Publiziert am: 17.09.2021

Die Meinung

A(lt)sozialisten vs. Jungsozialisten

Am 26. September kommt die sogenannte «99%-Initiative» zur Abstimmung. Das von den Jungsozialisten lancierte Volksbegehren verlangt, dass Kapitaleinkommen – also etwa Zinsen oder Dividenden – stärker besteuert werden. Unter dem doch etwas simplen Motto «Geld arbeitet nicht – Du schon!» werben die Jusos wie folgt dafür: «Der Wohlstand in der Schweiz wird von den 99% erschaffen, die jeden Tag in Büros, Supermärkten oder Spitälern arbeiten. Mit einer höheren Besteuerung der Reichsten geben wir das Geld an die wahren Leistungsträger*innen unserer Gesellschaft zurück.»

So weit, so schlecht. Käme die Initiative durch, so wären unter anderem die KMU die Leidtragenden: Ihnen würde die heute schon schwierige Nachfolgeregelung weiter erschwert, und die Unternehmerinnen und Unternehmer müssten sich unter anderem um ihre Altersvorsorge – sie steckt oft ganz direkt im Betrieb – grösste Sorgen machen. Dies, um nur zwei Punkte der zu 100% schädlichen, völlig unklar formulierten Juso-Initiative zu erwähnen.

Anderer Leute Geld auszugeben ist – und das ist nicht neu – seit jeher eine der bevorzugten Beschäftigungen der Linken. Neu ist nun aber das Ausmass, in welchem die Heuchelei hinter diesem vermeintlichen Kampf von «arm» gegen «reich» ans Tageslicht kommt. Unter dem Titel «So reich ist die Unia» legte der «Tages-Anzeiger» – linken Begehrlichkeiten im Allgemeinen nicht abgeneigt – diese Woche offen, wie die grösste Gewerkschaft der Schweiz (und einflussreiche Supporterin der 99%-Initiative) im Geld schwimmt. In 19 Kantonen besitzt die Gewerkschaft 118 Immobilien im Buchwert von 389 Millionen Franken, weitere Wertschriften im Steuerwert von 115 Millionen sowie Bankkonti mit 63 Millionen Franken. Gemessen am Marktwert schätzt der «Tages-Anzeiger» das Vermögen der Gewerkschaft auf weit über 400 Millionen Franken.

Finanzielle Transparenz ist eine jener Forderungen, welche die Linke seit jeher lauthals stellt. Geht es um die eigenen Finanzen, ist es mit der Transparenz aber nicht weit her. Bekannt ist: Die Gewerkschaft ist ein eigentlicher Moloch: 1200 Mitarbeitende, 182 000 Mitglieder, Jahresumsatz 2020 rund 165 Millionen, davon 60 Millionen aus Mitgliederbeiträgen und 50 Millionen aus der Unia-eigenen Arbeitslosenkasse, dazu Einnahmen aus den Gesamtarbeitsverträgen und den 118 Liegenschaften in 19 Kantonen in einem (amtlichen) Wert von knapp 390 Millionen – Armut sieht anders aus.

Das enorme Vermögen der vermögenskritischen – oder sollte man eher sagen: hypokritischen? – Gewerkschaft ist durch einen Steuerstreit und ein entsprechendes Urteil des Bundesgerichts bekannt geworden. Diesen Fall hat die Unia zwar gewonnen. Verloren aber hat sie in den Augen all jener, die den sozialistischen Reitern auf ihrem hohen Ross von unten ­ungläubig zusehen. Die «Büezerinnen und Büezer», die die Unia angeblich vertritt und von denen sie Monat für Monat happige Lohnbeiträge abzwackt: Sie dürften kaum Verständnis haben für den immensen Reichtum, den sich die Gewerkschaftsbosse in all den Jahren auf ihre Kosten unter den Nagel gerissen haben.

Wasser predigen, Wein trinken: Das scheint im linken Lager die Devise zu sein. Die «Reichen» verunglimpfen und gleichzeitig bei den «Armen» gnadenlos zulangen. So gesehen können sich die Jungsozialisten bei den Asozialisten – pardon: Altsozialisten – noch ein paar Tricks abschauen. Sozialismus predigen, Kapitalismus leben – am liebsten in Saus und Braus.

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