auf Arbeitsplätze und Lehrstellen haben, aber auch Privatleute und Gewerbekunden werden darunter leiden, weil die Mobilität wegen der höheren Kosten teurer wird. «Der aktuelle Reduktionspfad für CO2 muss zwingend marktrealistischer gestaltet werden», sagt Rücker. Zudem ist die Abgabenlast drastisch zu senken: Mehr als 12,7 Milliarden Franken zahlen die Automobilisten jedes Jahr an den Staat. «Aber nur 8,8 Milliarden Franken fliessen tatsächlich in den Strassenverkehr zurück. Der Rest wandert in den allgemeinen Staatshaushalt und finanziert sachfremde Ausgaben», gibt Rücker zu bedenken.

E-Mobilität voranbringen

Fahrzeuge mit alternativen Antrieben sind derzeit wenige auf den Schweizer Strassen unterwegs. So stagnieren bei den Neuzulassungen in den ersten acht Monaten 2025 die sogenannten Steckerfahrzeuge (20,5 Prozent rein elektrische und 10,7 Prozent Plug-in-Hybrid-Fahrzeuge) bei 31,2 Prozent Marktanteil. Trotz mehr als 200 attraktiven Modellen im Angebot halten sich die Konsumenten bei grossen privaten Investitionen zurück.

«DAs auto ist und bleibt das meistgefragte Transportmittel.»

«Dabei spielt die Konjunktur eine Rolle, aber auch das Fehlen eines funktionierenden Ökosystems», weiss der auto-schweiz-Direktor. Die Automobilhersteller investieren Milliarden Franken in neue, emissionsarme Autos und haben in allen Preisklassen attraktive Produkte entwickelt – jetzt sind weitere Akteure gefordert, um die E-Mobilität voranzubringen: «die Finanzpolitik mit steuerlichen Anreizen, die Energieunternehmen mit kostengünstigem Strom sowie die Hauseigentümer, indem sie den Mietern Zugang zu Ladestationen gewähren».

Im Zusammenhang mit der E-Mobilität sind die ausgedienten Lithium-Ionen-Batterien immer wieder ein Thema. Dabei leisten die von auto-schweiz gegründete Stiftung Auto Recycling Schweiz und die Genossenschaft sestorec wichtige Beiträge und stehen für Branchenlösungen ein. «Für das Recycling von Traktionsbatterien und die Verwertung von alten Fahrzeugen im Allgemeinen ist in der Schweiz vorgesorgt. In der Schweiz gibt es bereits auf Hochvoltbatterien spezialisierte Unternehmen, welche die Wertstoffe zu über 97 Prozent zurückgewinnen können.»

Autofeindliche Politik bekämpfen

Der engagierte Verband setzt sich auf politischer Ebene für die Gleichberechtigung der Verkehrsträger und für bezahlbare Mobilität ein. «Dazu gehört unser starkes Engagement für eine technologieoffene Weiterentwicklung der CO2-Regulierung, die sich mehr auf Marktrealitäten stützen muss, damit Fortschritt in unserem Land möglich bleibt», so Rücker. Und er betont: «Wir bekämpfen zudem dezidiert die autowirtschaftsfeindliche Politik in den Städten, weil sie den Standort Schweiz gesamthaft schädigt.» Der Direktor von auto-schweiz zieht jedoch eine positive Zukunftsbilanz für die Branche: «Wir vertreten Hochtechnologieprodukte in einer dynamischen Branche mit vielen Investitionen. Das Auto ist und bleibt das meistgefragte Transportmittel. Es sichert die individuelle Mobilität und bleibt für Gütertransporte das Mittel der Wahl, dazu ist es eigenfinanziert.» In der Schweiz fahren heute rund 4,8 Millionen Fahrzeuge, die im Schnitt 10½ Jahre alt sind. «Wir erwarten daher kontinuierlichen Ersatzbedarf und weitere Quantensprünge bei Technologie und Digitalisierung bis hin zum autonomen Fahren. Die Autoreise geht also weiter – und das emissionsärmer als in der Vergangenheit.»

Corinne Remund

www.auto-schweiz.ch

DAS MACHT AUTO-SCHWEIZ

Alle Verkehrsträger sind gleichberechtigt

auto-schweiz, die Vereinigung Schweizer Automobil-Importeure, wird bald 50 Jahre alt. Im Jahr 1977 schlossen sich die offiziellen Generalimporteure von Personen- und Nutzfahrzeugen in der Schweiz und im Fürstentum Liechtenstein zusammen, um ihre Interessen gegenüber Behörden, Politik und Öffentlichkeit gemeinsam zu vertreten. Die Vereinigung Schweizerischer Automobil-Importeure hat sich im Jahr 2001 umbenannt in «auto-schweiz Vereinigung Schweizer Automobil-Importeure». Der Verband vertritt die Interessen der Autoimportwirtschaft, insbesondere in der Verkehrs-, Infrastruktur-, Finanz- und Umweltpolitik. Er setzt sich dafür ein, dass alle Verkehrsträger in der Schweiz gleichberechtigt sind und die Bürger ihr Verkehrsmittel frei wählen können. Ebenso engagiert sich auto-schweiz für die individuelle und gewerbliche Mobilität und schafft damit erheblichen Mehrwert für den Wirtschaftsstandort und Werkplatz Schweiz. Zudem setzt sich der Verband ein für eine technologieoffene Mobilität sowie eine Kreislaufwirtschaft zur umweltgerechten Entsorgung von Fahrzeugen. Dazu erbringt der Verband Dienstleistungen für die Mitglieder und die Öffentlichkeit, unter anderem in den Bereichen Verkehrs- und Umweltpolitik, Statistik sowie Motorfahrzeugtechnik.

Über 90 Prozent des Gesamtmarktes abgedeckt

Die 39 Mitglieder verantworten den offiziellen Import von 61 Fahrzeugfabrikaten in den Produktsegmenten Personenwagen, leichte und schwere Nutzfahrzeuge (inkl. Busse). Die Bandbreite der Mitglieder reicht von grossen Handelsgruppen wie AMAG, Astara und Emil Frey bis zu kleineren KMU-Fahrzeugimporteuren. Sie decken weit über 90 Prozent des Gesamtmarkts ab. Die Branche beschäftigt inklusive der Wertschöpfung der Zulieferindustrie und des Garagengewerbes über 100 000 Mitarbeitende. Die Mitglieder vertreiben über rund 4000 Markenhändler Fahrzeuge im Einfuhrwert von über 11 Milliarden Franken pro Jahr. CR

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