Die bereits vom Nationalrat in der vergangenen Herbstsession beschlossene Änderung des Hochschulförderungs- und ‑koordinationsgesetzes (HFKG) eröffnet den Fachhochschulen die Möglichkeit, in den Bereichen Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik (MINT) Bachelorstudiengänge anzubieten, in denen die Praxiserfahrung in der Arbeitswelt integriert ist. Dieses Angebot wurde zwar während ein paar Jahren in einem Pilotversuch getestet, weshalb eine gesetzliche Grundlage auf Verordnungsstufe gereicht hat. Allerdings wurden die ursprünglichen Zielsetzungen dieses praxisintegrierten Bachelorstudienganges (PiBS) – eine signifikante Erhöhung der Anzahl MINT-Fachkräfte und des Frauenanteils in diesen Berufen – nicht erreicht.
Eine Wirkungsanalyse aus dem Jahr 2023 weist für diese Gesetzesänderung nur eine sehr schmale gesamtwirtschaftliche Legitimation aus. Es ist davon auszugehen, dass sich auch in naher Zukunft daran nichts ändern wird und das Mengengerüst der Studierenden eher bescheiden bleiben wird.
Kommission des Ständerates für Gesetzesänderung
Vor wenigen Tagen hat sich die Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur des Ständerates WBK-S mit der Vorlage befasst. Sie beantragt dem Ständerat für die kommende Wintersession Zustimmung zur HFKG-Änderung. «Die Kommission zeigt sich von der Wirksamkeit dieses Ausbildungsmodells überzeugt und hat sich mit zehn zu zwei Stimmen für die Gesetzesänderung ausgesprochen», wie sie verlauten lässt. Mit sieben zu vier Stimmen bei einer Enthaltung beantragt sie zudem, der Evaluation grössere Bedeutung beizumessen: Sollte der Hochschulrat unerwünschte Effekte feststellen, wird der Bund beauftragt, erneute Verhandlungen über die Ausgestaltung der Bachelorstudiengänge mit integrierter Praxis einzuleiten oder das Angebot gegebenenfalls ganz einzustellen.
sgv lehnt Gesetzesänderung ab
Der sgv begrüsst Massnahmen zur Minderung des Fachkräftemangels im MINT-Bereich und insbesondere zur Erhöhung des Frauenanteils in diesem Berufsfeld, sieht aber die Grundlage für diese Entwicklung in der dualen Berufsbildung. Um die Qualität des dualen Berufsbildungssystems zu sichern, ist es entscheidend, dass die unterschiedlichen Profile zwischen Fachhochschulen und Hochschulen auf der Tertiärstufe A klar erhalten bleiben. Jugendliche, die über das PiBS in die Berufsbildung integriert werden, hätten beim Übergang von der Sek I zur Sek II für die Berufsbildung gewonnen werden sollen. Mit PiBS wird der gymnasiale Bildungsweg aufgewertet, was wiederum die Attraktivität der beruflichen Grundbildung schwächt. Auch ist die geplante HFKG-Änderung mit dem aktuellen Bildungssystem nicht in Einklang zu bringen. Zudem wird für sehr wenige Personen eine Gesetzesgrundlage geschaffen.
Umso wichtiger erachtet der sgv die Rolle der von der WBK-S geforderten Evaluation. Sollte die Gesetzesänderung durchkommen, wovon aufgrund der politischen Konstellation auszugehen ist, ist der Hochschulrat in der Pflicht, genau hinzuschauen, ob sich das Mengengerüst zugunsten der MINT-Berufe und mehr Frauen verändern lässt. Andernfalls wird der Schweizerische Gewerbeverband sgv im Hochschulrat darauf hinwirken, auf diese Übung zu verzichten.
Dieter Kläy, Ressortleiter sgv