Publiziert am: 03.10.2025

Neue Chancen für KMU

AUSSENHANDEL – Das Handelsabkommen Schweiz–Mercosur erleichtert auch den KMU den Zugang zu Südamerika durch Zollabbau und klare Regeln. Industriegüter und Dienstleistungen profitieren, während sensible Agrarprodukte geschützt bleiben. Damit stärkt die Schweiz ihre Handelsdiversifizierung in unsicheren Zeiten.

Die geopolitischen Spannungen nehmen weltweit zu. Handelskonflikte zwischen den USA und China, ein zunehmend protektionistisches Umfeld in Europa sowie die Folgen des Kriegs in der Ukraine verändern die Spielregeln der internationalen Märkte. Für die exportorientierten Schweizer KMU ist das keine Randnotiz, sondern tägliche Realität. Sie müssen ihre Absatzmärkte breiter aufstellen, um Abhängigkeiten zu verringern und ihre Wettbewerbsfähigkeit zu sichern.

Ein wichtiger Schritt in diese Richtung ist das soeben abgeschlossene Handelsabkommen zwischen der Schweiz – im Rahmen der EFTA – und den Mercosur-Staaten. Der Mercosur, gegründet 1991, ist ein südamerikanischer Binnenmarkt, dem Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay als Vollmitglieder angehören. Mit über 260 Millionen Einwohnern und einer Wirtschaftsleistung von rund 2,5 Billionen US‑Dollar stellt er einen der grössten Wirtschaftsräume ausserhalb Europas dar.

Bislang hohe HĂĽrden

Bereits heute bestehen Handelsbeziehungen zwischen der Schweiz und dem Mercosur. Dabei exportierte die Schweiz rund fünfmal mehr, als sie aus demselben Raum importierte. Schweizer Firmen führen vor allem Pharmazeutika, Maschinen, Uhren und Präzisionsinstrumente aus. Umgekehrt kommen aus Südamerika landwirtschaftliche Produkte wie Fleisch, Soja (als Futtermittel) oder Zucker. Doch bislang waren die Hürden hoch: Zölle, technische Handelshemmnisse und fehlende Rechtssicherheit erschwerten den Marktzugang, insbesondere für KMU.

Das neue Abkommen verspricht nun substanzielle Erleichterungen. Ein grosser Teil der Zölle auf Schweizer Industriegüter wird im Mercosur abgeschafft oder stark reduziert.

«wer seine Absatzmärkte breiter abstützt, ist robuster aufgestellt.»

Für KMU aus dem Maschinenbau oder der Präzisionsindustrie bedeutet dies, dass ihre Produkte preislich konkurrenzfähiger werden. Gleichzeitig schafft das Abkommen klare Regeln im Bereich geistiges Eigentum, Ursprungsnachweise und Zulassungsverfahren – Punkte, die für exportierende KMU oft kostspielige Stolpersteine darstellen.

Auch die Öffnung des Mercosur-Marktes für Dienstleistungen eröffnet Chancen. Schweizer KMU aus den Bereichen Ingenieurwesen, ICT oder Umwelttechnologien können künftig einfacher in Südamerika tätig werden. Gerade Brasilien, die neuntgrösste Volkswirtschaft der Welt, bietet in diesem Feld enormes Potenzial.

Geopolitisch relevant

Natürlich gibt es auch kritische Stimmen. Insbesondere im Agrarbereich befürchten Schweizer Produzenten zusätzlichen Druck durch Importe aus Südamerika. Doch die Schweizer Delegation hat bei den Verhandlungen Wert darauf gelegt, sensible Agrarprodukte mit Kontingenten und Schutzklauseln abzusichern. Für die KMU in der Lebensmittelbranche ist dies ein wichtiges Signal: Wettbewerb ja, aber nicht um jeden Preis.

Das Abkommen ist nicht nur wirtschaftlich relevant, sondern auch geopolitisch. In einer Zeit, in der die Schweiz ihre Beziehungen zur EU neu ordnen muss und der Zugang zu den USA komplexer wird, setzt die Öffnung gegenüber Südamerika ein klares Zeichen: Die Schweiz ist bereit, ihre Handelsbeziehungen zu diversifizieren. Schweizer KMU sollen ihre Innovationskraft und Qualität nicht nur in Europa, sondern auch auf anderen Kontinenten unter Beweis stellen. Angesichts der globalen Unsicherheiten ist dies kein Luxus, sondern eine Notwendigkeit. Denn wer seine Absatzmärkte breiter abstützt, ist robuster aufgestellt – und sichert damit langfristig den Wirtschaftsstandort Schweiz.

Patrick DĂĽmmler, Ressortleiter sgv

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