Publiziert am: 13.08.2021

75 Jahre Leidenschaft

REGAZZI-GRUPPE FEIERT – In 3. Generation leitet Fabio Regazzi, Präsident des Schweizerischen Gewerbeverbands sgv, die Geschicke der Tessiner Regazzi-Gruppe. Mit hochqualitativen Rollläden, Garagen­toren und Briefkästen stösst das 75-jährige Familienunternehmen nun verstärkt auch in die Deutschschweiz und die Romandie vor.

Die Mittel waren knapp, die Zeiten auch schon besser. Dennoch nahm Roberto Regazzi im Jahr 1946, kurz nach dem Zweiten Weltkrieg, all seinen Mut zusammen und gründete in Gordola nahe Locarno eine kleine Werkstatt. Schmiedeeiserne Tore, Kunstwerke wie Kreuze und viele andere Produkte aus Metall wurden hergestellt. «Unsere Geschichte gleicht jener von anderen Familienunternehmen», sagt der heutige Firmenchef Fabio Regazzi. «Mein Grossvater väterlicherseits gründete die Firma; mein Vater Efrem, der erste von drei Brüdern, kehrte in den 1960er-Jahren nach einer Lehre ‹ennet› des Gotthards ins Tessin zurück.»

Heute beschäftigt die von Fabio Regazzi geführte, inzwischen 75-jährige Regazzi-Gruppe (vgl. Kasten) 133 Mitarbeitende. Rund 40 Prozent davon sind Grenzgänger. «Mit diesem Anteil an ‹Frontalieri› liegen wir im Kanton Tessin leicht unter dem Durchschnitt», sagt Geschäftsführer Michael Hoseneder. Bei bloss gut 350 000 Einwohnern sind inländische Fachkräfte nicht leicht zu finden.

Der Jurist Regazzi leitet die Geschicke der Firmengruppe seit dem Jahr 2000; sein Geschäftsführer ist seit 17 Jahren mit an Bord. «Langjährige Mitarbeiter sind bei uns ebenso gefragt wie die Erfahrungen von Externen», sagt Hoseneder. Jungen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern werde rasch Verantwortung übertragen. «Wertschätzung und die persönliche Weiterentwicklung sind wichtig für die Motivation», weiss der Geschäftsführer. «Indem wir unsere Angestellten fordern, sie in Projekte einbeziehen und aus der Komfortzone herausholen, erleben sie rasch erste Erfolgserlebnisse.» Dies führe zu höheren Qualifikationen, zu besseren Leistungen – und letztlich zu zufriedenen Kunden.

Von der zweiten zur dritten Generation

Zurück zur Geschichte des heutigen Industrieunternehmens. In den 1960er-Jahren begann Efrem Regazzi die Werkstatt zu erweitern. «Nach dem Umzug in ein grösseres Gebäude stellte mein Vater seinen Unternehmergeist unter Beweis», ­erinnert sich Fabio Regazzi. «Er ­erkannte die Chance, Aluminiumrollläden zu produzieren und entwickelte schliesslich ein Paketrollo namens Regapak®, unser heutiges Flaggschiffprodukt.»

Das Unternehmen wuchs rasch und erweiterte sein Angebot mit Metallkonstruktionen und der Blechbearbeitung für die Industrie. Die Jahrhundertwende fiel mit dem zweiten Generationenwechsel zusammen, der mit dem Erwerb der Marcmetal SA und dem Bau eines neuen Industriegebäudes in Gordola einherging. «In den folgenden Jahren, mit dem allmählichen Ausscheiden meines Vaters, habe ich die Leitung des Unternehmens übernommen, zunächst als CEO und seit 2010 als Präsident des Verwaltungsrats.» Bevor sich Fabio Regazzi ganz dem Familienunternehmen widmete, war er Mitinhaber eines ­Anwalts- und Notariatsbüros in Locarno und Gordola.

