Publiziert am: 22.09.2017

«5,7 Milliarden Franken investiert»

SCHWEIZ-POLEN – Lukas Schifferle, Leiter Sektion Wirtschaft und Finanzen an der Schweizer Botschaft in Warschau, zu den guten Aussichten für Schweizer Unternehmen in Polen.

Schweizerische Gewerbezeitung: Wie geht es der polnischen Wirtschaft allgemein?

n Lukas Schifferle: Die polnische Wirtschaft gehört zu den dynamischsten in der Europäischen Union. Polen generiert nahezu drei Prozent der gesamten Wirtschaftsleistung der EU. Seit dem EU-Beitritt von 2004 hat sich die Wirtschaftsleistung Polens mehr als verdoppelt. Dieses Jahr ist wiederum mit einem sehr hohen Wirtschaftswachstum von rund vier Prozent zu rechnen. Das zweite Jahr in Folge wuchs auch der Handelsüberschuss Polens 2016 auf rund 4,8 Milliarden Euro. Laut Prognosen soll es der polnischen Wirtschaft in den kommenden Jahren weiterhin sehr gut gehen.

Welche Branchen wachsen stark?

n Dank der ausgezeichneten Wirtschaftskonjunktur geht es allen Branchen in Polen gut. Es gibt auch schon heute zukunftsgewandte Branchen in Polen, die sehr erfolgreich sind und grosses Potential haben: Computerspiele, E-Mobility, telemedizinische Lösungen oder FinTech. Auch traditionelle Wirtschaftssektoren wie z. B. Automobilgewerbe, Kosmetik- und Möbelindustrie sind sehr entwickelt.

«eine grosse mehrheit DER POLEN ist NACH WIE VOR FÜR EINE 
EU-MITGLIEDSCHAFT.»

Wo gibt es Probleme?

n Als Herausforderung ist das sich potentiell abzeichnende Defizit an Fachkräften zu nennen. Der Bereich der Berufsbildung wird zurzeit überarbeitet und reformiert. Seitens gewisser Unternehmen werden auch häufige und rasche Gesetzesänderungen als eher ungünstig moniert.

Trotzdem werden aber die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in Polen von den meisten Unternehmen nach wie vor als sehr gut beurteilt.

Ist Polen innerhalb der EU isoliert?

n Polen liegt in der Mitte Europas und bleibt ein wichtiger Partner. Die EU-Mitgliedschaft wird unverändert von einer grossen Mehrheit der Bevölkerung befürwortet. In der Förderperiode 2014–2020 verfügt Polen als EU-weit grösster Empfänger der Kohäsionsmittel über 82 Milliarden Euro. Sie werden von den Polen für den weiteren Infrastrukturausbau und F&E-Projekte genutzt.

«Schweizer Firmen haben in Polen 40 000 Arbeitsplätze 
geschaffen.»

Wie gut sind die Wirtschaftsbeziehungen zwischen der Schweiz und Polen?

n Die bilateralen Wirtschaftsbeziehungen Schweiz-Polen sind ausgezeichnet und ausbaufähig. Polen ist ohne Zweifel der grösste und wichtigste Wirtschaftspartner der Schweiz in Zentraleuropa.

Die Exporte nach Polen haben im Jahr 2016 um 3,3 Prozent zugenommen. Bei den Importen aus Polen lag das Plus bei 6,1 Prozent. Mit rund 2,17 Milliarden Franken an Exporten und 1,83 Milliarden an Importen ist die Handelsbilanz zwischen unseren zwei Ländern nach wie vor positiv.

Schweizer Firmen haben insgesamt 40 000 Arbeitsplätze in Polen geschaffen und rund 5,7 Milliarden Franken investiert. Die wirtschaftlichen Stärken Polens bleiben für sie unverändert: stabiles Wirtschaftswachstum von rund oder sogar über drei Prozent, die Dynamik des grossen Binnenmarkts mit rund 38 Millionen Verbrauchern, breite Zulieferbasis, stark motivierte und qualifizierte Arbeitskräfte, die stetig ausgebaute Verkehrsinfrastruktur, zahlreiche Investitionsanreize in Form von EU-Fonds und Steuererlässe in Sonderwirtschaftszonen, steigende Konsumausgaben und die sehr gute geographische Lage.

Interview: 
Henrique Schneider

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