Publiziert am: 03.10.2025

Arbeit muss sich lohnen

ARBEITEN NACH 65 – Eine nachhaltige Reform der AHV muss eine schrittweise Anhebung des Referenzalters mit starken steuerlichen und sozialen Anreizen verbinden. Nur so lassen sich «Alte» im Arbeitsprozess halten.

Die Herausforderungen, denen sich die AHV aufgrund der demografischen Alterung gegenübersieht, erfordern strukturelle Lösungen und keine einfachen Notlösungen. Die schrittweise Anhebung des Referenzalters ist der zentrale Punkt jeder verantwortungsvollen Reform: Angesichts der stetig steigenden Lebenserwartung wäre es unrealistisch, ein festes Rentenalter beizubehalten. Diese Massnahme ist zwar unerlässlich, muss jedoch mit echten und wirksamen Anreizen einhergehen, die direkt auf die individuellen Entscheidungen abzielen. Das Grundprinzip ist einfach: Arbeit muss sich lohnen.

Eine einfache Rechnung

Wenn eine Person, die kurz vor dem Rentenalter steht, erwägt, weiterzuarbeiten, bewertet sie nicht nur das zusätzliche Einkommen, das sie erwarten kann, sondern vor allem auch, was ihr nach Steuern und Sozialabgaben tatsächlich netto bleibt. Die Auswirkungen der Abgaben sind in dieser Lebensphase besonders entscheidend, da die Betroffenen über eine glaubwürdige und attraktive Alternative verfügen: den sofortigen Eintritt in den Ruhestand.

Diese Berechnung ist umso entscheidender, als für Menschen, die kurz vor dem Ruhestand stehen, der Rückzug aus dem Arbeitsmarkt nicht nur möglich, sondern oft auch attraktiv ist. Sie wägen daher sehr sensibel den Gewinn eines zusätzlichen Einkommens gegen die Möglichkeit ab, über freie Zeit ohne Steuer- und Sozialabgaben zu verfügen. Je höher der Anteil der Abgaben ist, desto rationaler erscheint die Option, sich aus dem Arbeitsmarkt zurückzuziehen. Umgekehrt würde ein ausreichend attraktiver Steuerabzug auf Einkünfte, die nach Erreichen des Referenzalters erzielt werden, die Situation verändern.

Ein doppelter Gewinn

Durch die sofortige Sichtbarkeit des Vorteils, erwerbstätig zu bleiben, würde eine solche Massnahme die Attraktivität der Arbeit erhöhen, die Wirtschaftstätigkeit produktiver und erfahrener Arbeitnehmer steigern und sich letztlich positiv auf die Steuereinnahmen selbst auswirken. Der positive Kreislauf wäre doppelt: Die Menschen würden einen greifbaren Gewinn erzielen, und die öffentlichen Finanzen würden von einer breiteren Basis profitieren.

Beitragsbefreiung würde helfen

Der andere entscheidende Hebel betrifft die Sozialversicherungsbeiträge. Heute müssen Personen, die über das Referenzalter hinaus weiterarbeiten, weiterhin AHV-Beiträge entrichten, obwohl diese keine zusätzlichen Ansprüche mehr begründen. Die bestehende Beitragsbefreiung mildert diese Belastung teilweise, ist jedoch zu gering, um eine signifikante Wirkung zu erzielen. Eine Anhebung oder gar eine allgemeine Einführung dieser Befreiung wäre ein starker Anreiz. Das Arbeiten über das 65. Lebensjahr hinaus würde finanziell attraktiv, da das Einkommen aus einer Nebentätigkeit nicht mehr von vornherein durch Abgaben ohne Gegenleistung geschmälert würde.

Für beide Seiten hilfreich

Solche Massnahmen hätten auch positive Auswirkungen für die Unternehmen. Wenn mehr Senioren im Erwerbsleben bleiben, lohnt es sich für Arbeitgeber, in die Weiterbildung von Mitarbeitern zu investieren, die sich dem offiziellen Rentenalter nähern. Anstatt als Ressourcen am Ende ihrer Laufbahn betrachtet zu werden, könnten diese Arbeitnehmer ihre Kompetenzen erhalten und weiterentwickeln. So bliebe ihre Produktivität erhalten und ihre Erfahrung käme weiterhin der Wirtschaft zugute.

Integrierter Ansatz gefragt

Letztendlich muss eine nachhaltige Reform der AHV eine schrittweise Anhebung des Referenzalters mit starken steuerlichen und sozialen Anreizen verbinden. Eine Beschränkung auf interne Anpassungen des Rentensystems, wie beispielsweise die Gewährung von Zulagen für Personen, die ihre Erwerbstätigkeit verlängern, wird nicht ausreichen, um die demografische Herausforderung zu bewältigen. Nur ein integrierter Ansatz, der die Arbeit nach dem Rentenalter konkret attraktiv macht, wird es ermöglichen, die Alterung der Bevölkerung in eine Chance für die Gesellschaft und die Wirtschaft zu verwandeln.

ssc

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