Publiziert am: 07.11.2025

Ja zur Energiewende – aber nicht 2050

energieversorgung – Eine Mehrheit der Schweizerinnen und Schweizer unterstützt die Einhaltung des Netto-Null-Ziels bis 2050 – eine noch grössere Mehrheit glaubt allerdings nicht, dass es erreicht werden kann. Zu diesen Erkenntnissen kommt die aktuelle Studie «Energieziele der Schweiz».

Die Studie zeigt auf, wie die Bevölkerung zum Klimaschutz steht, auf welche Energiequellen sie künftig setzen will und welche Erwartungen sie an klimafreundliches Verhalten stellt.

Der Klimaschutz ist seit Jahren eines der dominierenden Themen der öffentlichen Debatte in der Schweiz. Obwohl in Politik und Bevölkerung grosse Meinungsverschiedenheiten darüber herrschen, mit welchen Mitteln das Ziel der Treibhausgasneutralität erreicht werden soll, besteht doch Einigkeit über das grundlegende Ziel: Mit der Annahme des Klima- und Innovationsgesetzes im August 2023 hat sich die Schweiz der Energiewende verpflichtet und will bis 2050 klimaneutral werden.

Damit diese Mammutaufgabe gelingen kann, ist der Rückhalt innerhalb der Bevölkerung entscheidend. Eine im Auftrag von Avenergy Suisse vom Forschungsinstitut Sotomo durchgeführte repräsentative Umfrage zeigt nun aber, dass es mit dem Glauben der Schweizerinnen und Schweizer an die Energiewende nicht besonders weit her ist: Eine grosse Mehrheit der Bevölkerung (85%) hält es nicht für wahrscheinlich, dass das Netto-Null-Ziel bis 2050 erreicht werden kann. Trotz allem sprechen sich gleichzeitig auch 61% der Befragten dafür aus, am Netto-Null-Ziel festzuhalten.

Der technologische Fortschritt soll es richten

Auf dem Weg zur angestrebten Klimaneutralität messen die Befragten dem technologischen Fortschritt besonders starkes Gewicht bei: 89% sehen in ihm einen entscheidenden Hebel zur Eindämmung des Klimawandels. Bei konkreten Massnahmen geniesst der Ausbau erneuerbarer Energien mit 71% den grössten Rückhalt, während das Verbot von Verbrennungsmotoren und die Subventionierung von Elektromobilität am wenigsten Zuspruch erhalten. Interessant: Rund die Hälfte der Schweizer Bevölkerung befürwortet das Netto-Null-Ziel nur, wenn auch andere emissionsstarke Länder ihren Beitrag leisten.

Auch beim eigenen Verhalten zeigt die Schweizer Bevölkerung Zurückhaltung: Nur etwas mehr als die Hälfte der Befragten (53%) ist bereit, ihr persönliches Verhalten stärker am Klimaschutz auszurichten.

«Die Bevölkerung hält das vollständige Erreichen des Netto-Null-Ziels nicht für realistisch. Entsprechend kommt sie zum ehrlichen Schluss, dass fossile Energie auch 2050 noch eine wichtige Rolle spielen wird.»

Mit 52% ungefähr gleich hoch ist der Anteil derer, die bereit sind, für Energie aus erneuerbaren Quellen mehr zu bezahlen – 46% sind es nicht. Und: Die Hälfte der Befragten (50%) geht davon aus, dass die Energiewende den Wohlstand der Schweiz negativ beeinflussen wird.

Mehrheit empfindet mediale Berichterstattung als moralisierend

Die Debatte um den Klimawandel polarisiert die Bevölkerung: Während 40% der Befragten die öffentliche Debatte als verharmlosend einstufen, wird sie von einer knappen Mehrheit (53%) als zu dramatisierend empfunden. Befragt nach der medialen Berichterstattung über den Klimawandel ist das Urteil der Bevölkerung kritisch: 60% finden sie moralisierend – nur gut ein Drittel (35%) nehmen sie als sachlich wahr. Bemerkenswert: Sogar unter denen, die eine Bekämpfung des Klimawandels unterstützen, sehen 44% einen zu moralisierenden Charakter in der Berichterstattung.

Ohne Ă–l keine erfolgreiche Energiewende

Im Rahmen der Studie ebenfalls untersucht wurde die Bedeutung der einzelnen Energiequellen für die Versorgung heute und in Zukunft. Die Schweiz ist nach wie vor stark abhängig von Öl und Gas: Im Jahr 2024 stammte mehr als die Hälfte des Endverbrauchs in der Schweiz aus fossilen Energiequellen, 46% allein von Erdölprodukten.

Die Studie zeigt nun aber, dass der Bevölkerung nicht bewusst ist, wie hoch dieser Anteil nach wie vor ist: Im Durchschnitt gingen die Befragten davon aus, dass Erdöl derzeit nur rund ein Viertel (26%) des gesamten Energieverbrauchs deckt.

«Die Hälfte der Befragten geht davon aus, dass die Energiewende den Wohlstand der Schweiz negativ beeinflussen wird.»

Trotz dieser Fehleinschätzung ist eine Mehrheit (56%) der Ansicht, dass fossile Energien heute noch nicht vollständig durch erneuerbare Energiequellen ersetzbar sind. Bemerkenswert: Zwei Drittel (66%) der Befragten teilen die Aussage, dass das öffentliche Leben ohne fossile Energien heute weitestgehend stillstehen würde.

«Die Resultate unserer Erhebung zeigen, dass die Bevölkerung einen Wandel in der Energieversorgung der Schweiz hin zu erneuerbaren Quellen will und erwartet», bilanziert Sotomo-Geschäftsführer Michael Hermann. Wasserkraft und Sonnenenergie werden dabei neben der Atomenergie als tragende Säulen des künftigen Energiesystems angesehen. Gleichzeitig geht die Bevölkerung davon aus, dass fossile Energiequellen auch im Jahr 2050 weiterhin eine vitale Rolle in der Energieversorgung spielen werden. «Dennoch», so Hermann weiter, «hält die Bevölkerung das vollständige Erreichen des Netto-Null-Ziels nicht für realistisch. Entsprechend kommt sie zum ehrlichen Schluss, dass fossile Brenn- und Treibstoffe auch 2050 eine wichtige Rolle spielen werden.»

Die Studie «Energieziele der Schweiz» steht unter avenergy.ch zum Download zur Verfügung.

Ueli Bamert, Avenergy Suisse

www.avenergy.ch

ECKDATEN

Für die Sotomo-Studie «Energieziele der Schweiz» wurden zwischen dem 20. August und dem 3. September 2025 insgesamt 1887 Personen befragt. Die Ergebnisse sind repräsentativ für die sprachintegrierte Wohnbevölkerung ab 18 Jahren der deutsch- und der französischsprachigen Schweiz.

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