Das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Bürokratie – Pardon: das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) – will ein neues Gesetz. Dieses soll die Werbung für Lebensmittel, die viel Fett, Zucker oder Salz enthalten, einschränken.
Zwar reguliert die Branche die Werbung schon selber. Diese Selbstregulierung genügt den Beamten aber selbstverständlich nicht. Denn sie geht weniger weit als die Empfehlung der WHO. Diese verlangt, dass unter anderem Schokolade, Käse oder Kräuterbonbons nicht frei beworben werden dürfen. Dies aus Sorge vor zu dicken Kindern. Bei ihrem Vorhaben müssen die Beamten aber eine Hürde überschreiten: die sogenannte Regulierungskostenfolgenabschätzung (RFA). Damit müssen für jedes neue Gesetz das Kosten-Nutzen-Verhältnis, die Auswirkungen auf die Wirtschaft und die Kosten für die Unternehmen geschätzt werden.
Das tönt gut. In der Praxis machen die Ämter aus den Kosten aber eine Maus – und aus dem Nutzen einen Elefanten. Da nützt es auch nichts, wenn eine externe Agentur beigezogen wird. Denn auch die ist schnell im Dilemma: Ist sie zu kritisch, geht sie bei der nächsten Auftragsvergabe leer aus. Somit gilt: «Wes Brot ich ess, des Lied ich sing.» Im vorliegenden Fall findet man im RFA-Schlussbericht der beauftragten Agentur denn auch keine einzige Zahl zu den Kosten des BLV-Vorhabens. Eine ganz grosse Zahl findet sich hingegen zum angeblichen Nutzen der Werbebeschränkung.
10 Milliarden Franken! So viel würden die Kosten für Herz-Kreislauf-Erkrankungen betragen, liest man im Bericht. Diese Erkrankungen seien eine der Hauptfolgen von ungesunder Ernährung. Deshalb sei die Werbebeschränkung nötig. Eine abenteuerliche Argumention. Zwar gibt es Experten, die wissen, dass es keinen Beleg für eine solche Wirkung von Werbung gibt. Selbstverständlich werden solche Stimmen im Bericht für das BLV aber nicht erwähnt. Hingegen wird etwas zum Aufwand der Unternehmen für die Umsetzung des Gesetzes gesagt: Diese Kosten seien «vertretbar» – obschon sie gar nicht erhoben wurden! Ein Prüfling, der eine solche Arbeit abliefern würde, fiele durch. Der Grund für die Mängel im RFA-Bericht liegt in der fehlenden Unabhängigkeit der Autoren. Diese wurden eng begleitet durch eine «Steuergruppe» und eine «Projektleitung» – beide bestehend aus BLV-Beamten. So kann gar keine kritische, geschweige denn unabhängige Kostenfolgenabschätzung gemacht werden.
Damit der Bock nicht weiter zum Gärtner gemacht wird, sollte künftig nicht mehr ein regulierungswilliges Amt selber, sondern das regulierungskritischere Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) die Federführung bei den Kostenschätzungen haben. So steigt die Verlässlichkeit der Daten, die dann auch für die Auslösung einer KMU-Regulierungskostenbremse genutzt werden können. Für beides haben kürzlich Mitglieder der Schweizerischen Gewerbekammer parlamentarische Vorstösse eingereicht.
Eine KMU-Regulierungsbremse ist nicht nur nötig, um zu verhindern, dass wir weiterhin jedes Jahr 10 Prozent der Wirtschaftskraft an die Bürokratie verlieren. Sie ist auch nötig, damit wir Aushängeschilder der Schweiz wie Käse, Schokolade oder Kräuterbonbons weiterhin frei bewerben dürfen. Die Exporteure dieser Swiss-made-Produkte haben schon genug am Hals mit den US-Zöllen. Da braucht es nicht noch gouvernantenhafte Schweizer Beamte mit teuren und unnützen Vorgaben.