Publiziert am: 17.10.2025

Doppelzahlungen vermeiden

BERUFSBILDUNG – Verschiedene Deutschschweizer Kantone sind derzeit daran, Berufsbildungsfonds zu prüfen oder gar einzuführen. Eine Koordination mit den nationalen Branchenfonds ist zwingend, weil ansonsten die Zielsetzung der Förderung der Berufsbildung verfehlt werden könnte.

Derzeit verfügen acht Kantone (FR, GE, JU, NE, TI, VD, VS, ZH) über einen kantonalen branchenübergreifenden Berufsbildungsfonds. Sie richten sich nach kantonalem Recht. Weitere Deutschschweizer Kantone überlegen sich derzeit, einen einzuführen. Zweck der Fonds ist, die Bereitschaft der Unternehmen, Lernende auszubilden, zu erhalten und zu erhöhen. Im Beispiel des Zürcher Berufsbildungsfonds werden mehr als 90 Prozent der finanziellen Mittel eingesetzt, um die Ausbildungskosten der Lehrbetriebe zu senken.

Die Lehrbetriebe erhalten Beiträge an die Aufwendungen für die überbetrieblichen Kurse, für die Qualifikationsverfahren und für Kurse von Berufsbildnerinnen und Berufsbildnern. Geäufnet wird der Fonds Arbeitgebern, die keine Lernenden ausbilden. Sie entrichten einen Beitrag, der sich nach ihrer Lohnsumme richtet. Im Falle des Kantons Zürich werden die Fondsbeiträge einmal jährlich durch die Familienausgleichskassen erhoben und eingezogen.

Nationale Branchenfonds berücksichtigen

Zusätzlich gibt es auf Bundesebene knapp drei Dutzend nach Berufsbildungsgesetz (BBG) allgemein verbindlich erklärte Berufsbildungsfonds. Die Gelder werden innerhalb einer Branche erhoben und für die Förderung der Berufsbildung branchenbezogen eingesetzt. Träger von Berufsbildungsfonds sind branchenbezogene Arbeitgeberorganisationen.

Das BBG erlaubt es dem Bundesrat, einen Berufsbildungsfonds auf Antrag für eine ganze Branche als allgemein verbindlich zu erklären, womit alle Betriebe einer Branche – auch Nichtverbandsmitglieder – Solidaritätsbeiträge zur Finanzierung der Berufsbildung beitragen. Bedingung ist, dass sich mindestens 30 Prozent der Betriebe mit mindestens 30 Prozent der Arbeitnehmenden und der Lernenden dieser Branche bereits finanziell am Berufsbildungsfonds beteiligen. Beim gleichen Unternehmen können, je nachdem wie viele Berufe in einem Betrieb vertreten sind, mehrere branchenbezogene Berufsbildungsfonds Ansprüche geltend machen. Allgemein verbindlich erklärte Berufsbildungsfonds sind erwiesenermassen ein wirksames Finanzierungsinstrument.

sgv lehnt Doppelzahlungen ab

Auch wenn die Ziele der verschiedenen Fonds im Einzelnen unterstützungswürdig sind, darf es nicht zu Doppelzahlungen durch die Unternehmen kommen. Das wird aber dann der Fall sein, wenn kantonale, branchenübergreifende Berufsbildungsfonds von allen Betrieben – ungeachtet einer Zahlung an einen Branchenfonds – einen auf die Lohnsumme gestützten Beitrag erheben. Doppelzahlungen sind vorprogrammiert, was der Schweizerische Gewerbeverband sgv ablehnt.

Ein Verzicht auf entsprechende Ausnahmeregelungen bezüglich Beitragspflicht schafft ungleiche Spiesse für branchenbezogene Berufsbildungsfonds. Daraus resultiert für die Betriebe eine zusätzliche, finanzielle Belastung mit negativen Auswirkungen auf die Branchenfonds. Bereits etablierte branchenbezogene Berufsbildungsfonds könnten gezwungen werden, die Beiträge an ihren Fonds zu verteidigen, eventuell geltend gemachte Herabsetzungen oder Befreiungen durchzuprozessieren und entsprechende Anpassungen in ihren Reglementen vorzunehmen, was ein neues Allgemein-verbindlich-Erklärungsverfahren zur Folge hätte. Die betroffenen Organisationen der Arbeitswelt (OdA) würden geschwächt, was für den sgv inakzeptabel ist. Seitens der Kantone wird der Verzicht auf eine Ausnahme mit hohem administrativem Aufwand und entsprechenden Verwaltungskosten begründet. Das wird aber auch bei den OdA und Betrieben der Fall sein.

Neue kantonale Berufsbildungsfonds müssen deshalb zwingend mit den nationalen Branchenfonds koordiniert werden, weil ansonsten die Zielsetzung der Förderung der Berufsbildung verfehlt werden könnte. Finanzielle Verpflichtungen ungeachtet der Ausbildungstätigkeit von Lernenden birgt die Gefahr, dass Firmen künftig weniger oder keine Lehrstellen mehr anbieten. Eine solche Entwicklung muss verhindert werden.

Dieter Kläy, Ressortleiter sgv

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