Vermehrt Deutschschweiz und Romandie im Visier

Rund die Hälfte des Umsatzes von ca. 25 Millionen Franken erwirtschaften die Firmen der Regazzi-Gruppe im B2B-Bereich; die andere Hälfte geht direkt zu den Kunden respektive zu lokalen Handwerkern. 60 Prozent des Umsatzes fallen im Tessin an, rund 40 Prozent in der übrigen Schweiz und im Ausland. «Um unsere relative Abhängigkeit vom Tessiner Heimmarkt zu kompensieren, werden wir mit unseren Rollladensystemen künftig verstärkt in den Export drängen und uns zudem in der Deutschschweiz und in der Romandie vermehrt in den Bereichen Garagentore und Briefkästen engagieren», umreisst Regazzi das nächste Expansionsziel.

Das Label «Swiss made» kommt in der gesamten Schweiz gut an; mehrere Regazzi-Firmen sind denn auch Mitglied bei Swiss Label, der Gesellschaft zur Promotion von Schweizer Produkten und Dienstleistungen. Auch im Export gibt’s für Schweizer Produkte – in diesem Fall für Rollläden, Garagentore und Briefkästen – meist Pluspunkte.

Vor allem im Tessin, wo viele Deutschschweizer ihren Wohnsitz haben, ist der Bonus «Made in Ticino» aber nicht weniger wichtig. «Wir haben viel in den Standort ­Gordola investiert», sagt Regazzi; «unsere Kunden wissen lokal hergestellte, hochwertige Produkte zu schätzen.»

Qualität, Stil und Design – bis zum Red Dot Design Award

Schweizer Qualität steht für Beständigkeit und Langlebigkeit – und diese haben natürlich ihren Preis. «Anders als andere – vor allem viel grössere – ‹Marktbegleiter› aus dem Ausland sprechen wir eine Kundenschicht an, die bereit ist, für etwas Besonderes auch den entsprechenden Preis zu bezahlen», sagt Geschäftsführer Hoseneder.

Dass dieses «Besondere» auch international auf Anerkennung stösst, beweist die Auszeichnung des Regazzi-Produkts Regapak® (im Ausland Plial® genannt) mit dem Red Dot Design Award, einem der wichtigsten Industriedesign-Wettbewerbe der Welt. 2019 durften Regazzi und Hoseneder den Award für ihr Rollladenpaket aus Aluminium im deutschen Essen entgegennehmen. «Es war eine grosse Ehre für uns, auf globaler Ebene ausgezeichnet zu werden. Der Award hat uns bestätigt, dass unser Produkt nicht nur für seine innovativen Eigenschaften, sondern auch für sein Design und seinen Stil anerkannt wird», freut sich Regazzi im Rückblick. «Der Award war für uns ein weiterer Ansporn, neue Anwendungslösungen für unsere Produkte zu finden und die Erwartungen selbst der anspruchsvollsten Kunden in der Schweiz, in Deutschland und Frankreich zu erfüllen. Denn eines ist klar: In einem zunehmend wettbewerbsintensiven Markt kann nur ständige Innovation Erfolg bringen.»

Leidenschaft und Präzision

Zu dieser Innovation tragen die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen – in der Gruppe machen Frauen rund 23 Prozent, bei der Regazzi SA mehr als die Hälfte aus – Entscheidendes bei. «Weiterbildung ist eine tägliche Aufgabe und in unserer Unternehmenskultur fest verankert», sagt ­Geschäftsführer Hoseneder. «Wir vermitteln unseren Mitarbeitenden wichtige Werte, geben ihnen Vertrauen und Sicherheit und nehmen ihre persönlichen Anliegen ernst. Im Gegenzug sind sie bereit, sich mit Ausdauer und Leidenschaft für die Firma zu engagieren – eine Win-win-Situation.»

Grundsolides Handwerk, wie es an der Via alle Gerre in Gordola betrieben wird, mag gegenüber einer industriellen Fertigung manche Nachteile haben. Einen – unschlagbaren – Vorteil aber auch: die direkte Verbindung zum Kunden. Obwohl sehr zeitintensiv, wirft sie langfristig gesunde Früchte ab.

