KMU schlagen Alarm: Dreifachbelastung und dazu Chaos
Sozialpolitik nicht den Linken überlassen
Die Juso-Initiative für eine Erbschaftssteuer ist vom Schweizer Volk haushoch abgelehnt worden. Das ist gut so und war für jeden, der sich etwas auskennt in der Schweizer Politlandschaft, keine Überraschung. Offen war nur die Deutlichkeit des Neins. Für Politikinteressierte stellen sich im Nachgang möglicherweise zwei Fragen, auf die ich eine Antwort zu geben versuche:
Erstens: Warum lancieren oder unterstützen (Jung)parteien solche radikalen Initiativen ohne Aussicht auf Erfolg?
Zweitens: Bedeutet die klare Ablehnung, dass – wie es der FDP-Co-Präsident am Abstimmungssonntag formulierte – die Bevölkerung genug hat vom Klassenkampf, oder birgt das deutliche Nein nicht das Risiko, dass die Bürgerlichen im Erfolg nicht genug beachten, welche Trends in den westlichen Demokratien stärker werden?
Zur ersten Frage, warum Parteien auch aussichtslose Initiativen lancieren oder unterstützen. Das hat mit den Möglichkeiten unserer direkten Demokratie zu tun. In der Schweiz können Parteien ihre Profile schärfen, indem sie Initiativen und Referenden lancieren, die ihre Kernthemen bewirtschaften. Damit markieren sie Positionen, lancieren Debatten und erreichen Präsenz. Auch wenn sie Abstimmungen verlieren können, gewinnen sie an Profil. In den meisten Fällen erreichen sie eine Zustimmung, die höher ist als ihr Wähleranteil. Das heisst, sie können Menschen ausserhalb ihrer Stammwählerschaft ansprechen. Das kommt ihnen zugute, wenn es dann wieder um Wahlen geht.
Das primäre Ziel mancher Initiativen ist nicht, eine Mehrheit der Bevölkerung zu überzeugen, sondern den eigenen Wählerinnen und Wählern zu versichern, dass sie «Recht haben». Die Polarisierung ist einer der Trends, der auch in der Schweiz die Parteien animiert, das Initiativ- und Referendumsrecht häufiger zu nutzen. Man kann Abstimmungen verlieren, wenn man sich erhoffen kann, dafür Wahlen zu gewinnen.
Die zweite Frage hat auch mit einem Trend zu tun, der momentan erst in den USA erkennbar ist, der aber – wie die Polarisierung und andere frühere Trends – vermutlich auch in Europa und in der Schweiz früher oder später eintreffen wird: Die Wokeness- und Ökologiedebatten werden abgelöst durch die soziale Frage. In New York, im Herzen des westlichen Kapitalismus, wählte die Bevölkerung einen (je nach Sichtweise) sozialistischen oder mindestens sozialdemokratischen Bürgermeister, der sich um Themen wie Kaufkraft, Mieten, und die Spaltung der Gesellschaft aus dem Nichts an die Spitze katapultierte. Mit Geld, sicher, aber eben auch mit den Möglichkeiten der Social Media.
Die Schweiz hat schon mit dem Ja zur 13. AHV-Rente zur Kenntnis nehmen müssen, dass linke Themen nicht zwangsläufig bei bürgerlichen Wählerinnen und Wählern auf Ablehnung stossen müssen. Wer die Sorgen des bürgerlichen Mittelstands betreffend Lebenshaltungskosten (Gesundheit, Mieten, Kaufkraft) vernachlässigt und einfach als «Klassenkampf» abtut, könnte zukünftig noch feststellen, dass der Mittelstand dann auch wieder linke Projekte unterstützt – sofern die Bürgerlichen selbst keine eigenen Antworten und Lösungen aufzeigen können.
Der einfache Sieg über eine absurde Juso-Initiative sollte die Bürgerlichen nicht dazu verleiten, soziale Themen als Klassenkampf abzutun. Schon die Minder-Initiative belehrte uns eines Besseren, zum Schaden der Schweizer Wirtschaft.
*Der Zuger Nationalrat Gerhard Pfister ist ehemaliger Präsident Die Mitte Schweiz
die-mitte.ch, gpfister.ch
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