Ohne eine grosse Portion Leidenschaft sei kein Erfolg möglich, so Hoseneder. Als Beispiel nennt er das papierlose Büro, wie es in der Produktion der Regazzi SA zum Einsatz kommt. «Wir zeigen unseren An­gestellten die Vorteile der Digitalisierung – keine verlorenen Produktionsaufträge, keine Ölflecken auf den Dokumenten, keine unnötige Büroarbeit – ganz konkret auf. Sie ­erlaubt es ihnen, sich auf ihre ­eigene Arbeit statt auf bürokratische Prozesse zu konzentrieren, was wiederum die Leidenschaft für ihr Tun fördert.»

In die Zukunft investieren

Die Digitalisierung, ist Hoseneder überzeugt, müsste verstärkt vorangetrieben werden: «Hier wird viel Potenzial vergeudet.» Jungen Müttern etwa biete sie eine dringend benötigte Flexibilität. Und nicht zuletzt entlaste die Digitalisierung auch die Mobilität – im verkehrsgeplagten Tessin ein nicht zu unterschätzender Vorteil.

VR-Präsident Fabio Regazzi seinerseits ist die Lehrlingsausbildung ein Herzensanliegen. Rund 140 Lernende wurden in den vergangenen 75 Jahren ausgebildet. Derzeit sind es deren zehn: Metallbauer, Konstrukteure, Logistiker, Storenmonteure, Informatiker oder KV-Lehrlinge. Aus manchen von ihnen dürften langjährige Mitarbeiter ­werden. «Die Berufsbildung ist eine unverzichtbare und äusserst wichtige Aufgabe der Unternehmen in allen Branchen», unterstreicht Unternehmer Regazzi, der sich seit knapp einem Jahr auch als Präsident des Schweizerischen Gewerbeverbands sgv für die Schweizer KMU einsetzt. «Wir glauben überzeugt an deren Wichtigkeit. Die Ausbildung von beruflichen Nachwuchskräften ist eine Investition, die für die ­gesamte Gesellschaft unverzichtbar ist.»

Auch in den kommenden Jahren stehen also zahlreiche Herausforderungen an bei der FĂĽhrung dieses traditionellen Familienunternehmens. Doch vorerst wird gefeiert: 75 Jahre erfolgreiches Unternehmertum sind Grund genug dafĂĽr.

Gerhard Enggist

DAS IST DIE REGAZZI-GRUPPE

Sieben Firmen, eine Philosophie

Die Unternehmen der in Gordola TI ansässigen Regazzi-Gruppe werden von einer Familienholding geleitet, die von Fabio Regazzi und seinen drei Brüdern kontrolliert wird. Dazu gehören folgende sieben Firmen:

• Regazzi SA: Sie widmet sich der Herstellung und dem Verkauf von Rollläden für den Wiederverkaufsmarkt in der gesamten Schweiz und im Ausland, v. a. in Deutschland und Frankreich;

• Regazzi Serramenti e Facciate SA beschäftigt sich mit Planung, Vermarktung und Einbau von Fenstern und Türen sowie Fassaden aus Aluminium bzw. PVC für den privaten, gewerblichen und öffentlichen Bausektor;

• Regazzi Schermature solari SA vermarktet und montiert Rollläden, Jalousien, Markisen und Pergolas im Tessiner Markt;

• Marcmetal SA gehört zu den nationalen Marktführern bei Garagentoren und Briefkästen;

• Stilcolor SA beschäftigt sich mit industrieller Lackierung und Blechbearbeitung;

• Singenia SAGL ist das Unternehmen für Beratung, Planung, Verkauf und Support von Smart-Home-Sys­temen;

• REPI SA: Sie ist Eigentümer der Industrieanlage, in der die Regazzi-Gruppe ihren Sitz hat und in deren Räumen die Produktionsbereiche und Büros untergebracht sind, wo aber auch externe Produktions- und Logistikunternehmen arbeiten.

www.regazzi.ch

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